Hilfen zur Erziehung

Baden-Württemberg: 9.630 Verfahren zur Einschätzung von Kindeswohlgefährdungen durchgeführt

Nach Feststellung des Statistischen Landesamtes wurde im Jahr 2012 in Baden-Württemberg für 9.630 Kinder und Jugendliche ein Verfahren zur Gefährdungseinschätzung nach § 8a Abs. 1 Sozialgesetzbuch (SGB) VIII vorgenommen.

16.07.2013

Dabei werden dem Jugendamt gewichtige Anhaltspunkte für die Gefährdung eines Kindes bekannt. Es verschafft sich daraufhin einen unmittelbaren Eindruck vom betroffenen Kind oder Jugendlichen und seiner persönlichen Umgebung. Dies kann zum Beispiel durch einen Hausbesuch, den Besuch der Kindertageseinrichtung oder Schule oder die Einbestellung der Eltern ins Jugendamt geschehen. Die Einschätzung des Gefährdungsrisikos erfolgt anschließend im Zusammenwirken mehrerer Fachkräfte.

Im Rahmen dieser erstmals durchgeführten Statistik wurde bei 1.498 Gefährdungseinschätzungen, das sind 16 Prozent aller Verfahren, eine akute Gefährdungssituation festgestellt. In diesen Fällen ist eine erhebliche Schädigung des körperlichen, geistigen oder seelischen Wohls des Kindes oder Jugendlichen bereits eingetreten oder mit ziemlicher Sicherheit zu erwarten. Dabei wurden bei 975 jungen Menschen Anzeichen für Vernachlässigung festgestellt. Bei weiteren 438 Kindern und Jugendlichen gab es Anzeichen für körperliche und bei 374 für psychische Misshandlung. Hinweise auf sexuelle Gewalt wurden bei 97 Kindern und Jugendlichen festgestellt.

In 1.965 Fällen (20 Prozent) lag eine sogenannte latente Kindeswohlgefährdung vor. Dabei konnte die Frage nach der tatsächlich bestehenden Gefahr nicht eindeutig beantwortet werden, es bestand jedoch weiterhin der Verdacht einer Kindeswohlgefährdung bzw. eine solche konnte nicht ausgeschlossen werden.

Bei 3.278 Gefährdungseinschätzungen (34 Prozent) ergab sich zwar keine Kindeswohlgefährdung, wohl aber ein anderweitiger Unterstützungsbedarf. Bei 30 Prozent der Gefährdungseinschätzungen (2.889 Verfahren) wurden keine Gefährdung und kein weiterer Hilfebedarf ermittelt.

Insgesamt betrafen die Gefährdungseinschätzungen 4.873 Jungen und 4.757 Mädchen. Während in den Altersgruppen mit Kindern unter 14 Jahren stets für etwas mehr Jungen wie Mädchen Gefährdungseinschätzungen vorgenommen werden mussten, ist dies bei den Jugendlichen im Alter von 14 bis unter 18 Jahren umgekehrt: Hier waren mit 829 Fällen deutlich mehr Mädchen betroffen als Jungen (508 Fälle).

Hinweise auf mögliche Gefährdungen kommen von verschiedensten Personen und Institutionen. So wurde z.B. in 1.635 aller Fälle (17 Prozent) das Jugendamt von Nachbarn oder Bekannten des betroffenen Kindes oder Jugendlichen über die mögliche Gefährdung informiert, in weiteren 1.520 Fällen (16 Prozent) durch die Polizei, Gerichte oder die Staatsanwaltschaft. In jeweils 9 Prozent der Fälle kam der Hinweis von anonymen Meldern (839) oder aus Schulen (824), in 8 Prozent (772) von Eltern oder Personensorgeberechtigten. Jeweils 7 Prozent der Fälle gehen auf Meldungen der Sozialen Dienste bzw. der Jugendämter selbst (693) sowie durch den medizinischen Bereich, also beispielsweise Hebammen, Ärzte, Kliniken oder Gesundheitsämter (652) zurück.

Betrachtet man dabei allerdings die Verfahren mit dem Ergebnis einer akuten oder latenten Kindeswohlgefährdung gesondert, so zeigt sich, dass hier der Anteil der Nachbarn und Bekannten deutlich niedriger liegt als bei den Verfahren insgesamt, nämlich bei nur 10 Prozent, während der Anteil der Sozialen Dienste bzw. Jugendämter in diesen Fällen deutlich höher ausfällt (11 Prozent).

Als Ergebnis der Gefährdungseinschätzungen wurden zahlreiche Hilfen neu eingerichtet. Dabei können für ein Kind auch mehrere Hilfen in Frage kommen. In 2.006 Fällen wurden ambulante oder teilstationäre Hilfen zur Erziehung neu eingerichtet. Unterstützung nach §§ 16 bis 18 SGB VIII, wie z. B. Leistungen zur allgemeine Förderung der Erziehung in der Familie, Beratung in Fragen der Partnerschaft, Trennung oder Scheidung wurde als Folge von 1.133 Gefährdungseinschätzungen gewährt. 492 Kinder oder Jugendliche wurden im Rahmen vorläufiger Schutzmaßnahmen in Obhut genommen. In 454 Fällen wurden familienersetzende Hilfen zur Erziehung (§§ 27, 33 - 35 SGB VIII) eingeleitet, in weiteren 404 Fällen Erziehungsberatung nach § 28 SGB VIII.

Tabellen und Grafiken stehen auf der <link http: www.statistik-bw.de pressemitt external-link-new-window external link in new>Internetseite des Statistischen Landesamtes zur Verfügung.

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg vom 16.07.2013

Redaktion: Kerstin Boller

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