Umwelt und Klima
Agenda 2030: Verbände kritisieren deutsche Nachhaltigkeitspolitik
Elf zivilgesellschaftliche Verbände und Netzwerke haben einen Bericht zum Zustand nachhaltiger Entwicklung in Deutschland veröffentlicht. 42 Expert(inn)en analysieren darin verschiedene Baustellen deutscher Nachhaltigkeitspolitik – von der Steuergerechtigkeit, über Armutsbekämpfung, Gesundheitsvorsorge, bis hin zu Gewaltprävention. Sie fordern Veränderungen von der künftigen Bundesregierung und dem neuen Bundestag.
19.09.2017
„Deutschland ist noch meilenweit von einer nachhaltigen Entwicklung entfernt“, bilanzieren elf Spitzenverbände, Gewerkschaften und Nichtregierungsorganisationen in ihrem neuen Bericht „Großbaustelle Nachhaltigkeit – Deutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda | 2017“. 42 Expertinnen und Experten analysieren in dem Bericht wichtige Baustellen deutscher Nachhaltigkeitspolitik von der Steuergerechtigkeit, über Armutsbekämpfung, Gesundheitsvorsorge, Kohleausstieg bis hin zu Gewaltprävention. Messlatte ist die im Jahr 2015 von der Staatengemeinschaft verabschiedete Agenda 2030 mit den 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs).
Armut und Ungleichheit in Deutschland
Die SDGs gelten auch für Deutschland. Armut und Ungleichheit sind nicht nur Probleme des Südens. „Eine gute Lebenssituation ist Grundvoraussetzung für nachhaltiges Wirtschaften und Leben,“ sagt Kai Lindemann vom DGB. „In Deutschland leiden sehr viele Menschen unter sozialer Ungleichheit. Wir brauchen mehr Gerechtigkeit, sowohl zwischen, als auch in den Ländern, damit sozialer und ökologischer Fortschritt im Sinne der Agenda 2030 gewährleistet ist.“
Keine Entwicklungspolitik zur Abschottung
„Die internationale Politik Deutschlands muss sich konsequenter an den Menschenrechten und an verbindlichen Vereinbarungen wie der Agenda 2030 und dem Pariser Klimaabkommen orientieren,“ betont Ingrid Lebherz, Vorstandsmitglied des Verbands Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe (VENRO). „Doch gegenwärtig besteht die Gefahr, dass die Entwicklungspolitik zur Abschottung und zur Abwehr von Menschen auf der Flucht instrumentalisiert wird“, so Lebherz.
Wirkungsvolle Begrenzungen von CO2 und Luftschadstoffen
Barbara Metz, stellvertretende Bundesgeschäftsführerin der Deutschen Umwelthilfe ergänzt: „Ausgerechnet deutsche Umweltministerinnen und -minister betreiben seit 2005 bis heute offen Industriepolitik und kämpfen gegen wirkungsvolle Begrenzungen von CO2 und Luftschadstoffen. Ihre Untätigkeit hat mit dafür gesorgt, dass die Zivilgesellschaft heute für den Gesundheitsschutz der Bevölkerung klagen muss.“ Mit Vertrauen auf freiwillige Selbstverpflichtungen der Konzerne sei eine „Transformation“ nicht zu vollziehen.
Stärkung des zivilgesellschaftlichen Engagements und effektivere Mitsprachemöglichkeiten
„Das gleiche gilt für menschenrechtliche Sorgfaltspflichten für international tätige Unternehmen, die endlich gesetzlich festzuschreiben sind. Nachhaltige Entwicklung braucht darüber hinaus eine starke Zivilgesellschaft,“ bestätigt Julia Duchrow, Mitglied des Koordinierungskreises des Forums Menschenrechte. Für sie braucht es unter anderem „eine Stärkung von zivilgesellschaftlichem Engagement, u.a. durch effektivere Mitsprachemöglichkeiten in nationalen und internationalen Prozessen, sowie den nötigen Schutz für diejenigen, die sich für die Menschenrechte anderer einsetzen.“
Prävention von Hasskriminalität
„Der besorgniserregende Anstieg von Hasskriminalität in Deutschland – eine Verdreifachung seit 2010 – verweist auf dringenden Handlungsbedarf. Die nächste Bundesregierung muss weit mehr in Prävention investieren und der Spaltung unserer Gesellschaft entgegenwirken,“ ergänzt Christoph Bongard, Sprecher der Plattform Zivile Konfliktbearbeitung. Er fürchtet zudem, „dass langfristig Geld für Investitionen in nachhaltige Entwicklung fehlen wird, wenn die nächste Bundesregierung die Verteidigungsausgaben weiter steigert.“
Der gesamte <link https: www.2030report.de sites default files grossbaustelle schattenbericht_2017_170807_web.pdf external-link-new-window>Bericht „Großbaustelle Nachhaltigkeit – Deutschland und die globale Nachhaltigkeitsagenda | 2017“ (PDF 4,5 MB) steht auf der Webseite zum 2030 Report zum Download bereit.
Quelle: CorA – Netzwerk für Unternehmensverantwortung, Deutscher Bundesjugendring, Deutscher Gewerkschaftsbund, Deutscher Naturschutzring, Diakonie Deutschland, Forum Menschenrechte, Forum Umwelt und Entwicklung, Global Policy Forum, Netzwerk Steuergerechtigkeit, Plattform Zivile Konfliktbearbeitung und VENRO – Verband Entwicklungspolitik und Humanitäre Hilfe deutscher Nichtregierungsorganisationen vom 05.09.2017
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