Europäisches Parlament

Studie zu Bildung und Jugend in Europa nach COVID-19

Eine vom Ausschuss für Kultur und Bildung des Europäischen Parlaments angeforderte Studie zeigt: Die COVID-19-Pandemie stellte die Bildungssysteme und den Jugendsektor vor noch nie dagewesene und multidimensionale Herausforderungen und machte die mangelnde Vorbereitung in Bezug auf das Krisenmanagement und die Umsetzung digitaler Bildung deutlich. Zudem verstärkte sie bereits bestehende strukturelle Schwächen des Bildungsangebots.

10.05.2021

Da verschiedene Bereiche der Bildung und des Jugendsektors mit unterschiedlichen Herausforderungen konfrontiert waren, können wertvolle Lehren aus den politischen Reaktionen und bewährten Verfahren in ganz Europa gezogen werden. Das gemeinsame Ziel sollte sein, widerstandsfähigere Bildungssysteme aufzubauen, die auf künftige Krisen reagieren und sich anpassen können.

Auswirkungen der Pandemie variieren

Die Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Bildung und den Jugendbereich unterscheiden sich beispielsweise stark nach Bildungsniveau und Hintergrund der Lernenden:

  • Vorschul- und Grundschulbildung sind aufgrund der begrenzten Fähigkeiten von Schülern und Schülerinnen, selbstständig am Bildschirm zu arbeiten, kaum an virtuelle Umgebungen anpassbar. Infolgedessen war der Unterricht auf ein erhebliches Engagement der Eltern als Mit-Lehrende in Zeiten von Lockdowns angewiesen.
  • Die Abhängigkeit der Berufsausbildung von der praktischen Ausbildung und der Ausbildung am Arbeitsplatz führte zu einer erheblichen Verschlechterung des Bildungsangebots für Berufsschüler/-innen aufgrund der Vorgaben, Abstand zu halten. Der Großteil der praktischen Ausbildung wurde durch eine theoretische Ausbildung ersetzt, die nicht das gleiche Niveau der Kompetenzentwicklung wie der praktische Aspekt bietet.
  • Die Hochschulebene wird als am wenigsten von den Lockdowns betroffen wahrgenommen, was auf den Grad der Unabhängigkeit der Studierenden und die bereits bestehende Einbindung und Nutzung von Informations- und Kommunikationswerkzeugen und virtuellem Unterricht zurückzuführen ist. Allerdings wurde die Mobilität der Studierenden durch Reisebeschränkungen und nationale Lockdowns erheblich behindert.
  • Jugendaustausch- und Ausbildungsprogramme, die auf internationale Mobilität angewiesen sind, wurden ebenfalls unterbrochen. Um eine wirksame Unterstützung vor Ort zu gewährleisten, erlaubte die Europäische Union den Nationalen Agenturen, sich auf die Klausel der höheren Gewalt zu berufen, um Verzögerungen, zusätzliche Kosten und andere Anliegen im Zusammenhang mit Erasmus+-Projekten zu bewältigen.

Digitale Fähigkeiten gefragt

Auf allen Bildungsebenen hingen die Qualität und Kontinuität der Bildung stark von den (digitalen) Fähigkeiten und digitalen Kapazitäten der Lehrkräfte, Schüler/-innen und Familien ab. Darüber hinaus standen Kinder aus benachteiligten Verhältnissen vor Herausforderungen sowohl beim Zugang zu Bildung (d. h. Verfügbarkeit von Laptops und Internetverbindung) als auch bei der familiären Unterstützung und der häuslichen Lernumgebung.
Jugendbereich europaweit stark betroffen

Der nationale Jugendbereich war von den COVID-19-Sperrmaßnahmen stark betroffen. Jugendorganisationen sahen sich mit dem Verlust von Finanzmitteln, der Beendigung von Aktivitäten und Herausforderungen bei der Kontaktaufnahme mit gefährdeten Jugendlichen konfrontiert. Sie wurden auch oft aus dem Konsultationsprozess zur Bekämpfung der Pandemie ausgeschlossen. Ähnlich wie bei Erasmus+ wurden Verlängerungen und Erstattungen für die Aktivitäten des Europäischen Solidaritätskorps flexibler gestaltet. Aufgrund der Anfälligkeit von Jugendorganisationen waren die Auswirkungen der Force Majeure-Klausel für das ESK jedoch nicht so positiv wie für Erasmus+.

Empfehlungen ausgesprochen

Angesichts der Lehren, die aus der Krise gezogen werden können, schlägt der Bericht eine Reihe von Empfehlungen für ein robustes Vorgehen auf EU-Ebene zur Förderung eines widerstandsfähigeren Bildungs- und Jugendsektors in Europa vor. Wichtige Kernbereiche sind:

  • die Unterstützung kooperativer Entscheidungsfindung und des Krisenmanagements auf EU-Ebene im Zusammenspiel mit nationalen Maßnahmen,
  • die Unterstützung der Verbesserung der Qualität von und den Zugängen zu Bildung unabhängig davon, in welchem Rahmen sie angeboten wird,
  • die Entwicklung von Strategien für eine umfassende Unterstützung von Studierenden und jungen Menschen in den unterschiedlichsten Lernumfeldern und die Neugestaltung von Partnerschaften zwischen Elternhaus und Schule,
  • mehr Innovation bei der Förderung und Digitalisierung im Bildungs- und Jugendbereich,
  • mehr Inklusivität und Flexibilität bei den EU-Finanzierungsprogrammen im Bereich Bildung und Jugend und ihrer Reaktionsfähigkeit auf künftige Krisen.

Quelle: Susanne Klinzing für IJAB – Fachstelle für Internationale Jugendarbeit der Bundesrepublik Deutschland e.V. vom 04.05.2021

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