Familienforschung

Familienpolitik: Eine Frage des „wie“

Als Handlungsfeld und als Thema ist die Familienpolitik flächendeckend in den Kommunen des Landes Nordrhein-Westfalen angekommen. Erhebliche Unterscheide zeigen sich jedoch bei der Frage des „wie“: Sowohl die jeweilige Zuständigkeit in den Kommunen und die Formen von Kooperation als auch die verfolgten Strategien und die eingesetzten Instrumente variieren deutlich.

06.12.2010

Ein roter Faden ist nicht zu erkennen. Das ist das zentrale Ergebnis der ersten repräsentativen Studie zur „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in NRW“, erstellt vom Zentrum für Interdisziplinäre Regionalforschung (ZEFIR) der Ruhr-Universität Bochum. Die Auswertung der Studie ist vor kurzem erschienen als Band 1 der neuen Schriftenreihe des Instituts „ZEFIR-Materialien“.

Bisher kaum Informationen

Welche Bedeutung die Familie als Politikfeld in den letzten Jahren gewonnen hat, ist unstrittig. Dabei sind die Kommunen als politische Akteure und Gestalter zunehmend in den Blickpunkt gerückt. „Über die Implementation von Familienpolitik in den Kommunen gibt es bisher allerdings kaum Informationen“, so Holger Wunderlich vom ZEFIR, Autor der Studie. Wo ist das Thema Familie in den Kommunen verankert? Welche Themen werden bearbeitet und mit welchen Instrumenten? Ist Familienpolitik ausschließlich Sache von Politik und Verwaltung oder sind auch andere Akteure eingebunden?

Jede zweite Kommune machte mit

Um Antworten auf diese und andere Fragen zu erhalten, hat ZEFIR alle 427 Kommunen in NRW schriftlich befragt. Nahezu jede zweite Kommune hat sich daran beteiligt. Der für die Analysen verwendete Datensatz umfasst 202 Kommunen, was einer ausgesprochen hohen Rücklaufquote von 47,3 Prozent entspricht. „Da es sich um eine Vollerhebung handelt und der Rücklauf sowohl bezogen auf die vier Gebietskörperschaftstypen als auch bezogen auf die Größe der Kommunen in seiner Zusammensetzung in einem hohen Maße der Verteilung der Kommunen in NRW entspricht, sind die Ergebnisse repräsentativ für das Land“, so Wunderlich.

Thema Nr. 1: Familie und Beruf

Das zentrale Thema für die Kommunen ist die „Vereinbarkeit von Familie und Beruf“. 58 Prozent geben dies als „besonders wichtig“ auf der Agenda an. Es folgen „Familie und Bildung“, Beratung und Selbsthilfeförderung sowie das Miteinander der Generationen. Die Befragung von ZEFIR zeigt aber auch: Zuständig für Familienfragen ist nach wie vor überwiegend das Jugendamt und der Jugendhilfeausschuss. Nur in etwa jeder dritten Kommune taucht der Begriff „Familie“ explizit in der Bezeichnung von Verwaltungsbereichen auf; in fast jeder fünften Kommune enthält der Name des für Familie zuständigen Ausschusses den entsprechenden Begriff. Innerhalb der Kommunalverwaltungen hat das Thema Familie einen deutlich unterschiedlichen Stellenwert. „Familienpolitik ist offensichtlich noch nicht als Querschnittsaufgabe in der Verwaltung angekommen“, lautet ein Fazit der Studie.

Beteiligung: „immer die gleichen anderen“

Zu den Strategien und Instrumenten, um Familienpolitik konkret umzusetzen, gehören vor allem Beteiligungsverfahren, familienorientierte Berichterstattung, Sozialraumorientierung sowie familienpolitische Leitbilder. In ca. jeder zweiten Kommune wird Familienpolitik sozialräumlich gestaltet, in mehr als einem Drittel der Kommunen gibt es ein Leitbild mit Aussagen zum Thema Familie und in fast jeder vierten Kommune existiert eine familienorientierte Berichterstattung. In drei Viertel der Kommunen werden Eltern, Jugendliche und/oder Kinder bei der Durchführung familienpolitischer Maßnahmen beteiligt. „Eines der Probleme im Feld der Beteiligung scheint jedoch zu sein, dass sich häufig genau diejenigen Familien, die aufgrund ihres Bedarfs im Mittelpunkt der familienpolitischen Aktivitäten stehen, nicht beteiligen - sondern immer die gleichen anderen“, heißt es in der Studie.

Mit dem Bedeutungszuwachs (noch) nicht Schritt gehalten

Das zentrale Fazit: Trotz zahlreicher Gemeinsamkeiten im Handlungsfeld Familienpolitik gibt es zum Teil deutliche Unterschiede zwischen den Kommunen. „Positiv kann dies so gedeutet werden, dass bei der Umsetzung von Familienpolitik in den Kommunen den unterschiedlichen Herausforderungen der Familien und verschiedenen Rahmenbedingungen Rechnung getragen wird“, so Wunderlich. „Einige Ergebnisse legen aber auch die Vermutung nahe, dass die Organisation und Institutionalisierung des Politikfeldes nicht überall mit seinem Bedeutungszuwachs Schritt gehalten hat.“

Bezug der Studie

Die Studie „Kommunalverwaltung und Familienpolitik in Nordrhein-Westfalen“ kann für 3 Euro (zzgl. 0,86 Euro Versandkosten) beim ZEFIR bestellt werden. Ein Bestellformular findet sich im Internet unter: http://www.rub.de/zefir

Quelle: Ruhr-Universität Bochum

 

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