Kinder- und Jugendarbeit

Landesjugendring: Sachsen-Anhalt verabschiedet sich von der Kinder- und Jugendarbeit vor Ort

Der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. (KJR LSA) kritisiert die Pläne der Landesregierung die Landesmittel für das Fachkräfteprogramm ab 2011 drastisch zu reduzieren. Im Moment sichert das Fachkräfteprogramm eine kontinuierliche und qualifizierte Jugendsozialarbeit, Kinder- und Jugendarbeit und des Kinder- und Jugendschutzes in den Kommunen vor Ort ab.

30.10.2009

Neben der Reduzierung der Landesmittel, soll zudem die Anteilsfinanzierungspflicht der Kommunen von 30 auf 50 Prozent erhöht werden. Summa summarum stehen trotz der Mehrbelastung der Kommunen immer noch mind. 1 Million Euro weniger für die Kinder- und Jugendarbeit vor Ort zur Verfügung. „Umgerechnet bedeutet das,“ so Rolf Hanselmann, Vorsitzender des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. „dass mindestens 25 vollzeitbeschäftigte Fachkräfte dann nicht mehr finanziert werden können und somit auch nicht mehr als kompetente Ansprechpartner den Kindern und Jugendlichen vor Ort zur Verfügung stehen.“ Für 2013 ist zudem eine weitere Halbierung der Landesmittel vorgesehen, statt 4,55 Millionen Euro ständen dann insgesamt nur noch 1,75 Millionen Euro für die Kinder und Jugendlichen zur Verfügung.

Mit der Reduzierung des Fachkräfteprogramms verabschiedet sich die Landesregierung in ihrem Haushaltsentwurf somit bewusst, mit allen damit verbundenen Konsequenzen, von der Kinder- und Jugendarbeit vor Ort im Flächenland Sachsen-Anhalt.

Um auf die Auswirkungen der Situation vor Ort aufmerksam zu machen, lud der Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt am Freitag Abgeordnete des Landtages zum Gespräch in die KJFE Knast in Magdeburg ein. Als Gesprächspartner standen drei Leiter von Jugendfreizeiteinrichtung bereit, die die Situation aus der vor Ort Sicht präzise schilderten. Sie warnten eindringlich vor den Folgen der durch den Haushaltsentwurf dargelegten Reduzierung des Fachkräfteprogramms. „Von zwei Stellen für Fachkräfte würde in der Konsequenz eine Stelle wegfallen. Damit besteht keine Möglichkeit mehr, mobile Jugendarbeit als auch Streetwork anzubieten,“ so Peter Tennert vom Jugendclub Barleben zu den Auswirkungen auf seine Einrichtung. Und Karl Michael Schmidt von der KJFE Knast ergänzt „Damit geht die Beziehungsarbeit, die Fachkräfte als Kontaktperson für Jugendliche leisten, verloren und ist an keiner Stelle aufzufangen. Folglich sind Angebote nicht mehr im derzeitigen Umfang vorzuhalten, die Arbeit der Fachkräfte verliert an Qualität, Knowhow geht verloren und auf der Strecke bleiben unsere Kinder und Jugendlichen.“

Insbesondere im sozialen Bereich bringen sich viele Fachkräfte in besonderem Maße z.B. durch Überstunden, kontinuierliche Fortbildungen, Wochenend- und Abendarbeit und/oder zusätzliches ehrenamtliches Engagement in ihre Arbeit ein. Diesem Engagement stehen immer geringer werdende Budgets und stetig steigende Arbeitsbelastungen gegenüber. Eine Reduzierung des Fachkräfteprogramms und die damit verbundene Reduzierung der Fachkräfte im Land ist von den verbleibenden Fachkräften in keinem Fall mehr aufzufangen. „Reduziert sich die Zahl der Fachkräfte, können definitiv zahlreiche Angebote für die Kinder- und Jugendarbeit nicht mehr vorgehalten werden. Das Land soll sich gründlich überlegen, was ihm die eigenen Kinder und Jugendlichen wert sind,“ so Nicole Stelzer, Geschäftsführerin des KJR LSA. „Kinder und Jugendliche brauchen Erfahrungsräume und Bezugspersonen. Diese sind nur durch verlässliche Strukturen der Kinder- und Jugendhilfe vor Ort vorstellbar. Fallen diese weg, und Sachsen-Anhalt ist ein Flächenland, eröffnet dies Nischen für Gruppen, mit Angeboten, die die Ungleichheit der Menschen und die Abschaffung der Demokratie in den Vordergrund stellen,“ Nicole Stelzer weiter. Denn das Bedürfnis der Kinder und Jugendlichen nach Räumen und Angeboten bleibt unverändert bestehen, auch wenn Maßnahmen und Angebote der Kinder- und Jugendhilfe reduziert werden.

Die anwesenden Fachkräfte der Jugendarbeit so wie auch der KJR LSA selbst sprachen sich in aller Deutlichkeit für den Erhalt des Fachkräfteprogramms im Land Sachsen-Anhalt mit dem bisherigen Umfang der Finanzierung aus. Denn nur dessen Beibehaltung ermöglicht eine kontinuierliche und qualifizierte Kinder- und Jugendarbeit vor Ort!

Insbesondere in strukturschwachen Regionen ist die Rolle von Kinder- und Jugendarbeit, Jugendsozialarbeit und dem erzieherischen Kinder- und Jugendschutz von besonderer Wichtigkeit. Dort wo Kinder und Jugendliche mit der Arbeits- und Perspektivlosigkeit konfrontiert sind, fällt es schwer, eigene Lebenswege, Eigenmotivation und Zukunftsvorstellungen zu entwickeln. Gerade hier kann und muss Kinder- und Jugendhilfe ansetzen. Insbesondere strukturschwache Regionen werden jedoch nach Einschätzung des Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V. nicht in der Lage sein, die zusätzlichen Kosten zum Erhalt des Fachkräfteprogramms in der jetzigen Höhe aufzubringen.

Quelle: Kinder- und Jugendring Sachsen-Anhalt e.V.

 

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