Flucht und Migration

IfW: Ohne Familiennachzug keine Integration

Sollte während der Koalitionsverhandlungen an den Ergebnissen der Sondierungsgespräche festgehalten werden, wird nach Einschätzung von Claas Schneiderheinze, Migrationsexperte am Institut für Weltwirtschaft (IfW), die soziale und wirtschaftliche Integration von Flüchtlingen maßgeblich erschwert.

29.01.2018

Die weitere Aussetzung des Familiennachzugs für subsidiär Geschützte und eine zukünftige Beschränkung auf 1.000 Menschen pro Monat vermitteln den Flüchtlingen, dass sie nicht willkommen sind. „Inhalt und Signalwirkung dieser Beschlüsse sind für die Integration von Flüchtlingen verheerend und stehen in keinem Verhältnis zur Anzahl potenzieller Nachzügler“, erläutert Schneiderheinze, der im Rahmen des MEDAM-Projekts zu Asyl- und Migrationsfragen forscht.

Tatsächlich ist ein Großteil der Flüchtlinge entweder ledig und kinderlos oder hat seine Kernfamilie bereits nach Deutschland gebracht. Auch für Personen mit subsidiärem Schutz war das bis März 2016 möglich. Zudem wurden die Versorgungsengpässe von 2015 und 2016 durch den strukturierten Aufbau einer entsprechenden Infrastruktur überwunden, so dass der Nachzug einer überschaubaren Anzahl an Familienmigranten kaum Schwierigkeiten bereiten würde.

Umetikettierung bei den Aufenthaltstiteln führt zu Denkfehlern

Gegnerinnen und Gegner des Familiennachzuges weisen darauf hin, dass der Aufenthaltstitel des subsidiären Schutzes als Ausnahmeregelung für Härtefälle gedacht ist, die relativ kurzfristig in ihre Heimat zurückkehren sollen. Tatsächlich werden die meisten subsidiär Geschützen jedoch länger bleiben. „Das liegt vor allem am Asylpaket II: Seitdem es in Kraft ist, wird vielen Antragstellern nur subsidiärer Schutz zugesprochen, die vorher einen vollen Flüchtlingsstatus erhielten. Selbst syrische Bürgerkriegsflüchtlinge erhalten überwiegend nur noch subsidiären Schutz. Dabei bleibt die Lage im Herkunftsland unverändert“, erklärt Schneiderheinze. „Eine zeitnahe Rückkehr bleibt also unwahrscheinlich. Deshalb muss es unser Interesse sein, diese Menschen so gut wie möglich zu integrieren.“

Integration als Investition in die Zukunft

Integration sei für Migranten eine Investition in die Zukunft. „Heute muss Zeit und Arbeit investiert werden, um sich in einem neuen Land zurechtzufinden. Dazu gehören Sprache, Regeln und Gesetze, Umgangsformen und Normen, aber auch Aus- und Weiterbildungen. Ökonomen sprechen von länderspezifischem Humankapital. Diese Investition ist aber nur sinnvoll, wenn zumindest mittelfristig eine Perspektive für ein echtes Ankommen in Deutschland besteht. Dafür braucht es Sicherheit über die Dauer der Aufenthaltserlaubnis, Möglichkeiten zu arbeiten und ein Familienleben.“

Zum IfW-Fokus 218: Ein Signal gegen die Integration

Quelle: Institut für Weltwirtschaft (IfW) vom 25.01.2018

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