Kinderschutz

Schwesig: Länder bauen Kinderschutz aus

Die Familien- und Jugendminister von SPD und Bündnis 90/Die Grünen haben rund ein Jahr nach Inkrafttreten des Bundeskinderschutzgesetzes eine erste Bilanz gezogen.

02.11.2012

"Der Schutz der Kinder in Deutschland ist in dieser Zeit weiter gestärkt worden", sagte Mecklenburg-Vorpommerns Sozialministerin Manuela Schwesig am Freitag in Schwerin. Ein wichtiger und guter Baustein ist dabei die Bundesinitiative "Frühe Hilfen" deren durchgehende Umsetzung in den Ländern viel dazu beigetragen hat, Kinder besser zu schützen und zu fördern.

Bereits vor der Erarbeitung des Bundeskinderschutzgesetzes haben die Länder durch Beschlüsse der Jugend- und Familienministerkonferenz sowie der Gesundheitsministerkonferenz mehrheitlich die Notwendigkeit einer Verzahnung bekräftigt. Unterstützung erhielten sie von Experten und Fachwelt. Ohne Erfolg - es blieb bei einer Absichtserklärung der Bundesregierung ohne konkreten Inhalt und einer einseitigen Präventionsverpflichtung auf Seiten der Kinder- und Jugendhilfe. Hier muss die Bundesregierung nachbessern und Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung zur Primärprävention verstetigen.

Ministerin Schwesig und ihre A-Länderkolleginnen und -kollegen werten das zum 1. Januar 2012 in Kraft getretene Bundeskinderschutzgesetz als einen richtigen Ansatz und Teilerfolg im Ringen um eine Stärkung des präventiven Kinderschutzes. Dieser Teilerfolg ist nicht zuletzt der Hartnäckigkeit der Länder im Vermittlungsausschuss zu verdanken, die sich für eine dauerhafte Beteiligung des Bundes an der Finanzierung Frühe Hilfen in Verantwortung der Kinder- und Jugendhilfe stark gemacht haben. Danach erhalten Länder und Kommunen Unterstützung beim flächendeckenden Auf- und Ausbau verbindlicher Strukturen durch eine bis 2015 angelegte Bundesinitiative "Netzwerke Frühe Hilfen und Familienhebammen", die anschließend in einen Fonds zur Sicherstellung der Netzwerke Frühe Hilfen und psychosozialen Unterstützung von Familien münden wird.

"Seit langem engagieren sich Länder und Kommunen im präventiven Kinderschutz", so Schwesig. Durch die Finanzierung erfolgreicher Projekte und Landesprogramme z.B. im Bereich Familienhebammen, welches u. a. auch in Mecklenburg-Vorpommern seit dem Jahr 2008 erfolgreich läuft, konnte die Arbeit zum Wohle der Kinder und ihrer Familien qualitativ und professionsübergreifend ausgebaut werden.

So gibt es in Brandenburg seit 2006 die Fachstelle Kinderschutz, die in allen Landkreisen und kreisfreien Städten Arbeitsgemeinschaften zum Kinderschutz begleitet. Bei den Jugendämtern existieren Funktionsstellen, die die AGs koordinieren. Darüber hinaus gibt es die Untersuchungen aller Kinder im Alter vom 30. bis zum 40. Lebensmonat durch den Öffentlichen Gesundheitsdienst. Zeitgleich wurde das "Netzwerk Gesunde Kinder" entwickelt und als zentrale Maßnahme in das Familien- und Kinderpolitische Programm des Landes Brandenburg aufgenommen. Hier arbeiten professionell angeleitete ehrenamtliche Patinnen und Paten bei der Betreuung junger Familien mit Ärzten, Schwangerschaftsberatungsstellen und Hebammen sowie Sozial- und Gesundheitsämtern zusammen. Die Patinnen und Paten unterstützen und begleiten Familien während der Schwangerschaft, nach der Geburt und in den ersten drei Lebensjahren des Kindes. Die Leistungen des Netzwerkes stehen allen brandenburgischen Familien kostenfrei offen.

Rheinland-Pfalz hat 2008 ein Landeskinderschutzgesetz verabschiedet, dass bundesweit vorbildlich ist: Denn es verpflichtet die Jugendämter zum Aufbau regionaler Netzwerke zum Schutz des Kindeswohls und zur Weiterentwicklung Früher Hilfe. Nur wenn dies gewährleistet ist, können die Kommunen die Landesförderung von insgesamt 1,4 Mio. € erhalten. Das Land unterstützt die Jugendämter bei dieser Aufgabe zudem durch die eigens eingerichtete Servicestelle Kinderschutz. Außerdem wurde mit dem Gesetz ein Einladungswesen zu kinderärztlichen Früherkennungsuntersuchungen etabliert, das zu einer Steigerung der Inanspruchnahme auf rund 99 % führte.

In Thüringen werden mit den Maßnahmen zur Stärkung des Kinderschutzes u. a. Fortbildungen der öffentlichen und freien Jugendhilfe im Bereich Kinderschutz einschl. der Entwicklungspsychologischen Beratung, (regionale) Kinderschutzkonferenzen und Fachveranstaltungen, Öffentlichkeitsarbeit, wie die Homepage Kinderschutz in Thüringen, diverse Flyer, Broschüren und Plakate, sowie konkrete Kinderschutzmaßnahmen, wie z. B. soziale Frühwarnsysteme, Kinderschutznetzwerkstellen, Erstbesuchsdienste, Familienhebammen und sonstige Frühe Hilfen gefördert.

Berlin hat mit dem Netzwerk Kinderschutz die Prävention und frühzeitige Intervention in Krisensituationen gestärkt. Dazu zählt u.a. eine jederzeit erreichbare Hotline Kinderschutz, die Ansprechstelle Kinderschutz in jedem Jugendamt, die bessere Vernetzung von Jugendhilfe, Gesundheitswesen und Polizei im Rahmen von regionalen AG Kinderschutz und Kinderschutzkonferenzen sowie ein verbindliches Einladungswesen zu Früherkennungsuntersuchungen. Weiterhin existiert seit September 2007 das Modellprojekt "Aufsuchende Elternhilfe". Dabei handelt es sich um ein niedrigschwelliges Angebot für werdende Mütter/Eltern (Erstgebärende) in prekären Lebenssituationen. Der Einsatzzeitraum beginnt im sechsten Schwangerschaftsmonat und dauert bis zum sechsten Lebensmonat des Kindes. Das Land Berlin gibt allein für das Modellprojekt jährlich 720.000 Euro aus.

In Baden-Württemberg zum Beispiel hilft das Förderprojekt "Entwicklung eines internetbasierten Weiterbildungskurses Frühe Hilfen und frühe Intervention im Kinderschutz" bei der Qualifizierung im Kinderschutz. In diesem Projekt wurde von der Universitätsklinikum Ulm (Klinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie/Psychotherapie) unter wesentlicher finanzieller Beteiligung des Sozialministeriums ein Internetbasierter Weiterbildungskurs "Frühe Hilfen und frühe Intervention im Kinderschutz" für Fachkräfte    in der Jugendhilfe, im Gesundheitsbereich, der Familiengerichtsbarkeit sowie der Beratung in den Frühen Hilfen entwickelt. Dafür standen rund 800.000 Euro zur Verfügung.

Zur Verbesserung des präventiven Kinderschutzes hat Nordrhein-Westfalen "Soziale Frühwarnsysteme" eingerichtet und flächendeckend mit einer Anschubfinanzierung gefördert. In den Sozialen Frühwarnsystemen arbeiten u.a. Geburtskliniken, Ärzte, Hebammen und Sachkundige der Gesundheitsämter verbindlich mit Erzieherinnen, Pädagoginnen und Fachkräften des Jugendamtes zusammen, um problematische Lebenslagen von Familien rechtzeitig erkennen und passende Hilfen geben zu können. Das Projekt "Soziale Frühwarnsysteme" will Familien unterstützen und entlasten, bevor aus kleinen Problemen große Krisen werden. Fast ein Drittel der Kindertageseinrichtungen arbeitet in NRW als Familienzentren und bieten flächendeckend Unterstützung. Mit einem Modellvorhaben "Kein Kind zurücklassen" werden alle Maßnahmen präventiv ausgerichtet und aufeinander abgestimmt.

Bereits seit 2006 wird in Schleswig-Holstein das erfolgreiche Landesprogramm "Schutzengel für Schleswig-Holstein" umgesetzt. Finanziert werden niedrigschwellige Maßnahmen der Frühen Hilfen, um sozialen und gesundheitlichen Risiken für Mutter und Kind in ihrem Lebensumfeld präventiv zu begegnen. Dazu zählen der Aufbau von lokalen Netzwerken, Unterstützungsangebote und die Ausbildung und der Einsatz von Familienhebammen. Zurzeit wird eine neue Förderrichtlinie entwickelt. Weiterhin werden den Kreisen und kreisfreien Städten jährlich je 30.000 Euro zur Verfügung gestellt. Seit 2008 ist das Landeskinderschutzgesetz in Kraft, in dem die Bereitstellung und Förderung von Frühen Hilfen gesetzlich verankert ist.Die Landesaktivitäten ergänzen das sehr große Engagement der Kreise und kreisfreien Städte in Schleswig-Holstein.

In Sachsen-Anhalt werden bereits seit 2009 im Landesprojekt  "Familienpaten" erfolgreich ca. 100 ehrenamtlich Engagierte qualifiziert und sind in Familien mit Unterstützungsbedarf tätig, um im Rahmen der Primärprävention frühzeitig sinnvolle Hilfestellungen bei der Bewältigung des Alltags zu geben. In allen kommunalen Gebietskörperschaften sind Netzwerke eingerichtet, die bereits sehr effektiv arbeiten und intensive Kooperations- und Vernetzungsbeziehungen zwischen den im Kinderschutz beteiligten Akteuren verschiedener Professionen aufbauen.

In Bremen hat in den vergangenen zehn Jahren die Entwicklung der aufsuchenden, stadtweiten Frühberatung für Familien vor und nach der Geburt bis zum Alter des Kindes von zwei Jahren eine große Rolle gespielt. Ein weiterer Schwerpunkt lag in der Entwicklung und Umsetzung von frühkindlichen Bildungsprogrammen in der Familie. Die Programme bestehen in der Regel aus einer Kombination von Hausbesuchen und Gruppenangeboten.

Das "Bündnis Kinderschutz Mecklenburg-Vorpommern" ist ein Modellprojekt, das die Fachkräfte der Jugendämter bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben im Kinderschutz seit dem 1. September 2010 fachlich unterstützt. Ziel ist es, den Aufbau und die Weiterentwicklung nachhaltiger Kooperations- und Netzwerkstrukturen zu befördern und die Handlungssicherheit von Fachkräften zu stärken. Grundlage bildet eine Kooperationsvereinbarung zwischen den Landkreisen und kreisfreien Städten, dem Land sowie der Start gGmbH als Projektträger. Das Angebot schließt Fall- und Fachberatung vor Ort, Workshops und Fachtage sowie wissenschaftliche Studien und Öffentlichkeitsarbeit ein. Gleichzeitig bietet das Bündnis ein Forum, um verschiedene Perspektiven und Erfahrungen austauschen und gemeinsame Handlungsansätze und -empfehlungen zu entwickeln.

Die Bundesinitiative ergänzt all diese bestehenden Aktivitäten nunmehr durch zusätzliche Maßnahmen. Präventiver Kinderschutz bedeutet jedoch auch "gesamtgesellschaftliche Verantwortung", betont Schwesig, - eine Verantwortung, der sich jedes System im Rahmen seiner Möglichkeiten stellen muss. Dies gilt insbesondere für die Gesundheitshilfe. Durch ihren direkten und nicht-stigmatisierenden Zugang zu (fast) allen Eltern kann sie gezielt zu einem gesunden Aufwachsen von Kindern und Jugendlichen beitragen.

Quelle: Gemeinsame Pressemitteilung der Länder Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Bremen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Sachsen-Anhalt, Schleswig-Holstein und Thüringen, herausgegeben von: Ministerium für Arbeit, Gleichstellung und Soziales des Landes Mecklenburg-Vorpommern vom 02.11.2012

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