Jugendforschung

Worauf Jugendliche bei der Berufswahl achten

Die Ergebnisse eines Forschungsprojektes des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) zeigen: das Interesse an der Tätigkeit ist oft nicht entscheidend. Stehen zwei miteinander verwandte Berufe zur Auswahl, berücksichtigen Jugendliche vor allem das Ausmaß gesellschaftlicher Anerkennung, Einkommens- sowie Entwicklungsperspektiven.

15.01.2016

Dass die Arbeit im Beruf interessant sein soll, ist fast allen Jugendlichen bei ihrer Berufswahl ein wichtiges Anliegen. Doch den meisten Jugendlichen geht es um mehr. Sie wissen, dass die Berufe über spätere Verdienstmöglichkeiten und Karriereperspektiven sowie über das Ausmaß gesellschaftlicher Anerkennung mitentscheiden. Stehen zwei miteinander verwandte Berufe zur Auswahl, geben die letztgenannten Aspekte oft den Ausschlag. Dies gilt selbst dann, wenn es in diesem Beruf viel schwieriger ist, einen Ausbildungsplatz zu finden und der Erfolg bei der Ausbildungsplatzsuche keineswegs sicher ist. Dies sind Ergebnisse des Bundesinstituts für Berufsbildung (BIBB) innerhalb seines Forschungsprojektes "Bildungsorientierungen und -entscheidungen Jugendlicher im Kontext konkurrierender Bildungsangebote".

Konkret wurde das Nachfrageverhalten der Jugendlichen in den Berufen "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" und "Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk" verglichen. Im Beruf "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" übertrifft die Zahl der Bewerber/-innen deutlich die Zahl der Ausbildungsstellen, so dass hier viele Jugendliche vergeblich nach einem Ausbildungsplatz suchen (2015: 6.400). Dagegen gibt es im Beruf "Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk" einen Bewerbermangel. Eine große Zahl von Ausbildungsplatzangeboten bleibt deshalb ungenutzt (2015: 3.600).

Gehalt, Entwicklungsmöglichkeiten, Reaktionen aus dem sozialen Umfeld

Dabei sind die Tätigkeiten in beiden Berufen auch aus Sicht der Jugendlichen - innerhalb des BIBB-Projektes wurden rund 700 Ausbildungsstellenbewerber/-innen befragt - eng miteinander verwandt: Verkäuferisch-beratende Arbeiten stehen in beiden Fällen im Vordergrund. Doch verbinden die Jugendlichen mit dem Beruf "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" deutlich bessere Einkommens- und Entwicklungsperspektiven. Zudem rechnen sie mit positiveren Reaktionen aus ihrem sozialen Umfeld, wenn sie sich für diesen Beruf entscheiden und eben nicht für den Beruf "Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk".

Mit diesen Vorstellungen fällt es offenbar selbst jenen Jugendlichen schwer, sich dem Beruf "Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk" zuzuwenden, die bei ihrer Ausbildungsplatzsuche als "Kaufmann/-frau im Einzelhandel" erfolglos geblieben sind. Erschwerend kommt hinzu, dass die Jugendlichen Probleme haben, die Ausbildungsmarktlagen in beiden Berufen richtig einzuschätzen. So seien die deutlich besseren Erfolgschancen im Beruf "Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk" vielen Ausbildungsstellenbewerber/-innen gar nicht bewusst, schreiben die BIBB-Forscherinnen und -Forscher.

Weiterbildungswege und Aufstiegsmöglichkeiten bewerben

"Maßnahmen, die darauf ausgerichtet sind, die Nachfrage der Jugendlichen nach bestimmten Berufen zu stärken, dürfen sich somit nicht nur darauf beschränken, das Interesse an der Tätigkeit zu wecken" betont BIBB-Präsident Friedrich Hubert Esser. "Die Ergebnisse des BIBB-Forschungsprojektes zeigen, dass es ebenso wichtig ist, die durch den Beruf eröffneten Möglichkeiten in Bezug auf Einkommen, Weiterentwicklung und soziale Anerkennung in den Blick zu nehmen, vermeintliche oder reale Wettbewerbsnachteile gegenüber anderen Berufen zu verringern und diese Veränderungen den Jugendlichen und ihren Eltern bewusst zu machen."

Die Fortbildung "Geprüfte/-r Verkaufsleiter/-in im Lebensmittelhandwerk", die gerade vom BIBB gemeinsam mit den Sozialpartnern und Sachverständigen aus der betrieblichen Praxis neu geordnet worden ist, zielt in diese Richtung: Sie eröffnet den ausbildungsinteressierten Jugendlichen Weiterbildungswege und Aufstiegsmöglichkeiten. Verkaufsleiter/-innen arbeiten überwiegend als Führungskräfte und leiten beispielsweise Filialen.

Erfolgschancen realistisch einschätzen

Darüber hinaus, so die BIBB-Forschungsergebnisse, sollte den Jugendlichen stärker deutlich gemacht werden, dass es selbst bei einer - aufgrund der demografischen Entwicklung - insgesamt entspannteren Situation auf dem Ausbildungsmarkt dennoch weiterhin viele Berufe gibt, in denen die Zugangschancen begrenzt sind. Nur wenn die Jugendlichen ihre Erfolgschancen realistisch einschätzen, können sie begründete Entscheidungen treffen und Enttäuschungen vermeiden.

Weitere Informationen im neuen BIBB REPORT 1/2016: "Warum nicht 'Fachverkäufer/-in im Lebensmittelhandwerk' anstelle von 'Kaufmann/-frau im Einzelhandel'? Berufsorientierung von Jugendlichen am Beispiel zweier verwandter und dennoch unterschiedlich nachgefragter Berufe". Die Ausgabe kann im Internetangebot des BIBB unter <link http: www.bibb.de bibbreport external-link-new-window zur berufswahl>www.bibb.de/bibbreport kostenlos heruntergeladen werden.

Quelle: Bundesinstitut für Berufsbildung (BIBB) vom 14.01.2016

Back to Top