Flucht und Migration

Integration junger Flüchtlinge – Themenschwerpunkt im SOS-Fachportal

Die Einrichtungen des SOS-Kinderdorf e.V. engagieren sich seit Jahren intensiv für Kinder, Jugendliche und Familien. Der Themenschwerpunkt diskutiert nun Gelingensbedingungen der Integration von jungen Menschen mit Fluchterfahrungen. Im Gespräch berichten Fach-und Führungskräfte von ihren Erfahrungen in der interkulturellen Arbeit, von Herausforderungen und Erfolgsfaktoren.

17.06.2016

Flüchtlingsfamilien erreichen, begleiten und integrieren

"Ich höre aktiv zu und versuche, die Ressourcen der Menschen aufzuspüren", sagt Anisa Saed-Yonan. Vor 30 Jahren ist die Psychologin und Psychotherapeutin selbst aus Syrien nach Deutschland gekommen, seit gut zwölf Jahren berät sie in der interkulturellen Beratungsstelle im SOS-Kinderdorf Berlin u. a. auf Arabisch, Aramäisch und Kurdisch. Rund 70 Prozent der Familien, die derzeit bei Saed-Yonan Rat suchen, sind durch Erfahrungen vor und während ihrer Flucht psychisch belastet, zum Teil schwer traumatisiert. Im Interview gibt die Psychologin Einblick, worin sich die Belastungen äußern, wie sie damit umgeht und was den Menschen in dieser Situation hilft. Yvonne Lüders, Bereichsleiterin für die Offenen Familienhilfen im Münchener Osten, geht darauf ein, was Kinder und Familien in Gemeinschaftsunterkünften brauchen und wie es gelingt, sie in offenen Angeboten zu integrieren: "Es kommt darauf an, die Familien in unsere Strukturen im Sozialraum einzubinden, damit sie in unserem Alltag ankommen. Es geht um Befähigung und Inklusion, genau darum, keine Extrawelt zu schaffen für Flüchtlinge." Wie lebendig ihre Einrichtung seit dem verstärkten Zuzug von Flüchtlingsfamilien ist, schildert Sabine Genther, Leiterin des SOS-Mütterzentrums Salzgitter. Beim Einbeziehen der neuen Besucherinnen und Besucher hat sie die Erfahrung gemacht: "Über die Begegnung, über das Erleben des Fremden entsteht Verständnis. Die Menschen, die auch vorher schon kamen, müssen nur das Gefühl haben, sie kommen auch noch vor. Wenn jeder genug bekommt und das Gefühl hat, er wird gesehen, dann sind Menschen unglaublich bereit, etwas abzugeben, tolerant zu sein und zusammenzurücken."

Vom Clearing bis zur Verselbstständigung

Wie alle jungen Menschen in der Kinder- und Jugendhilfe benötigen auch die unbegleiteten minderjährigen Flüchtlinge ein individuell auf sie abgestimmtes Angebot, eine gute Begleitung bei Übergängen und pädagogische Fachkräfte, die Zeit für sie haben, ihnen Wertschätzung und Anerkennung entgegenbringen. "Die jungen Flüchtlinge haben schon in früher Kindheit erlebt, dass ihre Familie aufgrund von Krieg und Gewalt auseinander gebrochen ist. Wenn sie nach ihrer lebensgefährlichen Flucht hier ankommen, sind sie oft sehr lebenstüchtig, aber emotional unterversorgt", so Karin Heck, Bereichsleiterin im SOS-Kinderdorf Saarbrücken. Am Beispiel von Mustafa schildert die Sozialpädagogin, welche Stationen ein Jugendlicher durchläuft, der ohne Begleitung Erwachsener in Deutschland ankommt, und zeichnet einen typischen Weg nach. Herbert Stauber, Leiter des SOS-Kinderdorfs Düsseldorf geht darauf ein, wie sich – gerade in Notsituationen – auch ohne Vorbereitung schnell und pragmatisch Lösungen entwickeln lassen und was die jungen Menschen in der Erstunterbringung bewegt. 

Naser, ehemals unbegleiteter minderjähriger Flüchtling, über seinen Weg in die Eigenständigkeit

Naser, ein ehemals unbegleiteter minderjähriger Flüchtling aus Afghanistan, erzählt von seiner Ankunft in Saarbrücken und seinem Weg in ein eigenständiges Leben – mit Ausbildung und eigener Wohnung. Mittlerweile spricht Naser fließend Deutsch und steht kurz vor seiner Abschlussprüfung zur Fachkraft im Gastgewerbe. Er ist stolz auf das, was er erreicht hat, zugleich hat er viele Pläne im Kopf: "Ich mache auf jeden Fall meine Ausbildung fertig und arbeite ein paar Jahre. Und dann will ich vielleicht noch mein Abitur machen und studieren." 

Interkulturelle Öffnung in der Kinder- und Jugendhilfe

Was die interkulturelle Öffnung für Organisationen und Einrichtungen der Kinder- und Jugendhilfe konkret bedeutet und wie sie gelingen kann, ordnet Dr. Hubertus Schröer ein. Der ehemalige Jugendamtsleiter und Integrationsbeauftragte der Stadt München leitet heute das Institut für interkulturelle Qualitätsentwicklung München und ist seit 2008 Verwaltungsratsmitglied im SOS-Kinderdorf e. V. Schröer beschreibt, was der Umgang mit Vielfalt für das Handeln der Fachkräfte heißt, und betont, dass es auch im Zusammenhang mit interkultureller Kompetenz immer auf die Grundsätze guter Sozialer Arbeit ankommt, also auf Lebenswelt- und Sozialraumorientierung. Mehr zum Thema Integration junger Flüchtlinge bei SOS-Kinderdorf erfahren Sie im  SOS-Fachportal.

Redaktion: Annika Klauer

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