Kinder- und Jugendarbeit
KJRS: Skandalöse Kürzungen auf dem Rücken der Wehrlosen!
Die Zahlen liegen endlich auf dem Tisch: das Sozialministerium gibt mit 5,5 Mio € knapp 40% seiner vom Finanzminister geforderten Kürzungen in Höhe von 14,4 Mio Euro an Sachsens Kinder und Jugendliche weiter. Sowohl die Landesebene als auch die Kommunen trifft es hart.
11.02.2010
Die Jugendpauschale wird um knapp 30 % gekürzt. Jeder junge Mensch unter 27 Jahren ist dem Freistaat nun nur noch 10,40 € statt vorher 14,30 € Zuschuss im Jahr wert. Besonders dramatisch dabei ist, dass dieser Zuschuss in gleicher Höhe von den Gebietskörperschaften kofinanziert wird, d.h. dass jeder „gesparte“ Euro vom Land einen Euro weniger von der Kommune nach sich ziehen kann.
Weitere Sparposten sind mit der überörtlichen Ebene sowie der Förderung der Freiwilligendienste gefunden. Auch hier werden insgesamt 1,13 Mio ‚Ǩ gekürzt, ca. 20 % des bisherigen Fördervolumens. Nach Aussagen des Ministeriums werden insgesamt mehr als 600 Stellen des FSJ oder FÄJ im Freistaat gestrichen.
Arbeitsplätze gehen verloren - Kinder und Jugendliche werden allein gelassen!
Nun ist auch klar, dass die Kürzungen nicht mehr nur durch Enthaltsamkeit im Bürobedarf oder durch die Zahlung von Gehältern jenseits von Gut und Böse zu kompensieren sind. Vereine und deren Angestellte blicken in eine düstere Zukunft, wenn sie denn überhaupt eine haben. Angebote an Kinder und Jugendliche werden sich aufgrund der ausbleibenden Förderung verteuern müssen, ein Schritt, den nicht alle jungen Menschen oder deren Eltern mitgehen können. Bildungsveranstaltungen für ehrenamtlich Engagierte werden entfallen und die Qualität der pädagogischen Betreuung gefährden. Weitere freie Träger werden sich aus den ländlichen Gebieten zurückziehen müssen, weil ihre Angebote ohne Förderung nicht mehr haltbar sind.
Kinder und Jugendliche, aber auch pädagogischen Fachkräfte sind die Adressaten der neuesten Kürzungen. Sie sollen nun einstehen für das Unvermögen von Banken und Unternehmen, aber auch das Kneifen von Politik, die sich keinen anderen Rat weiß, als dort zu kürzen, wo es, vermeintlich, am wenigsten zu spüren ist. „Dabei sind es gerade Kinder und Jugendliche, die eine der wenigen moralischen Rechtfertigungen für neue Schulden sein sollte“, so André Schnabel, Vorsitzender des Kinder- und Jugendrings Sachsen e.V. (KJRS). „In junge Menschen muss man eben zunächst investieren, um nach einer gelungenen Ausbildung und dem Erwerb sozialer Kompetenzen mit selbstbestimmt, verantwortungsvoll und demokratisch handelnden Persönlichkeiten einen gesellschaftlichen, und ganz nebenbei vielleicht auch einen wirtschaftlichen Ertrag zu erzielen.“
Die Trägerlandschaft bröckelt - die Vielfalt ist dahin!
In den letzten zwanzig Jahren hat sich in Sachsen auf allen föderalen Ebenen eine nachhaltige, qualitativ hochwertige und wirkungsvolle Jugendhilfelandschaft entwickelt. Mit einem Handstreich könnte sie jetzt zusammenbrechen. Viele Träger werden die verordnete Diät nicht überleben. Sollten sie die nächsten Monate überstehen, droht ihnen mit dem kommenden Haushalt und den bereits avisierten weiteren Steuerausfällen neues Ungemach.
„Freiheit, Verantwortung, Solidarität“ so der Titel des gültigen Koalitionsvertrags. Gilt dies auch für die Jugend dieses Landes? Haben mit einer immer weiter schrumpfenden Trägervielfalt Kinder und Jugendliche noch die Freiheit, eine Auswahl zwischen Jugendverbänden und -vereinen oder verschiedenen Angeboten zu treffen, die ihren Bedürfnissen und Interessen entspricht, ohne dass sie dafür durch das halbe Land reisen müssen? Ist es verantwortbar, Kinder und Jugendliche in den Wind anderer „Anbieter“ zu stellen, die sich die jetzige Situation zu Nutze machen, um antidemokratisches oder rechtsextremes Gedankengut zu verbreiten und damit die wahren Gewinner der Sparpolitik im Freistaat Sachsen sind?
Es ist an der Zeit, Kinder und Jugendliche als Lobbyisten unserer Gesellschaft zu begreifen, ernstzunehmen und sich mit ihnen solidarisch zu zeigen. Straßen halten 10 Jahre, Menschen mit ihren Einstellungen, Werten und ihrem Engagement ein ganzes Leben lang.
Herausgeber: Kinder- und Jugendring Sachsen e.V.
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