Hilfen zur Erziehung
Neues Unterstützungsangebot „Queerer Erst-Beratungs-Koffer“
Mit der digitalen Plattform existiert seit Oktober 2021 ein neues Unterstützungstool für Fachkräfte im Bereich der Hilfen zur Erziehung. Initiiert wurde das Projekt vom Sozialpädagogischen Fortbildungsinstitut Berlin-Brandenburg (SFBB), zusammen mit der Brandenburger Fachstelle für geschlechtliche & sexuelle Vielfalt des Landesverbands AndersARTiG e.V. und QUEERFORMAT, der Berliner Fachstelle Queere Bildung.
29.11.2021
Nach wie vor treffen LSBT*I*Q-Kinder, -Jugendliche und junge Erwachsene in allen Lebensbereichen auf viele unterschiedliche Herausforderungen, die es zu bewältigen gilt. Egal ob es um Geschlechtsidentität, Geschlechtsausdruck oder sexuelle Orientierung geht: In ihrer Identitätsentwicklung sind sie mit gesellschaftlichen Barrieren konfrontiert, die sie deutlich von der Mehrheitsgesellschaft unterscheiden. Queere Heranwachsende erfahren häufig Ablehnung, Ausschluss und Gewalt. Deshalb gelten sie in der sozialwissenschaftlichen Forschung als besonders vulnerable Gruppen und sind als besonders schutzbedürftig anzusehen.
„Queere Kinder, Jugendliche und junge Erwachsene stoßen in Familie, Schule, Ausbildung und Freizeit häufig noch auf Ablehnung und Ausschlüsse. Für sie sind queersensibel arbeitende Träger daher von entscheidender Bedeutung“, sagt Thomas Kugler von der Berliner Fachstelle Queere Bildung.
Der Queere-Erst-Beratungs-Koffer bietet Fachkräften der öffentlichen und freien Jugendhilfe nun niedrigschwellig und strukturiert Basisinformationen zum Thema sexuelle und geschlechtliche Vielfalt an. Damit wurde erstmals bundesweit eine virtuelle Anlaufstelle für pädagogische Fachkräfte aus der Kinder- und Jugendhilfe geschaffen, die im Bereich der Hilfen zur Erziehung mit queeren Kindern, Jugendlichen und ihren Angehörigen arbeiten. Der Koffer enthält umfangreiche Informationen, hilfreiche Tools und weiterführende Handlungsempfehlungen.
Mit einem animierten Videoclip auf der Startseite wird veranschaulicht, wie eine queersensible Haltung bei Fachkräften der Kinder- und Jugendhilfe aussehen kann. Über ein Adressverzeichnis sind Unterstützungsangebote von queersensibel arbeitenden Trägern der Kinder- und Jugendhilfe aus Berlin und Brandenburg für Fachkräfte leicht abrufbar.
„In unserer täglichen Zusammenarbeit mit Mitarbeiter/-innen der Jugendämter, nehmen wir wahr, dass queere Themen dort angekommen sind. Die Fachkräfte sind größtenteils aufgeschlossen, aber häufig noch unsicher im Kontakt mit jungen lsbt*i*q Menschen und wünschen sich Unterstützung", erklärt Stephan Pröpper vom Berliner Träger gleich & gleich e.V..
Lars Bergmann vom Brandenburger Landesverband AndersARTiG: „Auch bei den freien Trägern der Hilfen zur Erziehung in Brandenburg stellen wir fest, dass konkrete Unterstützung zum professionellen Umgang mit queeren Jugendlichen hoch willkommen ist".
Hintergrund
Der Queere Erst-Beratungs-Koffer entstand als zweijähriges Kooperationsprojekt von Mitwirkenden des Fachtags „Sexuelle und geschlechtliche Vielfalt in den Hilfen zur Erziehung“ vom 18. November 2019. Bundesweit zum ersten Mal hatte das SFBB die Relevanz nicht-heteronormativer Lebensweisen für den HzE-Bereich zum Thema eines Fachtags gemacht. Beteiligt waren Jugendämter, HzE-Träger, Fachstellen, Verbände und weitere zivilgesellschaftliche Akteure und Akteurinnen.
Das Tool entwickelten als gemeinsames Kooperationsprojekt:
- Sozialpädagogisches Fortbildungsinstitut Berlin Brandenburg
- Brandenburger Fachstelle für geschlechtliche und sexuelle Vielfalt des Landesverbands AndersARTiG e. V.
- QUEERFORMAT, Fachstelle Queere Bildung, Berlin
- gleich & gleich e. V., Berlin
- Trialog Jugendhilfe gGmbH, Berlin
- Regenbogenfamilien e.V. Brandenburg/ LSVD Berlin-Brandenburg
- „Netzwerk HzE Queer“ Berlin/Brandenburg
Rechtliche Einordnung
Am 10. Juni 2021 trat das neue Gesetz zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG) in Kraft. Es bewirkt umfangreiche Änderungen im Achten Buch Sozialgesetzgebung (SGB VIII) und betont Teilhabegerechtigkeit und Barriereabbau. Bahnbrechend ist die Änderung des § 9 zur Gleichberechtigung von jungen Menschen, weil hier der Gesetzestext die Geschlechterperspektive explizit erweitert und queere Lebenswelten einbezieht. Bei der Erfüllung ihres gesetzlichen Auftrages haben öffentliche und freie Jugendhilfe nunmehr „die unterschiedlichen Lebenslagen von Mädchen, Jungen sowie transidenten, nichtbinären und intergeschlechtlichen jungen Menschen zu berücksichtigen, Benachteiligungen abzubauen und die Gleichberechtigung der Geschlechter zu fördern“.
Quelle: QUEERFORMAT Fachstelle Queere Bildung des Landes Berlin
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