Flucht und Migration
Migrationsbeauftragte fordert eine Offensive für die verstärkte Mitwirkung von Migranteneltern bei der Bildung und der Berufsorientierung ihrer Kinder
Auf der gestrigen Konferenz "Eltern können mehr! Interkulturelle Elternkooperationen für Berufsorientierung und Integration" in Köln betonte Staatsministerin Maria Böhmer die Notwendigkeit, dass "die Eltern die wichtigsten Ratgeber und Vorbilder für ihre Kinder" seien.
09.11.2011
Die Konferenz fand auf Initiative der Staatsministerin statt, um die Berufs- und Ausbildungschancen von jungen Migranten zu verbessern. Im Rahmen des Ausbildungspaktes von Politik und Wirtschaft hatte Böhmer zugesagt, Eltern- und Ausbildungskonferenzen durchzuführen. Seit dem vergangenen Jahr ist die Förderung von jungen Migranten neue Schwerpunktsetzung des Ausbildungspaktes. Noch immer haben junge Migranten fast doppelt so häufig keinen Schulabschluss (4,4 %) wie der Durchschnitt aller 18 bis 24-Jährigen (2,3 %). Zudem haben von den 25 bis 34-Jährigen aus Zuwandererfamilien 31,6 % keinen Berufs- oder Hochschulabschluss. Bei der gleichen Altersgruppe ohne Migrationshintergrund sind dies 14,9 %.
"Für den Zusammenhalt unseres Landes ist es von zentraler Bedeutung, die Anstrengungen für die Chancengleichheit von jungen Migranten zu intensivieren. Dazu gehört, die Migranteneltern in die Lage zu versetzen, ihre Kinder zu fördern. In vielen Fällen hindern Eltern mangelnde Sprachkenntnisse, sich einzubringen. Oder ihnen fehlen Informationen zum deutschen Bildungs- und Ausbildungssystem. Alle haupt- und ehrenamtlich Verantwortlichen in Kindergärten, Schulen und der Berufsberatung sind gefordert, die Eltern stärker einzubeziehen und ihnen deutlich zu machen: Bildung und Ausbildung haben einen hohen Stellenwert in unserem Land", so Böhmer.
"Zugleich appelliere ich an die Eltern, Unterstützungsangebote anzunehmen. Ihre Verantwortung für ihre Kinder endet nicht an der Schultür.
Engagieren Sie sich für eine gute Bildung und Ausbildung Ihrer Kinder", betonte die Staatsministerin. "Nur die Zusammenarbeit von allen- Schulen, Arbeitsagenturen, Unternehmen, Kammern, Stiftungen und den Eltern- führt zum Erfolg."
Auch Rosella Benati, Vorsitzende des COM.IT.ES Köln, weiß aus ihrer Arbeit, dass Migrantenjugendliche und ihre Eltern im Bildungsprozess unterstützt werden müssen. Und dies auf Augenhöhe und zielgruppenspezifisch: "Mehrsprachige Informationen und niedrigschwellige Beratungsangebote kommen bei Eltern, die im Ausland ihre Schullaufbahn durchlaufen haben, besonders gut an."
Die Industrie- und Handelskammer Köln und die Handwerkskammer Köln engagieren sich mit der "Beratungsstelle zur Qualifizierung ausländischer Nachwuchskräfte (BQN)" schon seit 20 Jahren in der elternorientierten Informationsarbeit, um dem nachlassenden Interesse an einer Berufsausbildung entgegenzuwirken. Ziel dabei ist es, Eltern, die keine Erfahrung mit dem deutschen Berufsbildungssystem haben, über den Wert beruflicher Bildung aufzuklären und Schülerinnen und Schülern die verschiedenen Karrieremöglichkeiten zu verdeutlichen. Für Gregor Berghausen, Geschäftsführer Bildung der IHK zu Köln, "sind junge Menschen mit Migrationshintergrund das Potenzial für den bevorstehenden erhöhten Fachkräftebedarf der Unternehmen."
Dass erfolgreiche Beispiele Schule machen, davon ist die 29-jährige Margarita Plati überzeugt. Seit 2002 ist die gelernte Bankkauffrau griechischer Herkunft beim BQN-Treff mit dabei. Eingestiegen zunächst als Ratsuchende ist sie seit geraumer Zeit selber als Beraterin aktiv. "Viele - Jugendliche wie Eltern - kennen sich im deutschen Ausbildungssystem überhaupt nicht aus. Wenn ich dann den Sachverhalt in der Muttersprache erklären kann, ist das für sie einfacher, authentisch und glaubwürdig. Und gleichzeitig liefere ich ja auch selber ein ganz gutes Beispiel dafür ab, dass man den Einstieg und die Ausbildung schaffen kann! Das macht allen Mut!"
Mark Speich, Geschäftsführer der Vodafone-Stiftung, hielt auf der Konferenz das Impulsreferat. Viele weitere konkrete Beispiele aus der Praxis zeigen im Rahmen der Tagung, wie es gelingt, Eltern aus Zuwandererfamilien bei Berufswahl und Ausbildungsplatzsuche stärker einzubinden. Erfolgreiche Modelle und Programme machen deutlich, wie der Übergang der Jugendlichen in das Erwerbsleben - und damit die Integrationschancen insgesamt - verbessert werden können. "Diese gute Praxis muss bekannt gemacht und verbreitet werden. Wir müssen Eltern besser informieren und motivieren, damit diese ihre Kinder unterstützen können", so Böhmers Fazit. "Denn Eltern können mehr!"
Quelle: Bundesregierung, PM vom 08.11.2011
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