Kinder- und Jugendarbeit

Internationalisierung der Kinder- und Jugendhilfe: Träger im Aufbruch

Ein erstes Resümee der Fachkräfte-Werkstatt "Von der Vision zur Tat: Entwicklung eines Konzepts zur Internationalisierung von Trägern der Kinder- und Jugendhilfe" zeigt: die Wege zur Internationalisierung einer Einrichtung sind vielschichtig und es braucht Begleitstrukturen.

25.06.2015

Vom 15. - 17. Juni 2015 trafen sich 17 Trägervertreter/-innen aus unterschiedlichen Bereichen der Kinder- und Jugendhilfe in Hannover, die bislang noch keine oder wenig Expertise in internationaler Jugendarbeit haben. Sie alle einte der Wunsch, ein Konzept zur Internationalisierung der eigenen Einrichtung auf den Weg zu bringen.

Das Format der Werkstatt sei ein Experiment, so betonte Kerstin Giebel, Koordinatorin für die Weiterentwicklung der Internationalen Jugendarbeit bei IJAB e.V. in ihrer Einführung. Im Unterschied zu Beratungs- und Qualifizierungsangeboten, die IJAB üblicherweise unterbreitet, hatten die hier anwesenden Fachkräfte erstmals die Chance, in einem Setting zu arbeiten, was sowohl trägerübergreifende als auch –spezifische Elemente der Beratung beinhaltete. Vom ICH zum WIR – so lautete das Motto der Werkstatt und es zog sich wie ein roter Faden über sämtliche Phasen der Werkstatt.  

Eine der größten Herausforderungen bestand darin, vom ersten Werkstatt-Tag an eine Atmosphäre innerhalb der Gruppe zu schaffen, die – neben dem formalen Sich-Kennenlernen – eine sehr kritische und vertrauensvolle Ist-Stand-Analyse zuließ:

  • Wo stehe/n ich/wir mit meinem Träger im Kontext des Zielvorhabens "Internationalisierung"?
  • Was meine/n ich/wir mit "Internationalisierung"?
  • Wieviel Durchsetzungsvermögen habe ich (als haupt-oder ehrenamtlich tätige Person, als Leitung oder Mitarbeitender, als neuer Kollege oder "Alter Hase" in meiner Einrichtung?
  • Wieviel Erfahrung habe/n ich/wir bereits mit Internationaler Jugendarbeit?
  • Wo bettet sich unser Arbeitsfeld im Kontext des KJHG ein?

"Es gibt keinen Masterplan"

Dies wurde wesentlich begünstigt durch einen Impuls-Vortrag von Karl Luster-Haggeney, dem Leiter des Jugendzentrums "Casino" in Hamm. Er legte die Entwicklung seiner Einrichtung sehr anschaulich dar, zeigte Gelingensbedingungen als auch Hemmnisse auf  und machte den Anwesenden Mut, sich auf den Weg zu machen. "Es gibt keinen Masterplan an sich", so appellierte er an die Gruppe, aber es gäbe einige zentrale Aspekte, um die man/frau nicht drum herum komme. Dazu gehört ein motiviertes Team, die Bereitschaft, ein gemeinsames Ziel zu verfolgen, die Bereitstellung von Ressourcen und die Unterstützung auf kommunaler (oder entsprechend weiter gefasster (Arbeits-) Ebene.

Mit einem Netz, welches zwischen den Teilnehmenden kreuz und quer gesponnen wurde, forderte die Leiterin der Werkstatt alle Anwesenden auf, ihre Assoziationen zu dem Stichwort "Internationalisierung" preiszugeben. Aus den Antworten wurde deutlich, wie vielschichtig die Thematik ist und dass im Kopf jeder einzelnen Fachkraft  sehr unterschiedliche Ideen mit der Zielstellung "Internationalisierung der Einrichtung" bewegt werden.

Individuelles Coaching

Nun konnte die Phase des Matchings zwischen Teilnehmenden und Coaches eingeleitet werden. Die Teilnehmenden hatten Gelegenheit, auf alle Coaches zuzugehen und im bilateralen Gespräch gezielt Fragen zu stellen, um schließlich ihren favorisierten Coach selbst auszuwählen. Damit war der Boden bereitet für das Herzstück der Werkstatt: das individuelle Coaching. In einem 1:2 Setting (1 Coach für 2 Trägervertreter/-innen) arbeiteten die Teilnehmenden in parallel stattfindenden Sitzungen sehr konzentriert und am konkreten Vorhaben des Trägers entlang. Sechs Coaches, die im Kontext von Personal- und Organisationsentwicklung über eine breite Expertise verfügen, standen den Werkstatt-Teilnehmenden zur Verfügung.

Die Coaching-Phase wurde für eine Einheit unter dem Motto "Sie fragen – Expert(inn)en antworten!" unterbrochen: Coaches inkl. Leitungspersonal standen den Teilnehmenden der Werkstatt zu ausgewählten Fragen im Kontext von Personal- und Organisationsentwicklung Rede und Antwort.

Unterschiedliche Methoden zur Erarbeitung eines Konzepts zur Internationalisierung

Am Ende des zweiten Tages gewährten sämtliche Coaching-Gruppen mit einem kurzen Redebeitrag Einblick in den jeweiligen Arbeitsstand. Dabei wurde deutlich, wie die Coaching-Gruppen – trotz des strukturierten Leitfadens – methodisch unterschiedlich an die Erarbeitung eines Konzepts zur Internationalisierung herangegangen waren: ob über die motivationale Ebene des Mitarbeitenden oder über die SWOT-Analyse oder über den systemorientierten Ansatz zur Organisationsentwicklung - Sieben Dimensionen einer Organisation – o.a. 

Am dritten Tag der Werkstatt hatten die Teilnehmenden die Aufgabe, nun mehr für sich allein die ersten Meilensteine auf einem dafür entwickelten Formular digital oder in Printversion schriftlich zu fixieren. Die Coaches standen im Hintergrund für evtl. Fragen zur Verfügung. Über diese Methode verinnerlichte jede Fachkraft noch einmal den vorangegangenen dialogischen Prozess zwischen Coach und Fachkraft aber auch die Komplexität des Themas. Schließlich sollten die Trägervertreter/-innen erste, realistische Teilziele definieren, die sie nach Rückkehr in die eigene Einrichtung gezielt angehen würden, als auch Termine bzw. Fristen setzen und geeignete Unterstützer/innen (intern wie extern) benennen.

Im Anschluss daran präsentierte jede Fachkraft im Plenum die wichtigsten Meilensteine und gab Einblick in mögliche Bedenken. Die jeweiligen Coaches nutzten die Gelegenheit, dazu ein kurzes wertschätzendes Feedback abzugeben, den Vortragenden Mut zu zusprechen, sowie zusätzliche Tipps und Tricks auszusprechen, die hilfreich für alle Anwesenden sein könnten.

Begleitung im Nachgang

Die Werkstatt mündete in eine letzte "Vom ICH-zum WIR"-Phase: ein Mind-Mapping zu weiteren möglichen, unterstützenden Angeboten für die Erarbeitung und Umsetzung des trägerspezifischen Konzepts. Dabei wurde vor allem deutlich: damit die hier initiierten Impulse und vollzogenen ersten Schritte nicht verebben, dürfen die Teilnehmenden im Folgeprozess nicht allein gelassen werden. Es braucht weitere, darauf aufbauende Begleitstrukturen für die Beteiligten und auch weitere Interessenten, die nicht an der Werkstatt teilnehmen konnten: ob in Form von Einzel- oder Gruppen-Coachings, Veranstaltungen im Sinne der kollegialen Beratung und der Qualifizierung und Information zu spezifischen Themen. Mit einem Rucksack an Ideen und konkret anzugehenden Teilaufgaben fuhren die Teilnehmer nach Hause und suchen nun Verbündete für ihr Vorhaben.
 
Autorin: Kerstin Giebel / IJAB e.V.

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