SGB VIII

Novellierung SGB VIII: AGJ sieht Widersprüche im Reformprozess

In einer neuen Stellungnahme warnt die Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ nachdrücklich vor den Folgen einer Umsetzung des vorgelegten Arbeitsentwurfes eines "Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen". Zwar werden langjährige Forderungen der AGJ aufgegriffen, doch die Novellierung des SGB VIII sei hochkomplex. Der Arbeitsentwurf des BMFSFJ werde den fachlichen Standards der Kinder- und Jugendhilfe an vielen Stellen noch nicht gerecht.

05.10.2016

Der Arbeitsentwurf des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend (BMFSFJ) vom 23. August 2016 eines "Gesetzes zur Stärkung von Kindern und Jugendlichen" (ArbeitsE) greift viele langjährige Forderungen der AGJ auf, wie zum Beispiel die nach einer Zusammenführung aller Kinder und Jugendlichen in der Kinder- und Jugendhilfe im SGB VIII. Aber nicht nur die inklusive Lösung soll umgesetzt werden, auch eine Stärkung von Kinderrechten wie von Elternrechten, eine Stärkung der Steuerungsverantwortung der Jugendämter und sozialräumlicher Angebotsstrukturen, eine Stärkung der Rechte von Kindern und Eltern im Verfahren der Leistungsgewährung sowie eine Effizienzsteigerung und signifikante Kostenreduzierung, Leistungserweiterungen und Qualitätsentwicklung und viele andere Ziele mehr sollen erreicht werden.

Nicht alle Veränderungsvorschläge entsprechen den Standards der Kinder- und Jugendhilfe

Am 25. Februar 2016 verabschiedete die AGJ unter dem Titel "Vielfalt gestalten, Rechte für alle Kinder und Jugendlichen stärken!" konkrete <link https: www.jugendhilfeportal.de fokus sgb-viii artikel novellierung-sgb-viii-widersprueche-im-reformprozess _blank external-link-new-window führt zum auf dem>Empfehlungen zum Reformprozess SGB VIII. Diese Empfehlungen sind weiterhin aktuell, die nun vorliegende Stellungnahme gleicht die dort dargelegten Positionen mit dem ArbeitsE des BMFSFJ vom 23. August 2016 ab. Es führt die Positionen, wo erforderlich, fort oder schärft diese und greift anlässlich der nunmehr vorgeschlagenen Regelungen weitere Aspekte auf. Eine detaillierte Auseinandersetzung mit allen Reformvorschlägen erfolgt dabei nicht. Die AGJ-Stellungnahme zu diesem Zeitpunkt zielt vielmehr darauf ab, aus Sicht der AGJ notwendige Änderungen des Reformvorhabens anzumerken.

Die AGJ warnt nachdrücklich vor den Folgen einer Umsetzung des vorgelegten Arbeitsentwurfes. Die Reform ist hochkomplex. Dass ein so großes Vorhaben wie das der "inklusiven Lösung" Auswirkungen auf eine Vielzahl unterschiedlicher weiterer Fragestellungen hat, ist unstrittig. Allerdings enthält der Arbeitsentwurf weitgehende Veränderungsvorschläge, die weder den einschlägigen Fachdiskursen über die Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendhilfe noch wissenschaftlich fundierten fachlichen Standards der Kinder- und Jugendhilfe gerecht werden.

Notwendige Änderungen des Reformvorhabens

Die AGJ hat in ihrer Stellungnahme folgende neun Punkte aufgeworfen, die im Reformprozess zu berücksichtigen sind, um den fachlichen Standards der Kinder- und Jugendhilfe gerecht zu werden und Widersprüche auszuschließen:

  1. Erziehung und Hilfe als Selbstverständnis der Kinder- und Jugendhilfe nicht aufgeben!
  2. Kinderrechte und Elternrechte statt Kinderrechte versus Elternrechte!
  3. Weiterentwicklung der Hilfen zur Erziehung statt Verbürokratisierung fachlicher Verfahren!
  4. Stärkung der Rechte der Leistungsberechtigten statt Normierung eines gelenkten Auswahlermessens!
  5. Förderung sozialräumlicher Angebote ohne Aushöhlung individueller Rechtsansprüche!
  6. Keine Finanzierungsregelungen ohne partnerschaftliches Zusammenwirken der Träger der öffentlichen und freien Kinder- und Jugendhilfe!
  7. Fortschritte der professionsübergreifenden Zusammenarbeit im Kinderschutz nicht gefährden!
  8. Ansprüche junger Volljähriger ja, aber inklusiv!
  9. Keine Länderöffnungsklauseln und keine Leistungsabsenkung für unbegleitete minderjährige Geflüchtete!

<link file:116174 download>>> Vollständige Stellungnahme "Novellierung SGB VIII: Widersprüche im Reformprozess" (PDF, 380 KB)

Nach Ansicht der AGJ verdienen die Anliegen der Reform gemeinsam weiter mit ganzer Kraft verfolgt zu werden. Wenn das Gesetz gegen die ausdrücklichen Bedenken der Fachwelt durchgesetzt würde, ist eine dauerhafte Spaltung von Politik und Fachwelt zu befürchten. Die AGJ appelliert deshalb an eine Besinnung auf die gemeinsam getragenen Ziele, sieht die gemeinsame Basis und setzt daher auf eine Fortsetzung des Ringens um eine fachlich gebotene Umsetzung im Interesse der jungen Menschen und ihrer Familien.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft für Kinder- und Jugendhilfe - AGJ

Redaktion: Kerstin Boller

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