Sozialforschung
Positive Erfahrungen bei Ausbildung von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss
An ihren Erwartungen gemessen sind Betriebe, die Jugendliche mit Hauptschulabschluss ausbilden, überdurchschnittlich zufrieden mit ihnen. Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigt dieses positive Ergebnis.
16.10.2013
An ihren Erwartungen gemessen sind Betriebe, die Jugendliche mit Hauptschulabschluss ausbilden, überdurchschnittlich zufrieden mit ihnen - vor allem mit ihrem Auftreten, ihrem äußeren Eindruck und ihrer Ausdrucksfähigkeit, aber auch in Bezug auf das berufsbezogene Vorwissen der neu eingestellten Auszubildenden. Hier schneiden Jugendliche mit Hauptschulabschluss sogar etwas besser ab als alle anderen Gruppen. Eine Untersuchung des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) im Rahmen des BIBB-Qualifizierungspanels zeigt dieses positive Ergebnis. BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser sieht es als zentral für die Zukunft der dualen Berufsausbildung an, dass sich Betriebe verstärkt um Jugendliche kümmern, die bislang weniger gute Chancen auf dem Ausbildungsstellenmarkt haben. Dies gilt trotz einer steigenden Zahl unbesetzter Ausbildungsplätze gerade für Jugendliche mit Hauptschulabschluss. "Diesem Mismatch auf dem Ausbildungsmarkt müssen wir stärker entgegenwirken", fordert Esser.
Die BIBB-Studie, veröffentlicht in der neuen Ausgabe der Reihe BIBB REPORT, steht vor dem Hintergrund, dass es trotz rückläufiger Schulabgängerzahlen und gleichzeitig steigendem Fachkräftebedarf der Wirtschaft immer noch eine große Zahl von Jugendlichen gibt, die nach der Schule nicht unmittelbar in eine vollqualifizierende Berufsausbildung münden. Insbesondere Jugendlichen mit Hauptschulabschluss gelingt dies häufig erst nach längerer Suche und Teilnahme an Übergangsmaßnahmen. Auch der Zugang zu vielen Ausbildungsberufen ist für diese Jugendlichen erschwert.
Rund 33 % aller neuen Ausbildungsverträge werden mit Hauptschulabsolvierenden abgeschlossen - sie bilden nach den jungen Leuten mit Realschulabschluss die zweitgrößte Gruppe. Die Untersuchung zeigt, dass nur rund jeder dritte ausbildende Betrieb Hauptschulabsolventinnen und -absolventen ausbildet. Damit bleiben Potenziale ungenutzt, um offene Ausbildungsstellen zu besetzen.
Angesichts dieses Mismatches auf dem Ausbildungsmarkt kommt die BIBB-Untersuchung zu dem Ergebnis, dass Betriebe stärker als bisher auch diese Jugendlichen als Zielgruppe für ihre Ausbildungsangebote in den Blick nehmen sollten.
Weitere zentrale Empfehlungen:
- Betriebe mit Besetzungsproblemen sollten in ihre Ausbildungsgestaltung von vornherein besondere Unterstützungsmaßnahmen integrieren, insbesondere eine individuelle Betreuung durch Ausbilder/-innen, die Besprechung von Arbeitsergebnissen, zusätzlichen innerbetrieblichen Unterricht, externe Fördermaßnahmen sowie eine intensive Prüfungsvorbereitung.
- Die Betriebe sollten durch öffentliche Förderung unterstützt werden, insbesondere durch Ausbau ausbildungsbegleitender Hilfen und Schaffung von Betreuungs- und Beratungsangeboten bei auftretenden Problemen wie drohendem Ausbildungsabbruch.
- Als Ansatz bietet sich ferner die Unterstützung von Betrieben durch ein externes Ausbildungsmanagement oder eine assistierte Ausbildung an sowie die Einrichtung von Zusatzunterricht in der Berufsschule und in überbetrieblichen Berufsbildungsstätten zur Verbesserung der Ausbildungschancen von Hauptschülerinnen und Hauptschülern.
Der BIBB-Studie zufolge erbringen die Betriebe mit Hauptschulabsolventen in der Ausbildung ein vergleichsweise größeres Engagement: So nimmt die Förderung von Grundfertigkeiten und deutschen Sprachkenntnissen, Teamarbeit und der Einsatz von innerbetrieblichem Unterricht mit steigendem Anteil von Jugendlichen mit Hauptschulabschluss zu.
Ein Blick auf die Branchen verdeutlicht, welche Bereiche schon jetzt von diesem Engagement und positiven Erfahrungen mit Hauptschulabsolventinnen und -absolventen profitieren beziehungsweise wo besonderes Entwicklungspotenzial steckt:
- Besonders hoch ist der Anteil der Jugendlichen mit Hauptschulabschluss in Kleinst- und Handwerksbetrieben. Im Handwerk beträgt er fast die Hälfte, größere mittelständische Betriebe und Großunternehmen kommen dagegen nur auf 16 % bis 22 %.
- Jugendliche mit Hauptschulabschluss werden vor allem in gewerblich-technischen Ausbildungsberufen ausgebildet. Hier liegt der Anteil bei 38 %.
- Ein ebenfalls wichtiger Ausbildungssektor sind verschiedene Dienstleistungsbereiche wie zum Beispiel Beherbergungs-, Gaststätten-, Informations-, Kommunikations-, Verkehrs- und Lagereigewerbe sowie personenbezogene Dienstleistungen wie Friseur oder Wäscherei.
- Bei den kaufmännisch-verwaltenden Berufen beträgt ihr Anteil dagegen nur 14 %. Das BIBB-Qualifizierungspanel hat ergeben, dass die betrieblichen Erwartungen in diesen Berufen bei Jugendlichen mit Hauptschulabschluss im Durchschnitt als weniger erfüllt angesehen werden.
Zum Hintergrund:
Das BIBB-Betriebspanel zu Qualifizierung und Kompetenzentwicklung (BIBB-Qualifizierungspanel) ist eine jährliche Befragung von 2.000 Betrieben, mit der repräsentative Daten zum Qualifizierungsgeschehen in Betrieben in Deutschland erhoben werden. Es wird vom Bundesministerium für Bildung und Forschung (BMBF) finanziert und vom BIBB in Zusammenarbeit mit TNS Infratest Sozialforschung durchgeführt. Weiterführende Informationen unter <link http: www.bibb.de qp>www.bibb.de/qp
Der BIBB REPORT 22: "Jugendliche mit Hauptschulabschluss in der betrieblichen Berufsausbildung: Wer bildet sie (noch) aus, welche Erfahrungen gibt es und wie können ihre Chancen verbessert werden?" steht unter <link http: www.bibb.de bibbreport>www.bibb.de/bibbreport zur Verfügung.
Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) vom 15.10.2013
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