Missbrauchsbeauftragter fordert Kommission zur Aufarbeitung sexueller Gewalt auf

„Das Hearing ist das erste öffentliche Forum auf Bundesebene, das sich mit der gesellschaftspolitischen Verantwortung für eine unabhängige, umfassende und systematische Aufarbeitung sexuellen Missbrauchs befasst“, betont der Unabhängige Beauftragte für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs, Johannes-Wilhelm Rörig. „Das enorme Ausmaß und die schwerwiegenden Folgen des sexuellen Kindesmissbrauchs müssen endlich bei der breiten Öffentlichkeit ankommen“, so Rörig, „erst dadurch kann das gesellschaftliche Bewusstsein geschärft und eine umfassende und wirkungsvolle Ächtung des Missbrauchs erreicht werden.“

„Anfang des Jahres 2014 sollte die Bundesregierung eine unabhängige Kommission berufen. Die Weichen hierfür könnten noch in diesem Jahr gestellt werden“, so Rörig. Aufgabe dieser Kommission soll die Anhörung von Betroffenen in geeigneten Formaten, die umfassende wissenschaftliche Untersuchung von Missbrauch in allen Bereichen (Familie, weiterer privater und sozialer Bereich, Institutionen, sexuelle Übergriffe unter Jugendlichen und Kindern und durch das Internet) und die Veröffentlichung von Berichten sein. Die Kommission soll eng mit Wissenschaft und Forschung zusammenarbeiten und Betroffene einbeziehen. Institutionen und Einrichtungen sollen durch die Arbeit der unabhängigen Kommission aber nicht aus ihrer eigenen Pflicht zur Aufarbeitung und Verantwortungsübernahme entlassen werden.

Dem Prozess der Aufarbeitung widmet sich der erste Teil des Hearings. Betroffene, die im Jahr 2010 an die Öffentlichkeit gegangen sind, und die Aufklärer der ersten Stunde Margarita Kaufmann, ehemalige Schulleiterin der Odenwaldschule, und Pater Klaus Mertes SJ, ehemaliger Rektor des Canisius-Kolleg, werden zu Wort kommen. Es folgen Vorträge, u.a. von Judge Sean Ryan, Vorsitzender der „Ryan-Kommission“ in Irland. Am Nachmittag diskutieren Dr. Christine Bergmann, Bundesministerin a.D., Marcus Bocklet, Mitglied im Hessischen Landtag, Prof. Dr. Micha Brumlik, Erziehungswissenschaftler und Publizist, und Peter Wensierski, Journalist und Buchautor, über die politischen Perspektiven für eine unabhängige Aufarbeitung, deren Ausgestaltung und konkrete Forderungen an die Bundespolitik. In den Wahlprogrammen für die Bundestagswahl 2013, so Rörig, und im Regierungsprogramm der nächsten Legislaturperiode solle dem Thema Kindesmissb rauch und seiner unabhängigen Aufarbeitung ein hoher Stellenwert eingeräumt werden.

„Ich freue mich besonders, das Hearing mit der Verlesung eines Grußworts des Bundespräsidenten Joachim Gauck an die Teilnehmenden eröffnen zu können“, betont Rörig, „es drückt den Betroffenen Anteilnahme und Respekt aus und unterstreicht den wichtigen Prozess der Aufarbeitung.“

Das Hearing wird moderiert von Prof. Dr. Sabine Andresen und Matthias Katsch, Mitglieder des Fachbeirats beim Unabhängigen Beauftragten und Sprecherin bzw. Sprecher der „Konzeptgruppe Aufarbeitung“, die das Hearing inhaltlich und fachlich konzipiert hat.

Im Anschluss an das Hearing setzen der Unabhängige Beauftragte, Betroffene und Teilnehmende vor dem Brandenburger Tor gemeinsam ein Zeichen gegen Missbrauch: Mit weißen Planen rollen sie das weiße „X“, das Symbol der Kampagne „Kein Raum für Missbrauch“, auf dem Pariser Platz aus. Passanten können sich an der Aktion beteiligen.

Das letzte Hearing von insgesamt vier Hearings der Veranstaltungsreihe „Dialog Kindesmissbrauch“ wird am 6. Juni 2013 zum Thema strafrechtliche Verfolgbarkeit durchgeführt werden. Die Dialogreihe ist eine Initiative des Unabhängigen Beauftragten und des bei ihm angesiedelten Fachbeirats.

Programmablauf und weitere Informationen zum Hearing unter: <link http: www.beauftragter-missbrauch.de _blank external-link-new-window external link in new>www.beauftragter-missbrauch.de

Quelle: Pressemitteilung des Unabhängigen Beauftragten für Fragen des sexuellen Kindesmissbrauchs vom 29.4.2013

Redaktion: Anneli Starzinger