Kindheitsforschung
Weniger Stress und mehr Wohlbefinden bei Grundschülern
Die Landesregierung Baden-Württemberg hat 2012 die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft. An ihre Stelle trat eine neue intensivere Beratung der Eltern durch die Grundschullehrerinnen und -lehrer. Eine aktuelle Studie zeigt: Der Stress der Kinder ist geringer, sie lernen unbeschwerter.
01.06.2015
Sie sind gerade mal neun oder zehn Jahre alt und leiden schon unter Stress. Studien zeigen immer wieder: Bereits im Grundschulalter fühlen sich viele Kinder unter Druck oder belastet. Die Landesregierung hat deshalb in Baden-Württemberg 2012 die verbindliche Grundschulempfehlung abgeschafft. An ihre Stelle trat eine neue intensivere Beratung der Eltern durch die Grundschullehrerinnen und -lehrer. Ziel: Von den Kindern in der dritten und vierten Klasse soll Druck genommen werden. Sie sollen angstfrei und unbeschwert lernen können.
Und auch die Elternrechte hat die Landesregierung damit gestärkt: Die Empfehlung der Grundschule blieb zwar erhalten, aber die Eltern haben nun das letzte Wort bei der Frage, welche weiterführende Schule ihr Kind besuchen soll. Damit Eltern dabei die für ihr Kind richtige Entscheidung treffen können, hat die Landesregierung die Beratung intensiviert. Das Beratungsangebot beinhaltet Elterngespräche und eine kontinuierliche Beobachtung des Kindes. So sollen die Fähigkeiten, Talente und Potenziale erkannt werden.
Kinder profitieren vom Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung
Wie fällt nun die Bilanz nach drei Jahren aus: Ist die angestrebte Entlastung der Grundschulkinder tatsächlich eingetreten? Forscher der Pädagogischen Hochschule Schwäbisch Gmünd sind dieser Frage nachgegangen. Ihr Ergebnis: Die Kinder profitieren. Der Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung hat zu weniger Stress und mehr Wohlbefinden bei den Kindern geführt.
Speziell an Schulen, bei denen zuvor ein hohes Stressniveau geherrscht habe, hätte sich die Situation entspannt und dem Niveau der Schulen mit weniger Stress angenähert, so der Befund. Besonders Mädchen hätten davon profitiert. Die Wissenschaftler hatten die Auswirkungen der geänderten Regelung auf das selbstberichtete Stressempfinden und das im Selbst- und Elternbericht erfasste Wohlbefinden der Kinder untersucht. Für die Studie waren zwei Grundschuljahrgänge miteinander verglichen worden. Der eine hatte noch eine verbindliche Grundschulempfehlung erhalten, beim anderen gab es bereits das neue beratende Elterngespräch.
Weniger Druck ist wichtig für den Lernerfolg
"Für den Bildungserfolg der Kinder ist es wichtig, Leistungsdruck zu vermindern. Die Studie macht deutlich, dass wir mit dem Ausbau des beratenden Elterngesprächs im Zuge der Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung den richtigen Weg gegangen sind", sagte dazu Kultusminister Andreas Stoch.
Grundschulen und Eltern hätten zurückgemeldet, dass die intensivere Beratung der Eltern zu einer neuen Gesprächskultur an den Schulen geführt habe. Den Entscheidungen der Eltern für die weiterführende Schule gehe in der Regel ein fundierter und kontinuierlicher Austausch zwischen Grundschule und Eltern voraus, der sich bewährt habe und durch die Abschaffung der verbindlichen Empfehlung gestärkt wurde.
Kein "Ansturm" auf das Gymnasium
Kritiker der Reform hatten bei ihrer Einführung davor gewarnt, dass ohne die verbindliche Empfehlung zu viele Eltern ihre Kinder auf das Gymnasium schicken würden. Es würde einen Ansturm auf die Gymnasien im Land geben, so ihre These.
Diese Befürchtungen sind nicht eingetreten. Die Anmeldezahlen an den weiterführenden Schulen für das Schuljahr 2015/16 zeigen: Die Gymnasien werden nicht überrannt, vielmehr sind die Anmeldezahlen für das Gymnasium sogar zum zweiten Mal in Folge leicht gesunken. Nach einem ersten Boom im Jahr 2012 liegt der Anteil der Kinder, die aufs Gymnasium wechseln, jetzt mit 42,4 Prozent wieder auf einem ähnlichen Niveau wie 2011 (40,9 Prozent), dem letzten Jahr mit verbindlicher Grundschulempfehlung. Und auch bei den Realschulen gehen zum kommenden Schuljahr die Anmeldezahlen zurück: 34,5 Prozent des Jahrgangs wechseln auf die Realschule, im Schuljahr 2011/2012 – also vor der Abschaffung der verbindlichen Empfehlung – waren es 34,3 Prozent.
Weiterführende Links
- <link https: www.ph-gmuend.de deutsch aktuell-presse external-link-new-window informationen zur studie der pädagogischen hochschule schwäbisch>Studie zum Wegfall der verbindlichen Grundschulempfehlung
- <link http: erfolgsgeschichten.baden-wuerttemberg.de de interaktive-zwischenbilanz-der-landesregierung external-link-new-window interaktiven zwischenbilanz als>Interaktive Zwischenbilanz: Wir machen den Bildungsaufbruch an unseren Schulen
Quelle: Ministerium für Kultus, Jugend und Sport Baden-Württemberg vom 28.05.2015
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