Sozialforschung

Jugendarbeitslosigkeit: Lehre und Praktikum sind Studien zufolge nützlich, aber verbesserungswürdig

Die dramatisch hohen Jugendarbeitslosigkeitsquoten in Europa erfordern sofortige Maßnahmen seitens der Mitgliedstaaten. Insbesondere muss jungen Menschen der Übergang von der Schule in den Beruf erleichtert werden. Die Europäische Kommission hat zum Thema Lehrstellen und Praktika zwei Studien durchführen lassen, die alle EU‑Mitgliedstaaten abdecken.

17.07.2012

Darin wird empfohlen, beide Ausbildungsprogramme stärker auf die Nachfrage auf dem Arbeitsmarkt und die Anforderungen der Wirtschaft auszurichten und sie so zu gestalten, dass sie jungen Menschen ein höheres Ausbildungsniveau und eine bessere Perspektive bieten.

László Andor, Kommissar für Beschäftigung, Soziales und Integration, erklärte: „Der Europäische Rat hat herausgestellt, wie wichtig Lehrstellen und Praktikumsplätze für junge Menschen sind, insbesondere im Rahmen von Jugendgarantien und neuen Programmen zur Förderung der Mobilität. Die aktuellen Studien vermitteln ein umfassenderes Bild von den genannten Ausbildungsprogrammen, und sie werden uns dabei helfen, künftige Maßnahmen auszuarbeiten, durch die der Übergang von der Schule ins Berufsleben reibungsloser gestaltet werden kann. Lehre und Praktikum können jungen Menschen als Sprungbrett in den Arbeitsmarkt dienen und somit dazu beitragen, die exorbitant hohe Jugendarbeitslosigkeit in Europa in den Griff zu bekommen. Es muss aber auch sichergestellt werden, dass junge Menschen im Anschluss an ein solches Ausbildungsprogramm ein dauerhaftes Beschäftigungsverhältnis finden. Hierzu setzen wir auch den Europäischen Sozialfonds gezielter ein.“

Die Ergebnisse der Studien werden in zwei Kommissionsmaßnahmen einfließen, die bis Ende 2012 ausgearbeitet werden sollen, nämlich in den Entwurf einer Empfehlung des Rates über Jugendgarantien, mit denen gewährleistet werden soll, dass junge Menschen innerhalb von vier Monaten nach Verlassen der Schule entweder eine Arbeitsstelle oder einen Aus- bzw. Weiterbildungsplatz haben, sowie in einen Qualitätsrahmen für Praktika.

Die Studie zu Lehrstellen enthält folgende Empfehlungen:

  •     einheitliche Qualitätsanforderungen an die Ausbildungsprogramme
  •     ausgewogenes Verhältnis zwischen spezifischen berufsbezogenen Fähigkeiten sowie allgemeinen Kenntnissen und Fähigkeiten
  •     Einbindung der Sozialpartner in Gestaltung und Durchführung der Lehrstellenprogramme (wichtige Voraussetzung für ihren Erfolg)
  •     Maßnahmen unter Einbeziehung von Auszubildenden, um dem Berufsbildungssystem ein besseres Image zu verschaffen


Die Studie zu Praktika kommt zu folgenden Ergebnissen:

  •     es fehlt eine klare Begriffsbestimmung für Praktika auf EU-Ebene
  •     Praktika sollten nach Möglichkeit in den Lehrplan eingebunden werden und nicht erst nach Ausbildungsabschluss erfolgen
  •     auf nationaler und auf EU-Ebene sollte gemeinsam darauf hingewirkt werden, dass mehr Praktikumsstellen angeboten werden, insbesondere in KMU
  •     es sollten Fördermittel für Praktikantinnen und Praktikanten vorgesehen werden, insbesondere für solche aus benachteiligten Gruppen
  •     es sollte auf eine offene und transparente Vergabe von Praktikumsstellen hingewirkt werden

Die Studie zu Praktika ergänzt die öffentliche Konsultation zur Qualität von Praktika, die die Kommission mit Vorlage ihres Beschäftigungspakets (April 2012) eingeleitet hat (siehe IP/12/380, MEMO/12/256 und MEMO/12/252).

Hintergrund

Beide Erhebungen enthalten Zahlen und Fakten zu jedem Mitgliedstaat; bestimmte Länder werden ausführlicher behandelt. Infolge der steigenden Jugendarbeitslosigkeit und der Diskrepanzen zwischen Qualifikationsangebot und ‑nachfrage setzen die Mitgliedstaaten in der EU stärker auf Programme wie Lehre und Praktika, die einen leichteren Übergang von der Schule ins Berufsleben ermöglichen sollen. Derzeit bieten die Unternehmen in Europa rund 9,4 Millionen Ausbildungsplätze an. Die Auszubildenden in Lehrstellenprogrammen in den 27 EU-Mitgliedstaaten machen ca. 40,5 % aller Auszubildenden im Sekundarbereich aus.

Eine Lehre ist eine Form der beruflichen Erstausbildung nach dem „dualen“ Prinzip, bei der eine betriebliche Ausbildung (Abschnitte mit praktischer Tätigkeit am Arbeitsplatz) im zeitlichen Wechsel mit einer schulischen Ausbildung (Abschnitte mit theoretischer/praktischer Ausbildung in einer Bildungseinrichtung) kombiniert wird und deren erfolgreicher Abschluss zu einem national anerkannten Erstausbildungsabschluss führt. In den meisten Fällen besteht ein Vertragsverhältnis zwischen dem Arbeitgeber und dem Auszubildenden. Die Erfahrung zeigt, dass junge Menschen in Ländern mit dieser Ausbildungsform bessere Aussichten auf einen reibungslosen Übergang von der Schule ins Berufsleben haben. Ein duales Ausbildungssystem ist in mehreren EU-Mitgliedstaaten zu finden (am stärksten ausgeprägt ist es in Österreich, Deutschland und Dänemark, es ist aber auch in den Niederlanden, in Frankreich und Slowenien zu finden).

Ein Praktikum ist definiert als zeitlich begrenzte praktische berufliche Tätigkeit mit einer Ausbildungskomponente. Es werden ähnliche Ziele verfolgt wie bei einer Lehre: So sollen der Praktikantin/dem Praktikanten praktische Erfahrung, Wissen und Kompetenzen vermittelt werden, die die theoretische Ausbildung vervollständigen, wodurch ihr/ihm der Übergang von der Schule in den Beruf erleichtert werden soll. Ein Praktikum kann Bestandteil von Hochschulstudiengängen sein. In einigen Berufen (z. B. bei Ärzten, Rechtsanwälten und Lehrern) sind Praktika obligatorisch, und auch in vielen anderen Studiengängen sind sie fester Bestandteil des Lehrplans. Immer mehr junge Menschen absolvieren jedoch nach ihrem Abschluss Praktika, die nicht in einen Lehrplan eingebunden oder für einen Abschluss erforderlich sind.

Weitere Informationen

Zusammenfassung der Studie zu Lehrstellen:

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Zusammenfassung der Erhebung zu Praktikumsmodalitäten:

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Bericht über das Lehrstellenangebot:

<link http: ec.europa.eu social _blank external-link-new-window external link in new>ec.europa.eu/social/main.jsp

Bericht über die Praktikumsmodalitäten:

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Quelle: PM der Europäischen Kommission

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