Umwelt und Klima

Evangelische Jugend kämpft auf der Grünen Woche gegen Lebensmittelverschwendung

Mit einer Kiste voller Früchte kommen Nina und Carolin von ihrem Messerundgang zurück. Die beiden Standbetreuerinnen der Evangelischen Jugend in ländlichen Räumen (ejl) waren am späten Nachmittag losgezogen, um auf Deutschlands größter Ernährungsmesse, der Grünen Woche in Berlin, Lebensmittel zu finden, die am Abend aussortiert und in den Müll geworfen werden sollten.

27.01.2012

Äpfel und Birnen haben sie bekommen, aber auch jede Menge exotischer Früchte wie Orangen, Maracuja und Mandarinen. Manches können Nina und Carolina selbst nicht benennen – sicher ist: Wären sie nicht mit ihrer Kiste gekommen, wäre das Obst im Müll gelandet. Am nächsten Tag kommt neue Ware, da braucht es Platz.
 
Um diese Verschwendung von Nahrungsmitteln geht es der ejl mit ihrer Standaktion. Unter Leitung von ejl-Bildungsreferentin Tanja Rupprecht haben sich rund vierzig Jugendliche aus ganz Deutschland darauf vorbereitet, während der Grünen Woche auf die Kehrseite des Überflusses in unserem Land aufmerksam zu machen. Und das ist ihnen gelungen. EU-Landwirtschaftskommissar Dacian Cioloş zeigte sich am ejl-Stand ebenso begeistert von der Aktion, wie Bundesverbraucherschutzministerin Ilse Aigner, der Hannoversche Landesbischof Ralf Meister und Schleswig-Holsteins Ministerpräsident Peter Harry Carstensen. 
 
Wie viele Lebensmittel täglich im Müll landen, ist kaum zu beziffern. Die Welternährungsorganisation FAO geht davon aus, dass 30 Prozent der weltweit produzierten Nahrungsmittel - in Deutschland sind das etwa 250 Kilo pro Einwohner(in) und Jahr - weggeworfen werden: Spontankäufe im Supermarkt, auf die man abends keine Lust mehr hat; Mittagessen, das nicht gegessen wurde; Joghurts im Supermarkt, deren Mindesthaltbarkeitsdatum fast erreicht war; Kartoffeln, die bei der Ernte zu groß oder zu klein waren. Jede zweite Knollenfrucht muss weg, schätzen Expert(inn)en.
 
Valentin Thurn, der als Regisseur mit „taste the waste“ die Lebensmittelverschwendung in die Kinos brachte, kam mit einem Filmteam an den ejl-Stand und dokumentierte die Landjugend-Aktion. Lebensmittel nicht zu vergeuden sei eine Frage globaler Gerechtigkeit, sagte er. „Wir holen uns Nahrung nach Europa, die wir gar nicht bräuchten, dafür werfen wir Nahrung, die hier entsteht, einfach weg.“ – ein Schicksal dem die Früchte in Ninas und Carolins Kiste jetzt entgehen. 
 
Der Koch Wam Kat hat Erfahrung damit, Menschen mit Lebensmitteln, die im Müll landen sollten, satt zu machen. Gestern hatte er noch die Demonstrierenden am  Reichstag verköstigt – mit Zutaten, die er in der Großmarkthalle erbeten hatte – heute kocht der gebürtige Niederländer mit Nina, Carolina und den anderen von der ejl Marmelade. Wam Kat zeigt auf eine Frucht, deren Namen keiner kennt: „Zehntausend Kilometer nach Deutschland geflogen, um hier weggeschmissen zu werden – so ein Unsinn!“ Drei Stunden später hat Wam Kat seinen letzten Zug verpasst, der ihn zurück in sein Zwölf-Einwohner(inn)en-Dorf in Brandenburg bringen sollte. Doch die Kiste ist leer, Nina, Carolina und die anderen sind glücklich. Vor ihnen stehen 32 Gläser leckere Marmelade.

Quelle: Arbeitsgemeinschaft der Evangelischen Jugend in Deutschland e. V. (aej)

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