Hilfen zur Erziehung

Auslandsadoptionen von Kindern aus Haiti

Durch die Erdbebenkatastrophe in Haiti haben viele Jungen und Mädchen ihre Eltern verloren. Viele Kinderheime sind zerstört.

26.01.2010

„Zahlreiche Fragen werden an das KVJS-Landesjugendamt gerichtet, ob und wie eine Adoption betroffener Kinder durch deutsche Familien möglich ist“, sagt Reinhold Grüner. Er leitet die Zentrale Adoptionsstelle (ZAS) beim KVJS-Landesjugendamt. Von ihm und seinem Team erfahren die Anrufer: Sofort-Adoptionen sind nicht möglich. Privat-Adoptionen auf eigene Faust sind hoch riskant. Adoptionswillige, die aber bereit sind, ein bis drei Jahre durch das rechtsstaatliche Adoptionsverfahren zu gehen, können sich an zwei freie Adoptionsvermittlungsstellen wenden.

Eine Sofort-Adoption von Kindern aus dem Erdbebengebiet ist nach rechtsstaatlichen Verfahren und auf legalem Wege nicht möglich. „Von einer Beschleunigung des Adoptionsverfahrens, wie es anscheinend einige EU-Staaten mit Blick auf Haiti anstoßen wollen, halten wir nichts“, sagt Grüner. Dies könnte eine Tür zum Kinderhandel aufstoßen, den das Haager Übereinkommen eindämmen wollte. In der aktuellen, chaotischen Situation ist Kinderhandel eine reale Bedrohung. Die Gefahr besteht, dass skrupellose Geschäftemacher auf dem Rücken der Kinder rücksichtslos Profit machen. „Jetzt nach dem Erdbeben ist es deshalb viel sinnvoller, den Kindern vor Ort in Haiti zu helfen, zum Beispiel durch Spenden für den Aufbau von Kinderheimen in Haiti oder durch Patenschaften.“ 

Von Privatadoptionen in Haiti „auf eigene Faust“ rät Reinhold Grüner eindringlich ab. „Dem Kind kann die Einreise nach Deutschland verweigert werden. Fraglich, ob eine so zustande gekommene Adoption in Deutschland überhaupt anerkannt werden kann.“

Das Nein zur Sofortadoption kommt für manche Anrufer auf den ersten Blick überraschend: Angesichts der Fernsehbilder von Elend und Verzweiflung wollten sie rasch helfen. Die ZAS erklärt den Hilfewilligen, dass nur ein rechtsstaatliches Adoptionsverfahren das Wohl des Kindes garantieren kann. Solche Verfahren brauchen Zeit. 

1993 wurde das „Haager Übereinkommen über den Schutz von Kindern und die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Internationalen Adoption“ beschlossen. Bis heute sind ihm 81 Staaten beigetreten. Das Übereinkommen legt rechtsstaatliche Verfahren fest, die das Kindeswohl gewährleisten helfen. Dem Kinderhandel soll das Wasser abgegraben werden. Haiti ist dem Haager Übereinkommen nicht beigetreten. 

Die Zentrale Adoptionsstelle des KVJS mit Sitz in Stuttgart kann von Deutschland aus mit ihren behördlichen Mitteln kein rechtsstaatliches Adoptionsverfahren aus Haiti sicherstellen. Deshalb vermittelt die ZAS keine Kinder aus Haiti. Es gibt jedoch in der BRD zwei für Haiti zugelassene Auslandsvermittlungsstellen von Freien Trägern: „Help a Child e. V.“ in Kaltenengers (Rheinland-Pfalz) und „Eltern für Kinder e.V.“ in Berlin. Sie arbeiten seit Jahren eng mit haitianischen Partnern zusammen. Die Gewährleistung eines am Haager Übereinkommen orientierten rechtsstaatlichen Verfahrens war Voraussetzung für deren Zulassung durch die Landesjugendämter. 

Aus früheren Erfahrung wissen die Experten des KVJS: Ganz allgemein sind Adoptionen aus Ländern, die von Naturkatastrophen betroffen sind, eher schwierig. Nach der verheerenden Flutkatastrophe in Südostasien 2004 haben Staaten wie Indonesien oder Thailand sogar ausdrücklich einen Adoptionsstopp verhängt. Sie geben - gemäß dem Haager Übereinkommen - nur Kinder ins Ausland, für die im Heimatstaat weder Verwandte noch Adoptiveltern gefunden werden können. Häufig handelt es sich um gehandicapte, traumatisierte und ältere Kinder. 

Herausgeber: Kommunalverband für Jugend und Soziales Baden-Württemberg - Landesjugendamt

 

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