Gutachten

Kinderrechte in Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete

JUMEN e.V. hat im November 2021 gemeinsam mit terre des hommes e.V. ein Gutachten zu Kinderrechten in Aufnahmeeinrichtungen für Geflüchtete veröffentlicht. Es legt dar, dass die Verletzung von Kinderrechten einen Anspruch auf zeitnahe Entlassung der Minderjährigen und ihrer Familien aus der Aufnahmeeinrichtung begründen kann.

29.11.2021

Das Gutachten „Der Anspruch auf Entlassung aus einer Aufnahmeeinrichtung für minderjährige Geflüchtete und ihre Familien unter besonderer Berücksichtigung der Kinderrechte“ soll eine weitere Möglichkeit aufzeigen, wie kinderrechtliche Ansprüche im Umgang mit Kindern und Jugendlichen und ihren Familien berücksichtigt werden können. Es legt dar, dass die Verletzung von Kinderrechten (zum Beispiel Bildung und Gesundheit) durch die Art der Unterbringung in Aufnahmeeinrichtungen einen Anspruch auf zeitnahe Entlassung der Minderjährigen und ihrer Familien aus der Aufnahmeeinrichtung begründen kann. Weiter werden mögliche Wege aufgezeigt, diesen Anspruch auch gerichtlich durchzusetzen.

Zentrale Ergebnisse des Gutachtens

  1. Die juristischen Möglichkeiten zur Beendigung eines Aufenthalts in Aufnahmeeinrichtungen aufgrund der spezifischen Situation von Kindern und Jugendlichen sind bislang wenig bis gar nicht diskutiert bzw. in gerichtlichen Verfahren genutzt worden. Zugleich gibt es an dieser Stelle Handlungsmöglichkeiten, um Kinder und Jugendliche bei der Durchsetzung ihrer individuellen Rechte zu unterstützen.
     
  2. Der Gesetzgeber sieht in § 49 Abs. 2 AsylG die Möglichkeit vor die Verpflichtung zum Aufenthalt in einer Aufnahmeeinrichtung aufgrund einer Verletzung des Schutzguts der öffentlichen Sicherheit zu beenden. Zu diesem zählen auch die individuellen Rechte von Kindern und Jugendlichen in Aufnahmeeinrichtungen und die Einhaltung von unions- und völkerrechtlichen Bestimmungen. Unter Bezugnahme auf das Schutzgut der öffentlichen Sicherheit können sich für betroffene Kinder und Jugendliche Ansprüche zur Beendigung des Aufenthalts ergeben, die über besonders gelagerte Härtefälle hinausgehen.
     
  3. Die Verweigerung des Zugangs zu Rechten wie das Recht auf Bildung oder eine angemessene gesundheitliche Versorgung können zu einer Beendigung des Aufenthalts in Aufnahmeeinrichtungen vor Ablauf der im Gesetz festgelegten Aufenthaltsdauer von maximal sechs Monaten und zu einer Zuweisung in eine Kommune führen. Betroffene Kinder und Jugendliche haben die Möglichkeit vor den zuständigen Gerichten ihre individuellen Rechtsansprüche geltend zu machen. Die Ausgangslage, die geprüften Fallkonstellationen und die Ergebnisse des Gutachtens weisen auf einen akuten politischen Handlungsbedarf hin: die Rechte geflüchteter Kinder und Jugendlicher in Aufnahmeeinrichtungen werden regelmäßig missachtet, es braucht neue, umfassende juristische Argumentationen und eine gerichtliche Praxis, um die Rechte zu sichern. Denn Aufnahmeeinrichtungen sind kein Ort für Kinder.

Veröffentlichung

Das vollständige Gutachten umfasst 57 Seiten und steht als PDF-Datei auf der Internetseite jumen.org zum Download bereit.

Redaktion: Kerstin Boller

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