Kinderschutz

Sexualerziehung und Schutz vor Missbrauch: zwei Seiten einer Medaille

Die Deutsche Liga für das Kind fordert eine altersgerechte und Grenzen wahrende Sexualpädagogik. Zu den Forderungen gehört zum Beispiel die flächendeckende Einführung von Schutzkonzepten in Kitas, geeignete Informationsmaterialien in verschiedenen Sprachen für Eltern oder die Verankerung verpflichtender sexualpädagogischer Inhalte in den Aus- und Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte.

15.10.2015

Jedes Kind hat das Recht auf Schutz vor sexuellen Übergriffen durch andere Kinder und vor sexuellem Missbrauch durch Jugendliche und Erwachsene. Dieses Schutzrecht gilt sowohl in der Familie als auch in sämtlichen Einrichtungen für Kinder. Damit dieses Recht tatsächlich verwirklicht wird, braucht jede Kita ein Schutzkonzept zur Vorbeugung von sexualisierter Gewalt und zur Intervention bei Anzeichen für sexuelle Übergriffe oder Missbrauch. Hierzu gehört auch, dass Eltern über die Bedeutung einer Grenzen wahrenden Sexualerziehung informiert und Kinder in ihrer psychosexuellen Entwicklung altersgerecht begleitet werden.

"Wenn es um Sexualerziehung geht, sind viele Eltern und auch zahlreiche Fachleute verunsichert. Eine Vermeidung oder sogar Tabuisierung des Themas hilft aber nicht weiter. Wir brauchen eine ganzheitliche Sexualpädagogik, die sich an den Bedürfnissen und Rechten der Kinder auf Schutz und altersgerechte Bildung orientiert", sagt Prof. Dr. Sabine Walper, Forschungsdirektorin am Deutschen Jugendinstitut (DJI) in München und Präsidentin der Deutschen Liga für das Kind. "Eine geschlechtergerechte Pädagogik sowie Sexualaufklärung und Sexualerziehung gehören ebenso dazu wie Präventions- und Interventionskonzepte zum Schutz der Kinder vor sexualisierter Gewalt."

Die Häufigkeit sexuellen Kindesmissbrauchs ist weiterhin hoch. So berichteten in einer bundesweit repräsentativen Befragung 7,4 Prozent der Frauen und 1,5 Prozent der Männer von Missbrauchserfahrungen mit Körperkontakt in Kindheit und Jugend, zumeist im familiären Nahbereich (Kriminologisches Forschungsinstitut Niedersachsen 2014). Zusätzlich zu dem Leid durch den Missbrauch kommt bei vielen Betroffenen das Leid durch ungeeignete Reaktionen, durch das Nicht-glauben-wollen sowie durch mangelnde Hilfe und Unterstützung.

Anlässlich ihrer wissenschaftlichen Jahrestagung "Kindliche Sexualität – Zwischen sexueller Bildung und Schutz vor Missbrauch" die am 9./10. Oktober im Thüringer Landtag in Erfurt sattfand, forderte die Deutsche Liga für das Kind:

  • die flächendeckende Einführung von Schutzkonzepten in Kitas zur Prävention und zur Intervention bei sexualisierter Gewalt, einschließlich altersgerechter Beschwerdemöglichkeiten,
  • geeignete Informationsmaterialien in verschiedenen Sprachen für Eltern über die Bedeutung einer Grenzen wahrenden Sexualerziehung,
  • eine kindgemäße Sexualaufklärung und Sexualpädagogik in der Kita sowie
  • die Verankerung verpflichtender sexualpädagogischer Inhalte in den Aus- und Fortbildungen für pädagogische Fachkräfte.

Johannes-Wilhelm Rörig, Unabhängiger Beauftragter für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, bekräftigte in seinem Eröffnungsvortrag: "Sexueller Missbrauch gehört leider noch immer zum Grundrisiko einer Kindheit. Deshalb muss in Prävention von sexueller Gewalt mehr investiert werden. Die Botschaft lautet: Missbrauch ist nicht unausweichlich, gegen Missbrauch gibt es Schutzkonzepte! Es muss unser Ziel sein, dass in Einrichtungen alle wissen, was sie zum Schutz der Kinder vor sexueller Gewalt beitragen können und sollen."

Quelle: Pressemitteilung der Deutschen Liga für das Kind vom 9.10.2015

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