Hilfen zur Erziehung
Stellungnahme des Runden Tisches zur Vollzeitpflege für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Der Runde Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände benennt in seiner Stellungnahme Erfordernisse aus der Perspektive der Pflegefamilienverbände zum Thema Vollzeitpflege für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge. Begrüßt wird die Idee, Familien als Orte zur Sozialisation in eine fremde Kultur und Gesellschaft anzubieten.
10.03.2016
Der Runde Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände hält den Begriff Gastfamilie für sehr unbestimmt und fordert ein eindeutiges Bekenntnis, dies als eine Hilfe zur Erziehung nach § 33 zu installieren. Eine unmittelbare Ankoppelung an "ehrenamtliches Engagement in der Flüchtlingshilfe", mit dem damit verbundenen Gedanken der finanziellen Entlastung der Kommunen, halten wir für ein falsches Signal.
Jugendliche und Kinder haben einen Anspruch auf Förderung ihrer Entwicklung und auf Erziehung (vgl. § 1 SGB VIII). Dieses Recht gilt auch für ausländische Kinder und ausländische Jugendliche, die unbegleitet nach Deutschland kommen (vgl. § 42 Absatz 1 Nr. 3). Sie brauchen für ihre rechtliche Vertretung einen Vormund. Dieser ist dafür verantwortlich, dass der Wille des jungen Menschen im Unterbringungsprozess beachtet wird.
Familien, die einem jungen Menschen aus einer anderen Kultur nach der Flucht in ihrer Familie einen neuen Lebensort bieten, brauchen professionelle Vorbereitung, Unterstützung und Begleitung.
Vorbereitung von Familien für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge
Familien, die sich für so eine verantwortungsvolle Aufgabe zur Verfügung stellen, haben das Recht auf eine solide Vorbereitung, wie sie alle Pflegefamilien erhalten. Dabei sehen wir durchaus die zeitliche Problematik und befürworten eine begleitende Qualifizierung.
Flucht und Traumatisierung sollten ein zusätzliches Thema in der Vorbereitung und Qualifizierung von Gastfamilien sein. Weiterhin brauchen diese Familien eine erhöhte Sensibilität für kulturelle Unterschiede und die Fähigkeit sich auf diese einzulassen. Es gibt bedeutsame Unterschiede in den Normen und Werten von "Ich"- und "Wir" Gesellschaften. Dieses müssen Gastfamilien nicht nur wissen, sondern auch die Kompetenz haben, sich darauf einzulassen.
Asyl- und ausländerrechtliche Regelungen haben nicht nur Auswirkungen für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge, sie können auch ihre Auswirkungen auf die ganze Familie entfalten. Gastfamilien brauchen einen Überblick, was sie besonders beachten müssen.
Unterstützung und Begleitung von Gastfamilien
Die Unterstützung und Begleitung dieser Familien sollte sich quantitativ an den Pflegefamilien für besonders entwicklungsbeeinträchtigte Kinder orientieren. Zusätzlich zu den Themen, die auch andere Pflegefamilien haben, kommen kulturspezifische Themen, Sprach- und Übersetzungsthemen und nicht zuletzt noch rechtliche Themen dazu. Die Gasteltern brauchen Supervisionsangebote sowie die Möglichkeit, sich in Kleingruppen auszutauschen. Auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge benötigen – zusätzlich zu ihrem Lebensort in einer Familie – Gruppenangebote.
Für alle rechtlichen Fragen muss das Unterstützungsnetzwerk kompetente Ansprechpartner kennen und dahin weiterverweisen können. Auch für Schule, Ausbildung oder Therapie muss es kompetente Ansprechpartner geben.
Auch unbegleitete Minderjährige werden eines Tages volljährig. Da ein sehr großer Teil schon Jugendliche sind, kann dies sehr schnell gehen. Die Übergänge in andere Hilfeformen oder zu anderen Lebensorten müssen vom ersten Tag mitgedacht werden. Familie ist etwas anderes als eine Organisation. Zwingend ist, schon vorab Zeit und Raum für Rituale des Verabschiedens einzuplanen.
Lernen aus der Praxis für die Praxis
Die Unterbringung von unbegleiteten minderjährigen Flüchtlingen sollte dringend wissenschaftlich begleitet werden. Das professionelle Helfersystem, die Pflegekinderhilfe, kann aus diesem Projekt der Unterbringung junger Flüchtlinge in Gastfamilien viel lernen.
Hintergrundinformationen
Runder Tisch der Adoptiv- und PflegefamilienverbändeInitiiert vom PFAD Bundesverband treffen sich seit Juni 2012 Vertreterinnen und Vertreter der vier bundesweit agierenden Organisationen
- Agenda Pflegefamilien
- Bundesarbeitsgemeinschaft Kinder in Adoptiv- und Pflegefamilien e.V.
- Bundesverband behinderter Pflegekinder e.V. und
- PFAD Bundesverband der Pflege- und Adoptivfamilien e.V.
als Runder Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände. Dieses Gremium wird als gemeinsames Sprachrohr genutzt, um sich auf politischer und fachlicher Ebene mit der geballten Kraft der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände bundesweit für die Belange der Pflege- und Adoptivkinder und ihrer Familien einzusetzen.
<link http: www.pfad-bv.de dokumente external-link-new-window zur stellungsnahme als>Stellungnahme des Runden Tisches der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände vom 20.02.2016 (PDF, 170 KB)
Quelle: Runder Tisch der Adoptiv- und Pflegefamilienverbände
Termine zum Thema
Materialien zum Thema
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Broschüre
Kinder- und Jugendhilfe in der Krise Zur Frage der Rechtmäßigkeit pauschaler Standardabsenkung bei (vorläufiger) Inobhutnahme und Hilfegewährung für geflüchtete unbegleitete Minderjährige
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Broschüre
Mitsprechen, mitbestimmen, mitgestalten – Praxiswissen zu Beteiligung in der Heimerziehung (SOS kompakt, Ausgabe 8)
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Monographie / Buch
Frau Frühling hat 30 Kinder
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Anleitung / Arbeitshilfe
Handlungsleitlinien zur Umsetzung der durch das Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) eingeführten Änderungen in den §§ 38, 45 ff. SGB VIII im Arbeitsfeld der Betriebserlaubnis erteilenden Behörde
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Anleitung / Arbeitshilfe
Empfehlungen zur Weiterentwicklung von Strukturen, Verfahren und pädagogischen Prozessen in der Pflegekinderhilfe (Teil I und II)
Projekte zum Thema
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Diakonie Wuppertal – Soziale Teilhabe gGmbH
„Do it! - Transfer Bund“
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Inklusion jetzt! Entwicklung von Konzepten für die Praxis
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Bundesministerium für Bildung und Forschung
EMPOWERYOU - Kinder und Jugendliche in Fremdunterbringung stärken und (Re-)Viktimisierung verhindern
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Bundesfachverband unbegleitete minderjährige Flüchtlinge e.V.
„Jugendhilfe macht’s möglich?! Rechte junger Geflüchteter und ihrer Familien stärken“
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Arbeitsgemeinschaft Jugendfreizeitstätten Sachsen e.V.
connect
Institutionen zum Thema
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Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Wellenbrecher e.V.
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Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Jugendhilfezentrum Don Bosco Helenenberg
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Verband / Interessenvertretung
Pflege- und Adoptivfamilien-Unabhängiger Landesverband (PAUL) Niedersachsen e.V.
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Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
teamZUKUNFT gGmbH
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Träger der freien Kinder- und Jugendhilfe
Lebensarchitektur - Hilfen für Kinder, Jugendliche und Eltern