Hilfen zur Erziehung

Sozialministerin Ross-Luttmann spricht zum Thema "Schicksal frührerer Heimkinder"

In der Sitzung des Niedersächsischen Landtages am 24.09.2009 sprach Sozialministerin Mechthild Ross-Luttmann zum Thema "Schicksal frührerer Heimkinder".

25.09.2009

Mit dem erschütternden und traurigen Schicksal von früheren Heimkindern und ihren Anliegen hat sich der Landtag in zwei, sehr würdig geführten Beratungen befasst.

Ehemalige Heimkinder der 1950er und 60er Jahre haben nach vielen Jahrzehnten ihr Schweigen beendet und sich - auch gegenüber den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern des Sozialministeriums - geöffnet.

Mit ihren erschütternden Berichten verbinden die Betroffenen konkrete Erwartungen:

  • die Einsicht in noch vorhandene Akten,
  • um ihre ganz persönlichen Heimbiographien individuell aufarbeiten zu können,
  • die historische Aufarbeitung der Zeit und
  • therapeutische Unterstützung.

Diese Wünsche haben den Landtag bewogen, am 17. Juni 2009 gemeinsam die Entschließung "Verantwortung für das Schicksal früherer Heimkinder übernehmen" anzunehmen und Arbeitsaufträge an die Landesregierung zu formulieren.

Es geht hier um ein Schicksal, das betroffene Heimkinder bundesweit erfahren haben. Deshalb können nur Lösungen gefunden werden, bei denen alle Heimkinder gleich behandelt werden.

Und deshalb hat der Bundestag folgerichtig einen Runden Tisch eingesetzt, der Entschädigungs- und andere Fragen erörtern soll. Der Runde Tisch hat sich am 17.02.2009 konstituiert.

Die Wünsche der Heimkinder nach Akteneinsicht sowie Geschichtsaufbereitung sind dagegen an die Landesebene gerichtet. Und hier haben alle in Niedersachsen Verantwortung tragenden Institutionen, die Behörden und Gerichte sowie die Träger der früheren Heime, bereits vor der Landtagsentschließung die notwendigen Arbeiten aufgenommen.

Deshalb ist Niedersachsen im Verhältnis der Bundesländer bei der umfassenden Aktensicherung und Zeiterforschung bereits sehr weit fortgeschritten.

Dies vorausgeschickt, beantworte ich die Dringliche Anfrage namens der Landesregierung wie folgt:

Zu 1.:

Der Landtag hat mit seiner Entschließung die Leitung des Gesprächsarbeitskreises dem Sozialministerium übertragen.

Wie im Landtagsbeschluss ausdrücklich genannt, sind neben weiteren fachlichen Experten folgende Teilnehmer einzuladen:

  • Vertreter aus dem Kreis der Betroffenen
  • Vertreter der Arbeitsgemeinschaft der Kommunalen Spitzenverbände Niedersachsen
  • Vertreter der Landesarbeitsgemeinschaft der Freien Wohlfahrtspflege
  • Vertreter des Diakonischen Werkes der Evangelisch-lutherischen Landeskirche Hannovers e.V.
  • Vertreter der Caritasverbände
  • und das Landessozialamt als Heimaufsichtsbehörde.

Der bereits von der Landesregierung initiierte und begonnene Dialog wird mit den genannten Teilnehmern am 5. Oktober 2009 fortgeführt.

Zu 2.:

In der Sitzung des Gesprächsarbeitskreises am 5. Oktober wird u.a. das Forschungsprojekt abschließend abgestimmt.

Vor dem Hintergrund bereits vergebener Forschungsaufträge niedersächsischer Einrichtungsträger sowie der jeweiligen Aktenbestände ist eine Abstimmung mit dem eingesetzten Gremium aus meiner Sicht unverzichtbar. Insbesondere müssen Parallelstrukturen vermieden werden.

Aus Landessicht soll der Forschungsgegenstand zwei Komplexe beinhalten:

Zum Einen eine Bestandsaufnahme in Bezug auf

  • die Trägerstrukturen,
  • die vorhandenen Einrichtungen,
  • die Strukturen der Unterbringung und Aufsicht,
  • Beschwerden und besondere Vorkommnisse.

Der zweite Komplex beinhaltet die Frage nach der Verantwortung des Landes im Hinblick auf

  • die Fürsorgeerziehung,
  • die Heimaufsicht,
  • das Landesjugendheim Göttingen.

Die Experten und Betroffenen im Gesprächsarbeitskreis müssen aus meiner Sicht an diesen wichtigen Entscheidungen beteiligt sein.

Ich denke, dies war der Sinn der Einrichtung eines Arbeitskreises auf der Landesebene.

Zu 3.:

In dem von der Landesregierung am 8. Juni 2009 einberufenen Fachgespräch hat das Land für seine Behörden und Gerichte die Sicherung, Sichtung und Offenlegung der noch vorhandenen Akten zugesagt.

Das Niedersächsische Landesarchiv sichert und sichtet die Akten an allen 7 Archivstandorten (Hannover, Aurich, Bückeburg, Oldenburg, Osnabrück, Stade und Wolfenbüttel) aus den Beständen der ehemaligen Bezirksregierungen bzw. Landesjugendämter. Damit wurde bereits 2008 begonnen - also zu einem so frühen Zeitpunkt als der Wunsch der Heimkinder, Akteneinsicht zu nehmen, noch kein Thema war.

Für die vormundschaftsgerichtlichen Akten hat das Niedersächsische Justizministerium eine Abfrage in seinem nachgeordneten Geschäftsbereich durchgeführt.

Daneben führen die Staatsarchive in allen 79 Amtsgerichten des Landes eigene Vor-Ort-Ermittlungen durch. Die bei diesen Maßnahmen vorgefundenen und vor der Vernichtung gesicherten vormundschaftsgerichtlichen Akten werden in das Archiv übernommen. Dies ist zum Teil schon geschehen. Ich gehe davon aus, dass die Überführung spätestens zum Jahresende abgeschlossen ist. Das Sichern und Zusammenführen im Archiv ermöglicht den Betroffenen eine zentrale Offenlegung der Akten.

Herausgeber: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Frauen, Familie, Gesundheit und Integration

 

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