Kinder- und Jugendarbeit

Es gibt nichts Gutes, außer man tut es – Qualifizierungsprogramm „Learning by doing“

Das Qualifizierungsprogramm „Learning by doing“ von IJAB bildet seit Februar 2020 Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe für Internationale Jugendarbeit aus. Über zwei Jahre werden Einsteiger/-innen in Theorie und Praxis bis zum eigenen Austauschprojekt begleitet. Damit möglichst viele jungen Menschen die Gelegenheit haben, von einer internationalen Maßnahme zu profitieren, ist eine Vergrößerung des Angebots in den Kommunen erforderlich.

19.08.2020

Eigentlich klingt zunächst alles ganz einfach: Junge Menschen aus unterschiedlichen Nationen kommen zusammen, lernen sich kennen und bauen so Vorurteile ab und Kompetenzen auf. Dass es dann doch mehr braucht, als nur ein Bahn- oder Flugticket, damit Internationale Jugendarbeit erfolgreich ist, weiß jede Fachkraft, die schon einmal eine Maßnahme Internationaler Jugendarbeit auf die Beine gestellt und begleitet hat. Was vom Prinzip her einfach klingt, ist ein ausgefeiltes, mit vielfältigen Fach- und Förderstrukturen hinterlegtes Feld pädagogischer Praxis, welches von den Organisierenden Know-how, Ausdauer und auch eine Prise Leidenschaft verlangt. Was für Erfahrene selbstverständlich ist, kann eine/-n „Anfänger/-in“ vor große Herausforderungen stellen und im schlimmsten Falle eine gute Idee schon im Keim ersticken. Hier kommt das Qualifizierungsprogramm „Learning by doing“ ins Spiel.

Mehr Internationale Jugendarbeit auf lokaler Ebene

Aus der Perspektive des Arbeitsfeldes der Internationalen Jugendarbeit ist es wünschenswert, dass möglichst alle jungen Menschen die Gelegenheit haben, von einer Maßnahme Internationaler Jugendarbeit zu profitieren. Gerade in Städten, Gemeinden und Landkreisen ist dafür jedoch zunächst eine Vergrößerung des Angebotes erforderlich.

Dass es in Kommunen bislang vergleichsweise wenige Angebote Internationaler Jugendarbeit gibt, hat vielschichtige Gründe. Eine Ursache ist, dass Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe in Kommunen zu wenig über die Internationale Jugendarbeit als Praxis, mit ihren unterschiedlichen Formaten, Potenzialen und Förderstrukturen wissen. Ein weiterer Grund für das Ausbleiben von Angeboten kann sein, dass Kommunen Internationaler Jugendarbeit zwar grundsätzlich offen gegenüberstehen, die Fachkräfte sich jedoch gegebenenfalls unsicher fühlen, da ihnen entsprechende Erfahrungen fehlen. Darüber hinaus erfordert die anspruchsvolle Beantragung von Fördergeldern häufig den Einsatz von Eigenmitteln, die nicht immer zur Verfügung stehen.

An diesen drei ausgewählten Ursachen setzt das Qualifizierungsprogramm „Learning by doing“ an. Das zweijährige Projekt richtet sich an Fachkräfte der kommunalen Ebene, die noch keine oder nur wenig Erfahrung mit der Internationalen Jugendarbeit haben. Ziel ist es, die Internationale Jugendarbeit vor Ort zu stärken und die Zahl der Angebote zu erhöhen.

Mit Theorie, Praxis und Begleitung ans Ziel

Um das zu erreichen, werden 22 Fachkräfte aus zehn Bundesländern mit einem Gesamtumfang von elf Tagen qualifiziert. Dazu braucht es zunächst die Vermittlung von theoretischen Grundlagen:

  • Welche Formate Internationaler Jugendarbeit gibt es, worin unterscheiden sie sich und welches Format passt zu meiner Zielgruppe, zu mir, zu meinen Partnern im Ausland?
  • Welche Fördermittelgeber kommen in Frage und welche Methoden eigenen sich für die Internationale Jugendarbeit?

Das Besondere bei „Learning by doing“ ist eben die Verknüpfung dieser Theorie mit persönlicher Erfahrung und konkreter eigener Anwendung aus einem Guss. Während eines fünftägigen „Competence Building Seminar“ in Griechenland werden die theoretischen Inhalte mit Praxiselementen in Jugendeinrichtungen verbunden. Auf diese Weise werden nicht nur Wissen und Methoden vermittelt, sondern auch eine persönliche interkulturelle Lernerfahrung ermöglicht. Dadurch können die Teilnehmenden das erworbene Wissen direkt in einen Praxisbezug setzen und im Anschluss an einem eigenen Projekt anwenden.

Dabei bietet das Qualifizierungsprogramm zudem einen weiteren Vorteil für die Teilnehmenden: Die Durchführung einer eigenen Maßnahme Internationaler Jugendarbeit wird mit einer Pauschale von 1.000 € bezuschusst. Diese Teilförderung soll ein erster finanzieller Anschub sein und den Neulingen den Einstieg erleichtern. Bei der konkreten Planung und den Vorbereitungen für die Maßnahme werden die Teilnehmenden individuell von IJAB begleitet.

Im Tandem Richtung Nachhaltigkeit

Die Frage nach einer nachhaltigen Stärkung Internationaler Jugendarbeit spielte bei der Konzeption des Qualifizierungsprogramms eine wichtige Rolle. Im Idealfall wirkt das Projekt über seine Laufzeit hinaus und legt den Grundstein für viele zukünftige Maßnahmen Internationaler Jugendarbeit in den teilnehmenden Kommunen sowie für deren langfristige Verankerung – beispielweise durch die Inanspruchnahme von weiterführenden Angeboten im Rahmen der Initiative „Kommune goes International“.

Um den Rückhalt in der Kommune zu sichern, richtet sich das Qualifizierungsprogramm insbesondere an öffentliche Träger. Erfahrungen aus der Initiative „Kommune goes International” haben gezeigt, dass die Rolle einzelner Fachkräfte entscheidend dafür sein kann, ob Internationale Jugendarbeit auf der lokalen Ebene Fuß fasst und auch fortbesteht. Vorhaben, die auf mehrere Schultern verteilt sind, bieten mehr Möglichkeiten, Aufgaben zu verteilen und Herausforderungen gemeinsam zu stemmen.

Vor diesem Hintergrund gab es für haupt- und ehrenamtliche Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe interessierter Kommunen die Möglichkeit, sich im Tandem auf die Teilnahme am Qualifizierungsprogramm zu bewerben. Mindestens eine der Fachkräfte sollte dabei hauptamtlich bei einem öffentlichen Träger der Kinder- und Jungendhilfe tätig sein. Bei der Auswahl der Teilnehmenden war eine Kombination aus Teilnehmenden von je einem öffentlichen und einem freien Träger besonders erwünscht. Auf diese Weise soll die erfolgreiche Planung und Durchführung der eigenen Maßnahme Internationaler Jugendarbeit im Rahmen des Qualifizierungsprogramms sichergestellt werden. Es erhöht aber auch die Möglichkeiten, das Erlernte in die eigenen Strukturen weiterzutragen und einen breiteren Bekanntheitsgrad der Wirkungen und Potenziale Internationaler Jugendarbeit zu erreichen. Das Konzept wurde angenommen, 16 Personen nehmen in acht Tandems teil. Selbstverständlich ist aber auch für die sechs individuellen Fachkräfte die Teilnahme am Programm ohne Nachteile möglich.

Um zu überprüfen, inwiefern die angestrebten Veränderungen bei den Teilnehmenden und in den Kommunen erreicht werden und ob sich der Ansatz für eine Verbreiterung eignet, soll ein besonderes Augenmerk auf die Auswertung des Programms gelegt werden.

Weitere Informationen

Das Qualifizierungsprogramm „Learning by doing” wird mit Mitteln der Robert-Bosch-Stiftung gefördert. Durchgeführt wird das Projekt von IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V., gefördert vom Bundesministerium für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.

Aufgrund der Corona-Pandemie wurde die Reihenfolge der Veranstaltungen im Rahmen von „Learning by doing“ angepasst. Nach der Auftaktveranstaltung Anfang des Jahres fand im Juni 2020 ein Online-Meeting zu Möglichkeiten digitaler Internationaler Jugendarbeit statt. Ein Follow-up-Seminar mit Schulungsinhalten ist für November in Deutschland vorgesehen, das „Competence Building Seminar“ in Griechenland soll Anfang 2021 nachgeholt werden.

Dieser Beitrag ist erschienen im IJAB journal 1/2020 mit dem Themenschwerpunkt „Fachkräftequalifizierung“. Weitere Informationen finden sich außerdem unter: www.ijab.de/themen/internationalisierung-der-jugendhilfe

Quelle: IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V., Andrea Bruns und Elena Neu

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