Flucht und Migration

AWO fordert eine moderne Flüchtlingspolitik

Im Rahmen der SPD-Konferenz "Verantwortungsvolle Flüchtlingspolitik – jetzt" mit Sigmar Gabriel, Malu Dreyer, Aydan Özoguz, Thomas Oppermann und anderen hat AWO-Präsident Wilhelm Schmidt die Forderungen der AWO an eine moderne Flüchtlingspolitik zusammengefasst.

12.06.2015

Auch wenn sich die Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre schrittweise verbessert hat, so haben die dramatisch veränderten Verhältnisse für viele Millionen Menschen in Krisen- und Kriegsgebieten gezeigt, dass der Handlungsbedarf für eine an den Menschenrechten orientierte Antwort außerordentlich ist. Deutschland muss nach Meinung der AWO seine Fähigkeiten zur Hilfe in den Krisengebieten, zur schnellen Klärung der EU-Verantwortungsteilung und einer menschenwürdigen Aufnahme der Schutzsuchenden in unserem Land massiv verstärken.

Aus Sicht der AWO als Trägerin vieler Angebote und Initiativen für Flüchtlingshilfe und Integrationsförderung gibt es die Notwendigkeit der zügigen Regelung in folgenden Themen:

  • Der Status der Flüchtlinge und Schutzsuchenden muss erheblich schneller geklärt werden.
  • Die Asylverfahren dauern zu lange, das Bundesamt hat zu wenig qualifiziertes Personal, die Flüchtlinge erleiden zu viele bürokratische Hürden und haben in dieser Zeit nur eingeschränkten oder zu späten Zugang zu Hilfen für den Spracherwerb, für selbständiges Wohnen und Arbeiten. Das ist unwürdig, ausgrenzend und bedeutet für den Einzelnen erhebliche  Belastungen.
  • Die EU-Aufnahmerichtlinie muss umfassend und zeitnah in deutsches Recht umgesetzt werden. Betroffen sind hier vor Allem besonders Schutzbedürftige wie Traumatisierte Schutzsuchende und Unbegleitete Minderjährige. Die damit entstehenden Verzögerungen treffen vor allem die Verbesserungen für die Aufnahme und die Unterstützung von Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlingen.
  • Die Zahlen der Unbegleiteten Minderjährigen Flüchtlinge sind wie die Zahlen der Flüchtlinge weltweit angestiegen. Dies war absehbar. Sie alle, auch begleitete Kinder, brauchen mehr altersgerechte und fachlich fundierte Betreuungs-, Bildungs- und Ausbildungshilfen entsprechend der UN-Kinderrechtskonvention.
  • Kinder ab dem vollendeten ersten Lebensjahr haben einen Rechtsanspruch auf Betreuung und Bildung in Kindertageseinrichtungen. Es gibt in vielen Kommunen zu wenig Plätze und selten ausreichend Kompetenzen zu notwendigen Zusatzstrukturen für Spracherwerb und Betreuung auch der Eltern nach den spezifischen Bedarfen von Geflüchteten.
  • Allen Flüchtlingen muss unverzüglich per Gesetz der uneingeschränkte Zugang zu Sprachkursen, zum Bildungs- und Ausbildungssystem, zum Arbeitsmarkt und zur vollen Gesundheitsversorgung ermöglicht werden.
  • Die Städte und Gemeinde sowie die von ihnen beauftragten Träger müssen mehr und qualifiziertes Personal einsetzen, um die differenzierten und anspruchsvollen Aufgaben der Flüchtlingshilfe bewältigen zu können. Das gilt für alle Einrichtungsformen von der Erstaufnahme über die Beratung, die Sprachkurse usw.
  • Die sozialen Leistungen für die Flüchtlinge sind solange unfair (und nach den Maßstäben des Bundesverfassungsgerichts verfassungswidrig) wie sie über das Asylbewerberleistungsgesetz erfolgen. Dieses Gesetz gehört aufgehoben. An die Stelle müssen die normalen SGB II- und XII-Regeln treten, die für alle anderen Bedürftige auch gelten.
  • Es gibt eine enorme Bereitschaft von Einzelpersonen ebenso wie zivilgesellschaftlichen Gruppen, an einer Willkommenskultur für Flüchtlinge freiwillig mitzuwirken. Dieses Engagement und den unterschiedlichsten Strukturen, in Nachbarschaften und in Quartiers-Initiativen muss aktiv unterstützt, gefördert sowie wertgeschätzt werden. Diese neue Bewegung für mehr Menschlichkeit ist eine große Chance für unser Land.
  • Die EU darf sich nicht weiter in Verteilungskämpfen verstricken. Das Rettungsprogramm "Mare Nostrum" ist unverzüglich wieder aufzusetzen. Solidarität darf keine Floskel bleiben, wenn es um die Aufnahme von Flüchtlingen in den EU-Ländern geht. Auch eine aktivere Entwicklungszusammenarbeit in den Krisen- und Kriegsländern zu Vermeidung von Flucht und Vertreibung ist notwendig.

Die gesamte Arbeit für die Aufnahme und Förderung von Flüchtlingen ist eine gesamtstaatliche Aufgabe. Bund und Länder müssen nach Meinung der AWO die vor Ort zuständigen kommunalen Träger finanziell, strukturell und rechtlich in die Lage versetzen, den Anforderungen an eine an humanitären Grundsätzen orientierte Flüchtlingspolitik gerecht zu werden.

Quelle: AWO Bundesverband e.V. vom 05.06.2015

Redaktion: Kerstin Boller

Back to Top