Deutscher Verein

Umsetzung des KJSG bedeutet Mehraufwand für die Träger der Kinder- und Jugendhilfe

Die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins für öffentliche und private Fürsorge e.V. nimmt Stellung zum Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG). Grundsätzlich wird die Weiterentwicklung des SGB VIII und der Ausbau des Unterstützungssystems für Kinder und Jugendliche begrüßt. Gleichzeitig weist der Deutsche Verein darauf hin, dass die Umsetzung der Regelungen teilweise zu erheblichen Herausforderungen insbesondere bei den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe führen wird.

04.11.2020

Der Deutsche Verein begrüßt die Weiterentwicklung des SGB VIII und die mit dem KJSG verfolgte Zielsetzung, Kinder und Jugendliche durch mehr Teilhabe, bessere Leistungsangebote und einen wirksameren Schutz umfassend zu stärken und die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe zu einem inklusiven, effizienten und dauerhaft tragfähigen und belastbaren Unterstützungssystem auszugestalten. Das SGB VIII in seiner heutigen Form stellt eine grundsätzlich gute gesetzliche Grundlage für die Kinder- und Jugendhilfe dar, die allerdings an einigen Stellschrauben den Entwicklungen der Zeit angepasst werden muss.

Gleichzeitig weist die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins darauf hin, dass die Umsetzung der Regelungen teilweise zu erheblichen Herausforderungen insbesondere bei den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe führen wird, unter anderem weil die Änderungen erhebliche fachliche Herausforderungen und einen damit verbundenen (Weiter-) Qualifizierungsbedarf mit sich bringen und an vielen Stellen Leistungs-ausweitungen und Mehraufwand für die Träger der Kinder- und Jugendhilfe verursacht werden. Die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins erwartet einen Ausgleich der finanziellen Mehrbelastung und die Berücksichtigung des kommunalen Selbstverwaltungsrechts. Im Entwurf werden zwar Mehraufwendungen genannt, aber es wird nicht beschrieben, wie diese im Rahmen der Konnexität durch den Gesetzgeber kompensiert werden sollen. Die Geschäftsstelle des Deutschen Vereins erwartet hierzu eine detaillierte Kostenfolgenabschätzung durch den Bund. Auch die Integration der Eingliederungshilfe für junge Menschen nach SGB IX in das SGB VIII wird zwischen den Leistungsträgern der Eingliederungshilfe und den Trägern der öffentlichen Jugendhilfe zu finanziellen Verschiebungen führen, die bei einer zukünftigen gesetzlichen Regelung mitbedacht werden müssen.

Aufgrund der Kürze der gesetzten Frist zur Stellungnahme konnte keine Beschlussfassung des Präsidiums des Deutschen Vereins erfolgen. Die Stellungnahme der Geschäftsstelle des Deutschen Vereins stützt sich dabei in weiten Teilen auf die Stellungnahme des Deutschen Vereins zum Kinder- und Jugendstärkungsgesetz im Jahr 2017. Die Geschäftsstelle weist ausdrücklich darauf hin, dass die darüber hinausgehenden Anmerkungen nicht abschließend sind und nimmt – ohne dem folgenden Diskussionsprozess seiner Gremien zu einem späteren Zeitpunkt vorgreifen zu wollen – zu ausgewählten Änderungsvorschlägen Stellung.

Die ausführliche Stellungnahme (PDF, 160 KB) steht auf der Webseite des Deutschen Vereins zum Download zur Verfügung.

Hintergrund

Der Diskurs zur Reform des SGB VIII wird seit 2016 intensiv auf Bundes-, Landes- und kommunaler Ebene geführt. Das Gesetzesvorhaben zu einem Kinder- und Jugendstärkungsgesetz (KJSG) im Jahr 2017 wurde auch nach intensiven Diskussionen und Veränderungen im Gesetzgebungsprozess im Bundesrat nicht abgeschlossen. Im Koalitionsvertrag für die 19. Legislaturperiode wurde deshalb vereinbart, dass das Kinder- und Jugendhilferecht auf Basis des in der letzten Legislaturperiode vom Bundestag beschlossenen Kinder- und Jugendstärkungsgesetzes weiterentwickelt werden soll. Wie dort vereinbart, wurde im Vorfeld des erneuten Gesetzesvorhabens ein breiter Dialog mit Akteuren aus Wissenschaft und Praxis der Kinder- und Jugendhilfe sowie der Behindertenhilfe und den Ländern und Kommunen im Dialogprozess „Mitreden – Mitgestalten: Die Zukunft der Kinder- und Jugendhilfe“ des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Jahr 2019 geführt.

Der Referentenentwurf eines Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen (KJSG-RefE 2020) wurde am 5. Oktober zur schriftlichen Anhörung an die Verbände versandt. Die Stellungnahmefrist lief bis zum 26. Oktober 2020.

Über den Deutschen Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V.

Der Deutsche Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. ist seit 140 Jahren das gemeinsame Forum für alle Akteure in der sozialen Arbeit, der Sozialpolitik und des Sozialrechts in Deutschland. Er begleitet und gestaltet die Kinder-, Jugend-, und Familienpolitik, die Grundsicherungssysteme, die Altenhilfe, die Pflege und Rehabilitation, das Bürgerschaftliche Engagement, die Planung und Steuerung der sozialen Arbeit und der sozialen Dienste, sowie die internationale und europäische Sozialpolitik und das Sozialrecht.

Quelle: Deutscher Verein für öffentliche und private Fürsorge e.V. vom 23.10.2020

Redaktion: Thekla Noschka

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