Kinderschutz

Hilfsorganisationen engagieren sich im Kampf gegen Genitalverstümmelung

Der baldige Start des Kinofilms "Wüstenblume" nach der Autobiografie des somalischen Models Waris Dirie hat die Aufmerksamkeit auf ein wichtiges und innen- wie außenpolitisch schwieriges Thema gelenkt: weibliche Genitalverstümmelung als schwerwiegende Kinder- und Menschenrechtsverletzung.

17.09.2009

Die Kinderhilfsorganisationen Plan International, Kindernothilfe, ChildFund Deutschland und World Vision engagieren sich nachdrücklich im Kampf gegen diese menschenverachtende Praktik und werben für gemeinsame Anstrengungen von Regierungen, Hilfsorganisationen und Betroffenen zum nachhaltigen Schutz der Mädchen vor dieser Tradition.

Afrikanische und europäische Regierungen haben sich durch internationale Konventionen dazu verpflichtet, die Kinderrechte weltweit durchzusetzen und gegen diskriminierende Praktiken vorzugehen. Viele afrikanische Staaten haben bisher Verbote und Strafen gegen Genitalverstümmelung erlassen. Jürgen Thiesbonenkamp, Vorstandsvorsitzender der Kindernothilfe, erklärt:"Für unsere Arbeit sind die Konventionen und nationalen Gesetze eine wichtige Referenz, aber die Menschen orientieren sich erst daran, wenn sie sie für sich als gut und nützlich erkannt haben. An Aufklärungsarbeit und konstruktiven Dialogen über Alternativen zur bisherigen Norm führt kein Weg vorbei." So konnte in Äthiopien die Zahl verstümmelter Mädchen in acht Distrikten von 62 auf 25 Prozent reduziert werden.

Kinder in ihrem Umfeld zu stärken und ihre Zukunftsperspektiven nachhaltig zu verbessern, ist das vorrangige Ziel der genannten Organisationen, die seit vielen Jahren mit Projekten der Entwicklungszusammenarbeit in Afrika tätig sind. "Um Mädchen kümmern wir uns besonders, weil sie auf vielfache Weise benachteiligt sind und in ihren Rechten verletzt werden," betont Marianne M. Raven, Geschäftsführerin von Plan International Deutschland. "Plan Deutschland unterstützt in fünf afrikanischen Ländern Projekte zur Abschaffung weiblicher Genitalverstümmelung. Über lokal angepasste Strategien und die enge Zusammenarbeit mit Partnern vor Ort haben wir gute Erfolge erreicht. In Guinea haben sich seit Projektbeginn vor anderthalb Jahren zum Beispiel fünf Gemeinden als beschneidungsfrei erklärt. Unsere Arbeit gegen Genitalverstümmelung zielt auch immer darauf ab, die Stellung von Mädchen und Frauen in den Gemeinden grundsätzlich zu stärken und sie über ihre Rechte aufzuklären."

"Viel Leid könnte verhindert werden, wenn Bildungs- und Gesundheitssysteme in afrikanischen Ländern besser ausgestattet wären, um alle Menschen mit Informationen zu erreichen und Vorsorge schon bei Kleinkindern einzusetzen", meint Christoph Waffenschmidt, Vorstandsvorsitzender von World Vision. "Wir fordern dies bei Regierungen ein und leisten unseren Beitrag durch materielle Hilfe und Fortbildung. Von uns unterstützte Lehrkräfte, Schülerclubs und Gesundheitsstationen haben beispielsweise in Mali und Kenia gute Erfolge in der Aufklärungsarbeit, aber auch bei der Werbung für Alternativriten. In unseren Projektregionen ist die Offenheit für Diskussionen über schädliche Praktiken gewachsen und die Praxis der Genitalverstümmelung auf dem Rückzug, weil wir mit der Bevölkerung einen konstruktiven Dialog führen und das Thema nicht isoliert behandeln."

Trotz großer Sympathie für Forderungen nach unmittelbaren Ergebnissen im Kampf gegen diese Praktik erinnern die Organisationen daran, dass Waris Diries Plädoyer zur Achtung der menschlichen Würde auch für die Wahl der Mittel und im Umgang mit den afrikanischen Familien gelten muss. "Wir haben es nicht mit Verbrechern zu tun, sondern mit Eltern, die ihre Töchter integriert und versorgt sehen möchten", betont Jörn Ziegler von ChildFund Deutschland. "Es ist uns wichtig, die Betroffenen in allen Projektmaßnahmen partnerschaftlich zu beteiligen und mit Respekt zu behandeln. Wer das nicht tut, ersetzt eine Menschenrechtsverletzung durch eine andere und kann sein Ziel, selbstbestimmte Entwicklung zu fördern, niemals erreichen."

Immer wieder auftretenden Forderungen, Entwicklungshilfe nur dort zu leisten, wo die Praxis der Genitalverstümmelung aufgegeben wurde, erteilt die Hauptdarstellerin des Films, Liya Kebede, die sich als UN-Botschafterin für Mütter-Kind-Gesundheit engagiert, eine klare Absage. In einem Interview mit World Vision erklärte sie: "Das wäre ganz schlecht. Wandel geschieht dort, wo die Organisationen arbeiten. Ich habe es gerade wieder in Äthiopien gesehen."

Quelle: PM Plan International Deutschland e.V. vom 16.09.2009

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