Flucht und Migration

Studie: Kommunale Flüchtlingspolitik in Deutschland

Kommunen organisieren Wohnungen, Sprachkurse und Arbeitsgelegenheiten. Sie sind Orte der Debatte und der Begegnung. Eine Studie hat nun die Gestaltungsspielräume von Städten, Landkreisen und Gemeinden in der Flüchtlingspolitik untersucht."Kommunen werden häufig als letztes Glied in der Kette deutscher Flüchtlingspolitik betrachtet. Dies ist jedoch eine Fehlwahrnehmung", sagt Hannes Schammann, Juniorprofessor für Migrationspolitik an der Universität Hildesheim und einer der beiden Autoren der Studie.

12.10.2016

Kommunen stehen im Fokus der Flüchtlingszuwanderung. Sie organisieren Wohnungen, Sprachkurse und Arbeitsgelegenheiten. Sie sind Orte der Debatte und der Begegnung. Hier entscheidet sich, ob Integration gelingt. Eine Studie der Universität Hildesheim im Auftrag der Friedrich-Ebert-Stiftung hat nun die Gestaltungsspielräume von Städten, Landkreisen und Gemeinden in der Flüchtlingspolitik untersucht. Die Expertise ist ab sofort online verfügbar. Die Autoren spüren den aktuellen Entwicklungen in der kommunalen Flüchtlingspolitik anhand zahlreicher Beispiele nach. Die Arbeit der Ausländerbehörden wird ebenso betrachtet, wie die Koordination des ehrenamtlichen Engagements, der Ausbau von KiTa-Plätzen, die Gesundheitsversorgung oder die Frage der Finanzierung. Insgesamt analysieren sie elf Handlungsfelder kommunaler Flüchtlingspolitik und entwickeln Empfehlungen für Politik und Praxis.
Kommunen gestalten Flüchtlingspolitik

„Kommunen werden häufig als letztes Glied in der Kette deutscher Flüchtlingspolitik betrachtet. Dies ist jedoch eine Fehlwahrnehmung“, sagt Hannes Schammann, Juniorprofessor für Migrationspolitik an der Universität Hildesheim und einer der beiden Autoren der Studie. „Weil Bund und Länder ungelöste Konflikte auf die Kommune delegieren, wird die Kommune zur eigenständigen Politikgestalterin.“ Die letzten Monate hätten gezeigt, dass die Kommunen willens und in der Lage seien, Verantwortung für die Integration der Flüchtlinge zu übernehmen, so Schammann weiter. Ein Blick in die flüchtlingspolitische Praxis zeige aber auch, dass sich Kommunen ihrer Spielräume nicht immer bewusst seien. Manchmal scheuten sich Behörden auch davor, ihre Spielräume auszunutzen und verwiesen auf die vermeintliche Zuständigkeit von Land oder Bund. „Daraus entsteht dann ein Teufelskreis der Verantwortungsverschiebung“, so Schammann.

Flüchtlingszuwanderung als Katalysator für Neuorganisation vor Ort

Boris Kühn, Flüchtlings- und Integrationsbeauftragter in der kommunalen Praxis und Co-Autor der Studie, betont die schwierige Koordination zwischen verschiedenen Akteuren innerhalb der Verwaltung: „Während manche Behörden auf Integration setzen, versuchen andere in derselben Kommune eine abschreckende Wirkung zu entfalten. Mancherorts haben sich so über die Jahre unterschiedliche Handlungslogiken etabliert und zahlreiche Widersprüche angesammelt.“ Vor diesem Hintergrund sei die Flüchtlingszuwanderung des Jahres 2015 ein regelrechter Katalysator gewesen: „Das Thema steht im Fokus und man erkennt die Bedeutung eines kohärenten Vorgehens innerhalb der Kommune. Darin liegt eine große Chance.“ Es führe auch dazu, dass die Organisation lokaler Flüchtlings- und Integrationspolitik neu strukturiert wird. Kühn: „Hier ist viel in Bewegung. Wenn sich Kommunen über ihre Praxis intensiv austauschen, können sich erfolgreiche Modelle verbreiten.“

Unterstützung durch den Bund

Die Studie gibt auch Anregungen, was der Bund tun könnte, um die Kommunen in ihren anstehenden Aufgaben der Integration zu unterstützen. Für Schammann sind drei Punkte zentral: „Erstens muss der Bund seinen eigenen Aufgaben in effizienter Weise nachkommen: Schnelle Asylverfahren helfen den Kommunen ganz direkt. Zweitens sollten vorwiegend symbolische Regelungen, wie das Asylbewerberleistungsgesetz oder die Orientierung an der Bleibeperspektive, auf ihre Sinnhaftigkeit und Praxistauglichkeit überprüft werden. Sie verkomplizieren die Arbeit vor Ort und bewirken faktisch wenig. Drittens geht es darum, Integrationsprozesse von Geflüchteten nachhaltig zu unterstützen. Dazu ist neben genügend finanzieller Unterstützung auch ein enger inhaltlicher Austausch zwischen Bund, Ländern und Kommunen notwendig.“

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Quelle: Universität Hildesheim vom 29.09.2016

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