Bildungsforschung

BaWü: Neue Modellrechnung zur Entwicklung der Schüler- und Schulabgängerzahlen

Die demografische Entwicklung in Baden-Württemberg dürfte nach der aktuellen Modellrechnung des Statistischen Landesamts die Schülerzahl bis zum Schuljahr 2020/21 weiter auf rund 1,287 Millionen (−8 Prozent oder 110 000 gegenüber 2013/14) absinken lassen.

28.07.2014

"Der Rückgang der Schülerzahlen wird damit langsamer verlaufen als bisher erwartet," erläuterte Dr. Carmina Brenner, die Präsidentin des Statistischen Landesamts, heute vor der Presse gemeinam mit Kultusminister Andreas Stoch.

Der gegenwärtige Wandel in der Schullandschaft Baden-Württembergs, der unter anderem durch die Einführung der Gemeinschaftsschule, die Aufhebung der Verbindlichkeit der Grundschulempfehlung und die Umsetzung der Inklusion gekennzeichnet ist, erschwert die Vorausrechnung von Schülerzahlen. Die bisherige Praxis, die Rechnung als reinen Status-quo-Ansatz auf Erfahrungswerte der Vergangenheit zu stützen, kann bei solch grundlegenden Neuerungen nicht durchgehend angewandt werden. Hier sind stattdessen zusätzlich Annahmen über künftige Entwicklungen – zum Beispiel zum Ausbaufortschritt der Gemeinschaftsschulen – erforderlich. Die Modellrechnung des Statistischen Landesamts beschränkt sich daher auf eine kürzere Laufzeit als die vorangegangenen Berechnungen und endet mit dem Schuljahr 2020/21. Brenner äußerte auch die Absicht des Statistischen Landesamts, die Modellrechnung auf Basis der aktuellen Ergebnisse der amtlichen Schulstatistik in den nächsten Jahren jährlich zu aktualisieren.

An allgemeinbildenden Schulen bis 2020 fast 62 000 Schüler weniger

An den allgemeinbildenden Schulen wurden im Schuljahr 2013/14 insgesamt gut 1,038 Millionen Schüler gezählt.1 Bis 2020/21 könnte ihre Zahl um fast 62 000 (−6 Prozent) zurückgehen. Eine Stabilisierung der Geburtenzahlen dürfte dafür sorgen, dass die Schülerzahlen an den Grundschulen bis 2018/19 nur noch leicht absinken und anschließend wieder etwas ansteigen könnten. Gegenüber dem Schuljahr 2013/14 läge die Schülerzahl 2020/21 mit 357 400 nur um etwa 1 000 niedriger.

An den weiterführenden Schulen wird die Einführung der Gemeinschaftsschule aller Voraussicht nach für eine deutliche Verlagerung der Schülerzahlen sorgen. Die Annahmen zum weiteren Ausbau der Gemeinschaftsschulen ergeben in der Modellrechnung des Statistischen Landesamts für sie bis 2020/21 eine Zahl von 116 500 Schülerinnen und Schülern. Die Schülerzahl der Werkreal- und Hauptschulen würde demnach von gut 122 300 im Schuljahr 2013/14 bis 2020/21 auf 44 100 (−64 Prozent oder 78 200) zurückgehen und die Schülerzahl der Realschulen von knapp 224 600 auf 171 800 (−23 Prozent). Die Schülerzahl an den Gymnasien läge 2020/21 mit 254 100 um 29 000 (−10 Prozent) unter dem Wert des Schuljahres 2013/14.

Schülerzahl an beruflichen Schulen dürfte zunächst noch stabil bleiben

Rund 359 000 Schülerinnen und Schüler wurden im Schuljahr 2013/14 an den öffentlichen beruflichen Schulen im Bereich des Kultusministeriums ausgebildet. Bedingt durch den Ausbau der beruflichen Gymnasien und eine potenziell höhere Nachfrage nach Plätzen an Berufskollegs durch steigende Absolventenzahlen mit mittlerem Bildungsabschluss dürfte die Schülerzahl der beruflichen Schulen in den nächsten drei Schuljahren noch auf einem ähnlichen Niveau bleiben. Erst danach setzt sich die demografische Entwicklung durch und ergäbe nach den Annahmen der Modellrechnung für das Schuljahr 2020/21 eine Schülerzahl von 310 800 (−13 Prozent oder 48 200 gegenüber 2013/14).

Die Schülerzahl der Teilzeit-Berufsschulen wird wohl überdurchschnittlich stark zurückgehen, von gut 190 700 im Schuljahr 2013/14 auf 160 400 (−16 Prozent) im Schuljahr 2020/21. Der Ausbau der beruflichen Gymnasien führt in der Modellrechnung zunächst zu einem Anstieg ihrer Schülerzahl von etwas mehr als 58 600 im Schuljahr 2013/14 auf 61 800 (+5 Prozent) im Schuljahr 2015/16. Demografisch bedingt verringert sich die Schülerzahl dann bis 2020/21 wieder auf 56 700. Die Berufskollegs düften zunächst ihre gegenwärtige Schülerzahl von rund 46 400 in etwa konstant halten könnten. Erst im weiteren Verlauf dürfte diese dann bis 2020/21 auf 42 700 zurückgehen (−8 Prozent). Der erwartete Rückgang an Schulabsolventen mit Hauptschulabschluss könnte zu einem deutlichen Absinken der Schülerzahl der Berufsfachschulen2) um ein Viertel von 43 200 auf 32 400 im Schuljahr 2020/21 führen.

Öffentliche und private allgemeinbildende Schulen

An allen öffentlichen und privaten allgemeinbildenden Schulen3) in Baden-Württemberg könnte die Schülerzahl von etwas über 1,140 Millionen im Schuljahr 2013/14 auf gut 1,078 Millionen im Schuljahr 2020/21 zurückgehen, was einem Rückgang um gut 5 Prozent entspräche. An den öffentlichen und privaten beruflichen Schulen sinkt die Schülerzahl gemäß den Annahmen der Modellrechnung von rund 423 500 im Schuljahr 2013/14 um 13 Prozent auf 367 900 im Schuljahr 2020/21 ab. Ab dem Schuljahr 2017/18 könnte die Gesamtschülerzahl damit wieder unter 1,5 Millionen liegen.

Weiterhin hohes Niveau der Absolventenzahl mit Hochschulreife

Nach dem einmaligen Spitzenwert durch den gemeinsamen Abiturjahrgang der G8- und G9-Züge im Jahr 2012 mit insgesamt über 75 900 Hochschulreifezeugnissen hatten 2013 mit gut 50 500 wieder fast genau so viele Absolventen mit Hochschulreife wie 2011 die öffentlichen und privaten allgemeinbildenden und beruflichen Schulen verlassen. Ausgehend von diesem Niveau wird sich die Zahl der Absolventen mit Hochschulreife weiter positiv entwickeln. Der Höhepunkt wird nach der Modellrechnung 2016 mit 54 200 Hochschulreifezeugnissen erreicht (+7 Prozent gegenüber 2013). Erst 2020 würde deren Zahl wieder knapp unter die Marke von 50 000 sinken. Zusammen mit den 19 600 Absolventen mit Fachhochschulreife würden dann mit 69 300 kaum weniger Schulabsolventen eine Hochschulzugangsberechtigung erwerben als 2013, als es knapp 70 700 waren.

Durch den ersten Absolventenjahrgang der Werkrealschule neuer Art war 2013 ein deutlicher Anstieg der Absolventenzahl mit mittlerem Abschluss um 6 000 auf gut 69 500 zu verzeichnen. In den Folgejahren wird deren Zahl wieder zurückgehen und 2020 möglicherweise mit 59 100 wieder unter den Wert von 60 000 fallen. Der mittlere Abschluss bleibt aber beständig der am häufigsten erworbene. Die Zahl der Hauptschulabschlüsse wird weiter absinken. Für 2020 ergibt die Modellrechnung noch 18 200 Hauptschulabschlüsse im Vergleich zu 27 200 im Jahr 2013. Die ohnehin bereits geringe Zahl von Schulabgängen ohne Hauptschulabschluss dürfte von 5 500 im Jahr 2013 bis 2020 weiter auf 4 200 zurückgehen.

Quelle: Statistisches Landesamt Baden-Württemberg vom 25.07.2014

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