Kinderschutz
Unabhängige Aufarbeitungskommission Kindesmissbrauch (UAK) beschlossen
Erstmals wird Missbrauch in Institutionen und in der Familie durch eine staatliche Kommission untersucht. Damit setzt Deutschland auch international bei der Aufarbeitung neue Akzente. Die Kommission soll im Januar 2016 starten.
09.07.2015
Der Deutsche Bundestag hat am 02.07.2015 einen Antrag der Regierungsfraktionen mit Zustimmung von Bündnis 90/Die Grünen angenommen. Die "Unabhängige Aufarbeitungskommission Kindesmissbrauch" (UAK) soll beim Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig, angesiedelt werden, im Januar 2016 ihre Arbeit aufnehmen und zunächst bis zum Ende der Amtszeit des Beauftragten, bis März 2019, tätig sein. Eine gesetzliche Grundlage wird es für die Kommission nicht geben. Auch die Finanzierung ist noch nicht abschließend geklärt. Die Einrichtung einer Kommission war seit Jahren eine zentrale Forderung von Betroffenen, weiteren Expertinnen und Experten und dem Beauftragten.
Formate und Ziele der Aufarbeitung
Die Aufarbeitungskommission soll u. a. Betroffene anhören, Zeitzeugen- und Expertengespräche führen und bereits vorliegende Aufarbeitungsberichte auswerten, dokumentieren und archivieren.
Darüber hinaus soll sie Forschungsaufträge initiieren, beispielsweise für die Aufarbeitung des Missbrauchs in Familien durch die Untersuchung von Straf-, Familiengerichts- und Jugendamtsakten. Ziel ist es, ein größeres gesellschaftliches Verständnis und eine höhere Sensibilität für Ausmaß und Folgen von Missbrauch für Betroffene und für die Gesellschaft zu schaffen.
Mitglieder der Kommission
Es sollen bis zu sieben Mitglieder aus den Rechts-, Erziehungs- und Geschichtswissenschaften sowie aus medizinischen, psychologischen oder (sozial-) pädagogischen Disziplinen im Herbst 2015 vom Beauftragten berufen werden. Der Kommission wird eine eigene Geschäftsstelle zugeordnet. Für Personal- und Sachkosten sollen der Kommission jährlich ca. 3 Millionen Euro zur Verfügung gestellt werden. Der Beauftragte sowie zwei Mitglieder des neuen Betroffenenrates beim Beauftragten sollen Gaststatus in der Kommission erhalten.
Rechtliche Grundlage und Finanzierung
"Eine gesetzliche Verankerung der Kommission konnte politisch nicht durchgesetzt werden", so Rörig. Dies hätte die künftige Arbeit der Kommission beim Persönlichkeits- und Datenschutz und bei der Einsichtnahme in Akten erheblich erleichtert. Jetzt sei es aber absolut wichtig, dass die Kommission ihre Arbeit aufnehme. Es werde sich bald zeigen, ob die Kommission vielleicht auf ein stärkeres rechtliches Fundament gestellt werden müsse. Wichtig sei, dass die Bundesregierung die notwendigen finanziellen Mittel jetzt schnell zusage. Das Familienministerium habe bereits Gelder in Aussicht gestellt.
"Ein ressortübergreifendes Zusammenwirken bei der Finanzierung der Arbeit der Kommission wäre ein deutliches Signal an Länder, Kommunen, Kirchen, organisierten Sport und Wohlfahrt, dass die Bundesregierung insgesamt der Aufarbeitung eine sehr hohe Priorität einräumt", betonte Rörig.
Internationaler Vergleich
Auch im europäischen und internationalen Kontext setzt Deutschland mit der Aufarbeitungskommission neue Akzente: Bisher wurde europaweit nur Missbrauch in konfessionellen oder nicht-konfessionellen Einrichtungen untersucht, weltweit die Familie durch eine staatliche Kommission noch nicht in den Blick genommen. Rörig: "Hier nimmt Deutschland bei der Aufarbeitung jetzt weltweit eine wichtige Rolle ein!"
Quelle: Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 02.07.2015.
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