Kinder- und Jugendarbeit

9. Deutsch-tschechisches Jugendtreffen: "Was trennt uns?" – "Nichts!"

Anlässlich des 20-jährigen Jubiläums des ersten deutsch-tschechischen Jugendtreffens, das 1996 in Polička stattfand und auf dem die Gründung der Koordinierungszentren Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch – Tandem beschlossen wurde, fand das 9. deutsch-tschechische Jugendtreffen erneut in Polička statt. Junge Menschen aus Deutschland und Tschechien blickten zurück und nach vorne.

10.10.2016

Wie damals wurde die Veranstaltung von den beiden größten Dachverbänden der Jugendarbeit in Deutschland und Tschechien organisiert; heute sind das der Deutsche Bundesjugendring (DBJR) und der Tschechische Rat für Kinder und Jugendliche (Česká rada dětí a mládeže – ČRDM). Gefördert und unterstützt wurde die Veranstaltung von den beiden Koordinierungszentren Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch – Tandem in Regensburg und Pilsen, dem Deutsch-Tschechischen Zukunftsfonds und der Stadt Polička.

Eröffnet wurde die Veranstaltung am Freitag, 23. September 2016, mit Grußreden des Bürgermeisters von Polička, Jaroslav Martinů, dem ehemaligen Bürgermeister von Polička, Jakub Skalník, dem stellvertretenden Vorsitzenden des ČRDM, Ondřej Šejtka, und der Vorsitzenden des DBJR, Lisi Maier. Jakub Skalník, heute Botschafter der Tschechischen Republik in Bosnien und Herzegowina, erklärte die Bedeutung des Treffens: Damals wie heute leistet das deutsch-tschechische Jugendtreffen einen Beitrag für ein demokratisches Europa.

Gemeinsamkeiten und Unterschiede von damals und heute

In zwei Podiumsgesprächen wurden die gesellschaftlichen Gemeinsamkeiten und Unterschiede von damals und heute in den Blick genommen und die internationale, insbesondere die deutsch-tschechische Jugendarbeit im Kontext politischer Veränderungen diskutiert. Jochen Rummenhöller vom DBJR, der auch schon 1996 als Organisator mit dabei war, und Jakub Skalník teilten als Zeitzeugen mit den Teilnehmenden von heute ihre Erinnerungen an das damalige Treffen. Auch die Moderatorin des Abends, die tschechische Journalistin Bára Procházková, war vor 20 Jahren dabei – ihre damalige Teilnahme an einem Journalismus-Workshop habe sie für ihre spätere Berufswahl motiviert. Auf dem 9. deutsch-tschechischen Jugendtreffen leitete nun sie ihren eigenen Journalismus-Workshop. Ob dort bereits die Moderatorin des nächsten Jubiläumsjugendtreffens inspiriert wurde, wird sich zeigen. Bára Procházková rief den Teilnehmenden das Fazit des Jugendtreffens von 1996 in Erinnerung: Immer wieder von Journalisten gefragt, was die Jugendlichen aus Deutschland und Tschechien trenne, lauteten die Antworten: „Nichts!“

Jindřich Fryč betonte die tragende Rolle, die dem Thema Jugend auf dem Weg zur Deutsch-Tschechischen Erklärung von 1997 zukam. Während die Annäherung auf höherer politischer Ebene ins Stocken kam, brachte das Jugendtreffen unter der Schirmherrschaft der beiden Präsidenten Roman Herzog und Vaclav Havel, die 1996 selbst am Treffen teilnahmen, neuen Schwung in den Prozess. Auch heute ist der Jugendaustausch eine tragende Säule für die freundschaftlichen Beziehungen beider Länder, waren sich alle Diskutant/-innen einig.

Besonders gewürdigt wurde die Arbeit der Koordinierungszentren Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch – Tandem, deren Gründung auf dem Jugendtreffen 1996 beschlossen worden war. Als Fach- und Förderstelle für den deutsch-tschechischen Jugendaustausch haben die beiden Büros in Regensburg und Pilsen seit ihrem Bestehen die Annäherung zwischen jungen Menschen aus den beiden Nachbarländern tatkräftig unterstützt und über die Jahre unzählige Begegnungen ermöglicht. Dass Tandem dabei auch immer wieder im deutsch-tschechischen Kontext relevante gesellschaftspolitische Themen wie die Kooperation von Neonazis aus Deutschland und Tschechien und Rassismus oder Drogensucht aufgriff und aufgreift, stellte Juliane Niklas als besonders positiv heraus.

Junge Menschen aus Deutschland und Tschechien tauschen sich aus

Der Samstag stand ganz im Zeichen des Austausches zwischen jungen Menschen aus Deutschland und Tschechien: In verschiedenen Workshops hatten sie nicht nur die Möglichkeit, sich kennenzulernen und auszutauschen, sondern konnten auch gemeinsame Themen intensiv diskutieren: Wie kann die gemeinsame transnationale Erinnerung an den Zweiten Weltkrieg aussehen? Wie lassen sich mit Sprachanimation Barrieren abbauen? Wie kann gesellschaftliches Engagement gegen Rassismus in beiden Ländern und grenzübergreifend gestaltet werden? Wie lassen sich Grenzen mit Theater überwinden? Welchen Beitrag kann die Jugendarbeit im Umgang mit Geflüchteten in beiden Ländern leisten? Welche deutsch-tschechischen Initiativen und Projekte von und für junge Menschen gibt es? Wie soll der deutsch-tschechische Jugendaustausch in Zukunft aussehen? Was kann Tandem weiterhin dazu beitragen?

Die Ergebnisse aus den Workshops präsentierten die Teilnehmenden am Sonntag. „Heute ist der Austausch zwischen den Jugendlichen aus Deutschland und Tschechien kaum noch von politischen Konflikten beeinflusst. Man kann sich wirklich auf die gemeinsame Diskussion konzentrieren,“ fasste einer der Teilnehmenden zusammen. Auch nach dem Trennendem fragte 2016 niemand mehr.

„Macht alles so, dass es Spaß macht!“

In zwei Abschlussrunden wurde Bilanz gezogen: Dr. Tomáš Kafka (Leiter der Mitteleuropa-Abteilung im tschechischen Außenministerium) und Miroslav Prokeš (DUHA) waren vor 20 Jahren dabei und konnten zusammen mit Jacob Venuß (Deutsch-Tschechischer Zukunftsfonds) den Faden der 20-jährigen Entwicklung aufnehmen. Durchaus optimistisch blickten sie in die Zukunft. Tomaš Kafka appellierte an die Jugendlichen in Bezug auf die deutsch-tschechische Zusammenarbeit: „Macht alles so, dass es Spaß macht!“

Dieses Motto wurde von den Vorsitzenden der beiden Jugendringe, Lisi Maier (DBJR) und Aleš Sedláček (ČRDM), gerne aufgegriffen. In ihrer Diskussion mit den beiden Tandem-Leitern, Jan Lontschar (Pilsen) und Thomas Rudner (Regensburg), hoben beide hervor, dass die deutsch-tschechische und internationale Zusammenarbeit der Jugendverbände heute Normalität sei. Lisi Maier betonte, dass die Jugendarbeit Signale senden müsse, dass keine neuen Grenzen aufgebaut werden. Gemeinsam zogen alle das Fazit, dass gute Beziehungen zwar gerade Normalität seien, aber weiterhin gepflegt werden müssten; junge Menschen aus beiden Ländern könnten angesichts der aktuellen Fragestellungen in der EU (Stichwort „Brexit“) ein Zeichen für Zusammenarbeit setzen.

Quelle: Koordinierungszentrum Deutsch-Tschechischer Jugendaustausch vom 29.09.2016

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