Sozialforschung

Aktuelle Studie: Warum Menschen andere ausgrenzen

Soziale Ausgrenzung haben viele bereits erlebt - in der Schule, bei der Arbeit oder im Freundes- und Familienkreis. Zusammen mit Kolleginnen und Kollegen von den Universitäten Basel (Schweiz) und Virginia (USA) hat Juniorprofessorin Dr. Selma Rudert von der Universität Koblenz-Landau untersucht, ob bestimmte Persönlichkeitseigenschaften das Risiko erhöhen, von anderen Menschen ausgegrenzt zu werden.

08.11.2019

„In unserer Studie kommen wir zum Ergebnis, dass Persönlichkeit ein wichtiger Risikofaktor für soziale Ausgrenzung ist. Wenig verträgliche und unzuverlässige Menschen werden mit einer höheren Wahrscheinlichkeit ausgegrenzt“, berichtet Sozialpsychologin Selma Rudert. „Somit haben Menschen, die sich gegenüber anderen Menschen häufig kalt, misstrauisch und gleichgültig verhalten oder in der Zusammenarbeit mit anderen unzuverlässig und nachlässig sind, ein erhöhtes Risiko, von anderen ausgegrenzt zu werden.“

Wenig verträgliche und unzuverlässige Menschen werden eher ausgegrenzt

Das Forschungsteam um Rudert hat sich bei seinen Studien auf die so genannten „Big Five“ der Persönlichkeit fokussiert: Gewissenhaftigkeit, Verträglichkeit, Extravertiertheit, emotionale Stabilität und Offenheit für Neues. Die beiden Risikofaktoren „niedrige Verträglichkeit“ und „niedrige Gewissenhaftigkeit“ haben sie als besonders relevant identifiziert. Dieses Ergebnis lasse sich gut aus einer evolutionspsychologischen Perspektive erklären, meint Rudert: Menschen würden andere Menschen insbesondere dann ausschließen, wenn sie diese für schlechte Kooperationspartner halten. Dies treffe insbesondere auf unverträgliche und wenig gewissenhafte Personen zu. „Menschen, die sich durch eine geringe Verträglichkeit auszeichnen, stellen oftmals eine Bedrohung für den Zusammenhalt der Gruppe dar, da sie sich nicht an soziale Regeln halten. Und Menschen mit einer geringen Gewissenhaftigkeit könnten sich schnell als eine Belastung für eine Gruppe herausstellen, insbesondere wenn diese bestimmte Ziele erreichen möchte“, so die Sozialpsychologin.

Bisherige Forschung zu sozialer Ausgrenzung konzentrierte sich oftmals auf das Erleben der ausgegrenzten Person. „Um das Phänomen der sozialen Ausgrenzung zu verstehen und ihm entgegenwirken zu können, ist es jedoch notwendig zu verstehen, warum es überhaupt zur Ausgrenzung kommt“, erklärt Rudert den neuen Fokus der aktuellen Studien.

Insgesamt hat das Forschungsteam sieben Studien online und im Labor mit 40 bis 800 Teilnehmerinnen und Teilnehmern pro Studie durchgeführt. Den teilnehmenden Personen wurden Beschreibungen von Menschen mit unterschiedlich ausgeprägten Persönlichkeitsmerkmalen vorgelegt. Im Anschluss mussten sie zum Beispiel entscheiden, ob sie die Person aus einer zukünftigen Gruppenaktivität ausschließen wollten. In anderen Studien sollten sie Angaben dazu machen, wie wahrscheinlich sie der Person gegenüber ausgrenzendes Verhalten zeigen würden.

Wichtige Ergebnisse für Themen wie Mobbing und Ausgrenzung

Die Untersuchungen seien wichtig für Themen wie Mobbing und Ausgrenzung in der Schule oder am Arbeitsplatz, so die Wissenschaftlerin. Rudert weist aber darauf hin, dass auch freundliches und zuverlässiges Verhalten in diesen Kontexten nicht vollständig vor sozialer Ausgrenzung schützen könne. „Vielmehr gibt es neben der Persönlichkeit der ausgegrenzten Person natürlich auch situative Umstände, die soziale Ausgrenzung bedingen können.“ Konkret könne beispielsweise starke Konkurrenz innerhalb bestimmter Gruppen zu sozialer Ausgrenzung führen oder auch einfach Zufall, weil eine Person versehentlich übergangen wird. Will man Ausgrenzung in Gruppen verringern, muss man diesen Prozessen entgegenwirken. Dies könne durch Maßnahmen erreicht werden, die internen wie externen Druck sowie den Konkurrenzkampf innerhalb einer Gruppe vermindern.

Quelle: Universität Koblenz-Landau vom 24.10.2019

Redaktion: Kerstin Boller

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