Flucht und Migration

Zahl der Asylbewerber erreicht neues Allzeithoch

Das Bundesamt für Migration und Flüchtlinge erwartet in diesem Jahr bis zu 800.000 Flüchtlinge, etwa vier Mal so viele Menschen wie im Vorjahr. Deutschland müsse sich auch künftig auf hohe Flüchtlingszahlen einstellen, sagte der Bundesinnenminister bei der Vorstellung der neuen Zahlen.

21.08.2015

Bundesinnenminister Dr. Thomas de Maizière hat die Öffentlichkeit am vergangenen Mittwoch (19.08.2015) über die aktualisierte Prognose zu der für das Jahr 2015 zu erwartenden Zahl von Asylanträgen informiert. Zuvor hatte der Minister bereits die Chefinnen und Chefs der Staats- und Senatskanzleien der Länder über die neue Datenbasis zur Entwicklung der Flüchtlingszahlen in Deutschland unterrichtet.

Das Bundesministerium des Innern rechnet damit, dass in diesem Jahr bis zu 800.000 Asylbewerber bzw. Flüchtlinge nach Deutschland kommen werden. Das wären etwa viermal so viele Menschen wie im Vorjahr.

Hintergründe der Prognose

Dass die erwartete Zahl an Menschen, die in Deutschland um Asyl ersuchen, im Vergleich zur Frühjahrsprognose rund doppelt so hoch ausfällt, ist zunächst vor allem auf den nicht vorhersehbaren dramatischen Anstieg der Einreisezahlen seit Juni und Juli 2015 zurückzuführen. So sind allein im Juli fast 83.000 Personen nach Deutschland eingereist, während für den noch laufenden Monat August gar eine noch höhere Zahl erwartet wird.

Anders als vorherige Prognosen stellt die aktuelle Datenbasis nicht mehr nur auf die Zahl der gestellten Asylanträge, sondern auf die deutlich darüber liegenden tatsächlichen Zugänge ab. Die Differenz kommt dabei vor allem dadurch zustande, dass viele Asylsuchende bereits vor der Asylbeantragung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) von den Ländern an die Kommunen weitergeleitet werden, sodass eine Asylantragstellung teilweise erst mit einer erheblichen Zeitverzögerung möglich ist. Das BAMF geht in seinen Berechnungen von derzeit rund 100.000 Personen aus, die sich bereits in Deutschland befinden und (erst) beabsichtigen, einen Asylantrag zu stellen.

Eine Abschwächung dieser Entwicklung ist derzeit nicht zu erwarten. Die Gründe hierfür sind vielschichtig: Zum einen hat etwa u.a. die Migration über die Ägäis und den Balkan erheblich zugenommen - mit der Folge einer drastischen Verschärfung der Situation in Griechenland. Außerdem gibt es derzeit keine Anzeichen für eine positive Entwicklung in den migrationsrelevanten Konfliktregionen des Nahen Ostens, am Horn von Afrika und in Nordafrika. Schließlich brauchen auch notwendige EU-Ansätze zur Steuerung der Migrationsströme (u.a. Hotspots in Griechenland und Italien, Unterstützung der Transitstaaten in Afrika und auf dem Balkan) Zeit, um ihre Wirkung zu entfalten.

Maßnahmen zur Bewältigung der Flüchtlingsströme

Angesichts der Entwicklung der Zahlen sprach der Bundesinnenminister von einer "Herausforderung für uns alle, die wir in Bund, in den Ländern und in den Kommunen Verantwortung tragen". Um diese gemeinsam bewältigen zu können, wird ab der kommenden Woche ein gemeinsamer Koordinierungsstab aus Bund und Ländern seine Arbeit aufnehmen, in dem alle in diesem Zusammenhang relevanten Fragestellungen - soweit sie keine Rechtsänderung betreffen - abgestimmt werden sollen.

Mit klaren Worten betonte der Minister, dass Deutschland sich auf auch künftig hohe Flüchtlingszahlen einzustellen habe. Es sei daher an der Zeit, neue Wege zu gehen, pragmatische Lösungen zu finden und Europa noch stärker in den Blickpunkt zu rücken.

Dabei stellte de Maizière klar: "Jeder Flüchtling, der nach Deutschland kommt, muss würdig, sicher und anständig aufgenommen und untergebracht werden. Jeder hat das Recht auf ein faires Verfahren und darauf, in Deutschland nicht angegriffen oder beleidigt zu werden. Hass, [...] Angriffe auf Asylbewerber oder Asylbewerbereinrichtungen sind unseres Landes unwürdig. Wir werden dem mit aller Härte entgegentreten."

Mit der Beschleunigung der Asylverfahren und der erfolgten und noch beabsichtigten personellen Verstärkung des BAMF seien bereits wichtige Schritte zur Bewältigung der durch die Flüchtlingsströme erwachsenden Herausforderungen getan worden. Die Erhöhung der Kapazitäten der Erstaufnahmeeinrichtungen und die Verbesserung der Unterbringungsmöglichkeiten in den Ländern seien weitere Zielstellungen, an denen aktiv gearbeitet werde, so der Minister weiter.

Eine deutliche Aussage traf der Bundesinnenminister in diesem Zusammenhang auch zur verstärkten Unterstützung der Kommunen: "Der Bund hat zugesagt, insbesondere die Kommunen ab dem nächsten Jahr dauerhaft, strukturell und dynamisch zu entlasten und ihnen Hilfestellung zu geben. Noch im September soll es dazu Entscheidungen geben." 

Schließlich betonte de Maizière die zentrale Rolle Europas bei der Bewältigung der Flüchtlingsströme. Deutschland werde weder seine europäischen Partner noch die Europäische Kommission aus der Verantwortung entlassen. Auch eingedenk des europäischen Solidaritätsgedankens forderte er abschließend: "Die Reform des Dublin-Systems hin zu einer fairen europäischen Lastenteilung mit festen Aufnahmequoten muss vorangetrieben werden. Auf Dauer wird es Schengen ohne Dublin [...] nicht geben können. [...] Kontrollfreie Grenzen werden auf Dauer keinen Bestand haben ohne eine wirkliche europäische Asylpolitik".

Weitere Informationen zu den aktuellen und erwarteten Zahlen der Asylanträge und zu den Herkunftsländern der Antragsteller stehen auf den Internetseiten des <link http: www.bmi.bund.de shareddocs pressemitteilungen de _blank external-link-new-window zur meldung des>Bundesinnenministeriums und des <link http: www.bamf.de shareddocs meldungen de _blank external-link-new-window zur asylprognose des>Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge zur Verfügung.    

Quelle: Bundesministerium des Innern vom 19.08.2015 

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