Kinder- und Jugendarbeit
Hinschauen – am besten vorher
Jungen als Opfer sexueller Gewalt? Lange Zeit haben nur wenige wahrgenommen, dass relativ viele Jungen pädosexuellen Übergriffen ausgesetzt sind – sowohl in Institutionen als auch im öffentlichen Raum. Die aufgedeckten Missbrauchsskandale in Kirchen und anderen Einrichtungen haben den Blick für das Ausmaß und die Tragweite des Problems mittlerweile geschärft.
07.01.2011
Quelle: sxc/AKphotos
Dennoch fehlt den Fachkräften der Jugendarbeit mitunter noch das Hintergrundwissen, um für Jungen wirksame Präventionsarbeit zu leisten. Hier setzt ein neuartiges Projekt des Hamburger Jugendhilfeträgers basis & woge e.V. an: Mit „basis-praevent“ soll die Präventionsarbeit für Jungen ausgebaut werden, um sie besser vor sexuellen Übergriffen zu schützen.
Unterschiedliche Untersuchungen gehen davon aus, dass fünf bis zehn Prozent der Jungen bis zum Alter von 16 Jahren mindestens einmal Erfahrung mit sexueller Gewalt gemacht haben. Jungen werden aber in der Öffentlichkeit und selbst in der Fachwelt kaum als Opfer wahrgenommen. Außerdem bewirken die auch heute noch existierenden Rollenvorstellungen ein unterschiedliches Verarbeiten der erlebten sexuellen Gewalt bei Jungen und Mädchen und machen es Jungen manchmal schwer, sich adäquate Hilfe zu holen. Deshalb müssen nach Ansicht von Experten auch für diese Zielgruppe spezielle Angebote der Hilfe und der Prävention geschaffen werden. Das Hamburger Präventionsprojekt von basis & woge e.V. könnte hier eine bundesweite Vorbildfunktion bekommen.
„Die aktuelle Debatte hat den Blick auf Missbrauch an Jungen geschärft – nun liegt es an allen, wirksame Taten folgen zu lassen. Unser Projekt basis-praevent hilft hierbei“, erklärt Clemens Fobian, einer der beiden Projektverantwortlichen beim Träger basis &woge e.V..
Das Konzept von basis-praevent sieht vor, pädagogische Fachkräfte so zu schulen, dass sie Jungen besser vor sexuellen Übergriffen schützen können. Die Schulungen und Beratungen im Rahmen von basis-praevent sollen Problembewusstsein, Wissen und Handlungskompetenz in Sachen sexueller Gewalt und deren Prävention vermitteln und stärken. Täter sollen keinen Raum für Übergriffe finden – weder in Jugendgruppen, in Schwimmbädern, in Schulen noch an anderen Orten. Gelingen soll das, indem Institutionen, Verbänden und Vereinen Hilfestellung gegeben wird, damit sie jeweils auf ihre Einrichtungen zugeschnittene wirksame Präventions- und Interventionskonzepte entwickeln können.
Projektleiter Rainer Ulfers: „Durch meine Arbeit im Kids und dem BASIS-Projekt, einer Anlaufstelle für männliche Prostituierte, wurde ich immer wieder mit pädosexuellen Übergriffen konfrontiert. Hiergegen wollte ich präventiv aktiv werden.“
„Prävention ist der beste Opferschutz“, sagt auch Hamburgs Sozialstaatsrätin Dr. Angelika Kempfert, die jahrelang als Therapeutin mit Opfern sexueller Gewalt gearbeitet hat. „Deshalb unterstützt meine Behörde basis-praevent. Für mich ist dabei besonders wichtig, dass das Konzept speziell auf Jungen ausgerichtet ist. Angebote für sie gibt es zu wenige – obwohl immerhin jedes vierte Opfer sexueller Gewalt ein Junge ist.“
Die Hamburger Sozialbehörde unterstützt das Projekt zwei Jahre lang mit je 11.000 Euro. Außerdem hat die Bürgerschaftsfraktion der GAL Tronc-Mittel (aus den Abgaben für Glücksspiel) in Höhe von 20.000 Euro für das Projekt eingeworben. Die Förderung durch Sozialbehörde und Bürgerschaft war Voraussetzung dafür, dass das Projekt in die Förderung der Stiftung Deutsche Jugendmarke aufgenommen werden konnte. Im Sommer 2010 hat die Stiftung das Konzept als förderungswürdig genehmigt – ihre Förderung ist grundsätzlich auf zwei Jahre begrenzt.
Durch die Förderung ist gewährleistet, dass alle Angebote im Rahmen von basis-praevent kostenlos angeboten werden können.
Der Träger basis & woge e.V. verfügt über langjährige Erfahrungen in der pädagogischen Arbeit mit jungen Menschen in Krisensituationen (KIDS / BASIS-Projekt) und hat ein breites Angebot der Jugend- und Familienhilfe (ambulante Hilfen und Wohngruppen).
Das Team von basis-praevent besteht aus: Clemens Fobian und Rainer Ulfers. Die beiden Sozialpädagogen bringen sowohl fachliche Qualifikation als auch langjährige pädagogische Erfahrung mit. Grundlagen ihrer Arbeit bilden die geschlechtsbezogene Pädagogik und besonders die Ansätze geschlechtsspezifischer Jungenarbeit.
Mehr Informationen gibt es auch im Internet unter: www.basisundwoge.de
Quelle: Behörde für Soziales, Familie, Gesundheit und Verbraucherschutz der Freien und Hansestadt Hamburg
ik
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