Flucht und Migration
Zuwanderung und Diskriminierung: Wer anders aussieht, fühlt sich stärker benachteiligt
Wie nehmen Menschen mit sichtbarem Migrationshintergrund Diskriminierung in Deutschland wahr? Eine Untersuchung des Forschungsbereichs beim Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration (SVR) liefert erstmals Erkenntnisse zum Zusammenhang zwischen Diskriminierung und phänotypischer Differenz in Deutschland.
17.01.2018
In Deutschland leben Menschen aus allen Ländern der Welt; jeder Fünfte hat eine Zuwanderungsgeschichte. Zur Frage, welche Rolle die äußerlich wahrnehmbaren Merkmale des Migrationshintergrundes bei Diskriminierung spielen, liegen kaum Forschungsergebnisse aus Deutschland vor. Der Policy Brief „Wo kommen Sie eigentlich ursprünglich her? Diskriminierungserfahrungen und phänotypische Differenz in Deutschland" (pdf 433 KB) zeigt nun erstmals: Menschen, deren Äußeres auf eine Zuwanderungsgeschichte hinweist, fühlen sich weitaus häufiger diskriminiert als Zugewanderte, deren Erscheinungsbild sich nicht durch Merkmale wie Hautfarbe oder Kopftuch von der Mehrheitsbevölkerung abhebt. Sie berichten zu 48 Prozent von erlebter Diskriminierung, und sogar zu 59 Prozent, wenn sie zusätzlich Deutsch mit einem Akzent sprechen. Dagegen berichten Menschen, die zwar einen Migrationshintergrund haben, sich aber nicht sichtbar oder hörbar von der Mehrheitsbevölkerung unterscheiden, davon nur zu 17 Prozent. Eine offenkundig andere Herkunft wird in Deutschland also als Nachteil erlebt.
Diskriminierungserfahrungen nach Herkunftsgruppen
Die Untersuchung, die von der Stiftung Mercator gefördert wurde, zeigt auch: Die Diskriminierungserfahrungen unterscheiden sich zwischen den Herkunftsgruppen erheblich. Während 54 Prozent der Menschen türkischer Herkunft Diskriminierung erleben, ist dies bei Zugewanderten aus der EU mit 26 Prozent deutlich seltener der Fall. Spät-/Aussiedlerinnen und Spät-/Aussiedler liegen mit 34 Prozent ebenso wie Personen mit einem Migrationshintergrund aus der „übrigen Welt“ mit 40 Prozent dazwischen. Einen großen Effekt hat auch die Religionszugehörigkeit von Menschen mit Migrationshintergrund: Zugewanderte muslimischen Glaubens berichten deutlich häufiger davon, sich diskriminiert zu fühlen (55 %), als Zugewanderte mit christlicher (29 %) oder ohne Religionszugehörigkeit (32 %).
Herkunft als Barriere für gleichberechtigte Teilhabe
Diese subjektive Einschätzung der Befragten ist nicht mit objektiver, also tatsächlich stattfindender Diskriminierung gleichzusetzen: Einerseits ist nicht jede Benachteiligung für die Betroffenen erkennbar, andererseits können sie bestimmte Situationen auch fälschlicherweise als diskriminierend einstufen. Die Sicht der Betroffenen gibt allerdings Auskunft darüber, ob und wie stark Herkunft als Barriere für gleichberechtigte Teilhabe empfunden wird.
„In den vergangenen Jahrzehnten hat die kulturelle Diversität in Deutschland stetig zugenommen“, sagt Dr. Cornelia Schu, Direktorin des SVR-Forschungsbereichs. „Für den gesellschaftlichen Zusammenhalt wird es daher immer wichtiger, allen Menschen unabhängig von ihrer ethnischen Herkunft eine chancengleiche Teilhabe zu ermöglichen und Ausgrenzung entgegenzutreten.“
Hintergrund
Die Untersuchung des SVR-Forschungsbereichs beruht auf den Daten des SVR-Integrationsbarometer 2016. Dafür wurden bundesweit 5.396 Personen befragt, davon über 4.000 mit und rund 1.300 Personen ohne Migrationshintergrund; die Befragung erfolgte zwischen März und August 2015. Die Ergebnisse sind repräsentativ.
Weitere Informationen: www.svr-migration.de/Forschungsbereich
Quelle: Sachverständigenrat deutscher Stiftungen für Integration und Migration vom 16.01.2018
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