Kinderschutz

Bayern etabliert die Initiative „Trau dich!“ zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs

Kinderrechte, körperliche Selbstbestimmung und sexueller Kindesmissbrauch sind die Themen des Theaterstücks „Trau dich!“. Es ist zentrales Element der bundesweiten Initiative „Trau dich!“ zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs des Bundesfamilienministeriums und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung. Bayern erhielt nun als drittes Bundesland die Lizenz zur Weiterführung der Initiative.

25.10.2019

Nach erfolgreicher Durchführung in einzelnen Kommunen wurde vom Bayerischen Staatsministerium für Familie, Arbeit und Soziales (StMAS) und dem Bayerischen Staatsministerium für Unterricht und Kultus (StMUK) eine bayernspezifische Konzeption zur Weiterführung in Abstimmung mit der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) erarbeitet. Am 24. Oktober 2019 erfolgte der Startschuss zur bayernweiten Etablierung. Die Umsetzung erfolgt gemeinsam vor Ort durch Jugendämter und Schulen.

Teil des bayerischen Gesamtkonzepts zum Kinderschutz

Die Etablierung der Präventionsinitiative „Trau dich!“ durch die Kommunen vom Schuljahr 2019/2020 an ist ein weiterer wichtiger Baustein zur Prävention von sexueller Gewalt im Rahmen des Bayerischen Gesamtkonzepts zum Kinderschutz. Insbesondere werden die interdisziplinäre Zusammenarbeit und der Schulterschluss an der Schnittstelle von Jugendhilfe und Schule vertieft und weiter optimiert.

Bereits 2016 startete die Initiative in Nürnberg als Kooperation mit dem Freistaat Bayern mit dem Ziel, Mädchen und Jungen über ihre Rechte aufzuklären, ihr Selbstbewusstsein zu stärken und sie zu informieren, wo sie im Bedarfsfall Hilfe finden. Das Theater Ensemble Radiks übernimmt die Inszenierung des Theaterstücks. In den Schuljahren 2019 bis 2021 werden ca. 30 Aufführungen landesweit für Schülerinnen und Schüler der 3. bis 6. Jahrgangsstufe in ganz Bayern veranstaltet.

Veranstalter ist die jeweilige Kommune. Der Freistaat Bayern unterstützt diese mit Mitteln aus der Stiftung „Bündnis für Kinder“ (BüKi) der Bayerischen Staatsregierung. Vor der jeweiligen Aufführung des Theaterstücks sind vorbereitende Veranstaltungen mit den Lehrkräften und den ausgewählten Klassen sowie ein Elternabend verpflichtende Bestandteile der Präventionsinitiative. Zur Sicherstellung einer landesweit qualifizierten Durchführung von „Trau dich!“ erfolgen durch AMYNA e.V. im Vorfeld jeder Aufführung Schulungen für Jugendamt, Schule sowie spezialisierte Fachberatungsstellen. Die Finanzierung wird ebenfalls durch die Stiftung „Bündnis für Kinder“ der Bayerischen Staatsregierung sichergestellt.

Kinder bestärken, nein zu sagen und sich Hilfe zu holen

Bundesministerin Dr. Franziska Giffey betonte dazu: „Die Initiative ‚Trau dich!‘ steht für gute Präventionsarbeit. Ich freue mich deshalb, dass Bayern als nun schon drittes Bundesland nach erfolgreicher Kooperation mit dem Bund die Initiative mit einem Theater vor Ort weiterführt. Wir wollen, dass jedes Kind erkennen kann, wann Grenzen überschritten oder Regeln missachtet werden. Es ist unser Ziel, Kinder zu bestärken, nein zu sagen und sich Hilfe zu holen. Bei Schulungen für Fachkräfte und Elternabenden nimmt ‚Trau dich!‘ aber auch Erwachsene in den Blick: Das ist ebenso wichtig, denn die Erwachsenen haben die Verantwortung, hinzusehen und zu handeln, damit jedes Kind frei von sexualisierter Gewalt aufwachsen kann.“

Präventionsarbeit an der Schnittstelle zwischen Jugendhilfe und Schule

Bayerns Familienministerin Kerstin Schreyer erklärte: „Sexuelle Gewalt gegen Kinder ist eines der schrecklichsten Verbrechen! Die Kinder leiden oft ein Leben lang unter diesen Taten. Jeder Einzelne trägt Verantwortung dafür, dass unsere Kinder gewaltfrei aufwachsen und sich bestmöglich entwickeln können. Sie haben ein Recht darauf, umfassend geschützt zu werden. Die bundesweite Initiative ‚Trau dich!‘ ergänzt unser Bayerisches Gesamtkonzept zum Kinderschutz an der wichtigen Schnittstelle zwischen Kinder- und Jugendhilfe und Schule. Ich freue mich, dass nun so viele Kinder in Bayern die Möglichkeit erhalten, das Theaterstück zu sehen. Selbstbewusste Kinder, die sich trauen, das Thema anzusprechen, Grenzen zu ziehen und sich frühzeitig Hilfe zu holen, sind der beste und nachhaltigste Schutz vor sexuellem Missbrauch.“

Hilfe, Rat und Unterstützung bieten

Prof. Dr. Michael Piazolo, Bayerischer Staatsminister für Unterricht und Kultus, sagte: „Leider trifft es bei Verbrechen oft die, die sich am wenigsten wehren können. So ist es auch bei sexuellem Kindesmissbrauch. Ich sehe es als eine ganz wesentliche Aufgabe, unsere Schülerinnen und Schüler bestmöglich zu sensibilisieren und aufzuklären. Es darf hier keine Tabus geben. Wir müssen den jungen Menschen Hilfe, Rat und Unterstützung bieten. Wir müssen hinschauen statt übersehen. Wir wollen jungen Menschen helfen, ein eventuelles Fehlverhalten von Erwachsenen frühzeitig zu erkennen. In der bundesweiten Initiative ‚Trau dich!‘ arbeiten wir Hand in Hand mit unseren Kommunen sowie mit der Kinder- und Jugendhilfe. Denn eine Kindheit sollte so unbeschwert und glücklich wie nur möglich sein. Und wir sind es unseren Kindern schuldig, alles dafür zu tun.“

Anzahl der Betroffenen um sechs Prozenz gestiegen

Dr. Heidrun Thaiss, Leiterin der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung, merkte anlässlich der Lizenzübergabe an: „Wir freuen uns sehr, dass der Freistaat Bayern als drittes Bundesland ‚Trau dich!‘ als Präventionsmaßnahme weiterführt. Durch die Erteilung der Lizenz zur eigenen Inszenierung und Aufführung des Theaterstücks ‚Trau dich!‘ an das Theater Ensemble Radiks ist es uns gelungen, die bewährte bundesweite Initiative zur Prävention des sexuellen Kindesmissbrauchs flächendeckend und nachhaltig in einem dritten Bundesland zu verankern.“

Auch Landrat Thomas Karmasin betont die Bedeutung der Fortsetzung der Initiative: „Ich bin sehr froh, dass es mit ‚Trau dich!‘ hier bei uns im Landkreis nun weitergeht!“ und verwies auf aktuelle Zahlen: „In Deutschland waren laut Bundeskriminalamt im vergangenen Jahr 14.410 Kinder von sexueller Gewalt betroffen – pro Tag sind das im Schnitt 40 Kinder, die Dunkelziffer nicht mitgezählt. Im Vergleich zum Vorjahr 2017 ist die Anzahl der Betroffenen damit um sechs Prozent gestiegen, nachhaltige Prävention ist uns daher wichtiger denn je!“.

Über „Trau dich!“

Bis heute kooperieren zehn Bundesländer mit der Bundesinitiative „Trau dich!“: Bayern, Mecklenburg-Vorpommern, Bremen, Rheinland-Pfalz, Schleswig-Holstein, Sachsen, Baden-Württemberg, Hessen, Hamburg und Berlin. Nach Hessen und Mecklenburg-Vorpommern ist Bayern das dritte Bundesland, das die Umsetzung der Initiative verstetigt hat. Bundesweit wird die Initiative bis Ende 2022 fortgeführt und neue Bundesländer werden als Kooperationspartner hinzugewonnen. Bei der Planung und Umsetzung arbeitet die BZgA eng mit den zuständigen Ministerien der Bundesländer und weiteren Partnerinnen und Partnern zusammen.

Mit der Verstetigung der Initiative in Bayern wird die Strategie von „Trau dich!“ weiterverfolgt, Eltern und pädagogische Fachkräfte für das Thema sexueller Missbrauch zu sensibilisieren und sprach- und handlungsfähig zu machen. Im direkten Zusammenhang mit den Aufführungen werden dafür Fortbildungsveranstaltungen und Elternabende angeboten sowie das Hilfesystem vor Ort eingebunden. Alle Eltern erhalten vor den Aufführungen Informationen über das Theaterstück und Hinweise für das Gespräch mit ihren Kindern. Für sie bietet die Initiative „Trau dich!“ einen Eltern-Ratgeber an. Die Lehrkräfte und Fachkräfte der Kinder- und Jugendhilfe bilden sich durch Fachberatungsstellen vor Ort weiter. Ein Methodenheft bietet Anregungen zur Vor- und Nachbereitung des Theaterstücks.

Eltern und pädagogische Fachkräfte finden alle Informationen auf der Webseite www.multiplikatoren.trau-dich.de.

Das Online-Portal www.trau-dich.de spricht Kinder mit altersgerechten Informationen direkt an.

Für die niedrigschwellige Beratung und Hilfe kooperiert die BZgA mit der kostenfreien, bundesweiten „Nummer gegen Kummer“ (116111), einem Beratungstelefon für Kinder und Jugendliche.

Quelle: Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vom 24.10.2019

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