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Der Niedersächsische Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen (LBBR) hat in seiner 13. Sitzung mehrheitlich beschlossen, die Niedersächsische Landesregierung aufzufordern, den vorgelegten Gesetzentwurf zur Neugestaltung des Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege in Niedersachsen nachzubessern.
Der Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen (LBBR) appelliert an die niedersächsische Landesregierung eindringlich, den vorgelegten Gesetzesentwurf zur Neugestaltung des Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege in Niedersachsen nachzubessern. Nur ein gesetzlich festgeschriebener Rechtsanspruch auf einen inklusiven Platz in einer Tageseinrichtung für Kinder und der Kindertagespflege ermöglicht Teilhabe von Anfang an. Eltern wollen für ihre Kinder entscheiden dürfen, ob sie einen inklusiven Kindergartenplatz wählen oder nicht. Dazu benötigen sie ausreichende inklusive Angebote. Gefordert wird, den Einsatz der finanziellen Mittel des Gute-Kita-Gesetzes zur Schaffung personeller, materieller, räumlicher und fachlicher Rahmenbedingungen um bestehende inklusive Betreuungsangebote weiterzuentwickeln und weitere Angebote zu schaffen. Der LBBR bietet der niedersächsischen Landesregierung bei Fragen der konkreten Ausgestaltung Hilfe an.
Der Niedersächsische Landesbeirat für Menschen mit Behinderungen ist im § 12 des Niedersächsischen Behindertengleichstellungsgesetzes (NBGG) gesetzlich verankert und hat die Aufgabe, die niedersächsische Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen bei der Wahrnehmung ihrer Aufgaben zu unterstützen. Der Landesbeirat tagt viermal je Kalenderjahr.
Der Rat besteht aus der/dem Landesbeauftragten für Menschen mit Behinderungen als vorsitzendes Mitglied sowie 20 weiteren ehrenamtlichen Mitgliedern:
Petra Wontorra, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, kritisiert den Gesetzentwurf zur Neugestaltung des niedersächsischen Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege scharf. Am Dienstag wurde der nach der Anhörung veränderte „Gesetzesentwurf zur Neugestaltung des Niedersächsischen Rechts der Tageseinrichtungen für Kinder und der Kindertagespflege“ im Landtag debattiert. Petra Wontorra, Landesbeauftragte für Menschen mit Behinderungen, kritisiert diesen Gesetzentwurf noch immer scharf:
„Im Rahmen der Verbandsanhörung habe auch ich eine Stellungnahme abgegeben und mich für einen Rechtsanspruch auf Inklusion eingesetzt. Nach der Anhörung wurde dennoch nicht nachgebessert im Hinblick der Umsetzung der Inklusion. Inklusion ist ein Menschenrecht. Der Entwurf des Gesetzes enthält noch immer keine Pflicht für Inklusion im Regelsystem. Ebenso bleiben die notwendigen Rahmenbedingungen, unter welcher Inklusion erst gelingen kann, hinter meinen Forderungen weit zurück. Neben der Einführung eines neuen Paragrafen, der zu Inklusion verpflichtet und der die damit verbundenen pädagogischen und therapeutischen Maßnahmen ab Diagnosestellung einer (drohenden) Behinderung sofort einleitet, ist die Anpassung von Rahmenbedingungen eine meiner wichtigsten Forderungen.“
Der aktuelle Entwurf würde weiterhin Kinder mit Behinderungen nicht gleichbehandeln und widerspricht noch immer den Vorgaben der UN-Behindertenrechtskonvention (UN-BRK). Die UN-BRK ist bereits seit 2009 in Kraft. Mit ihr bekennt sich Deutschland, wie auch Niedersachen, zur umfassenden Inklusion von Menschen mit Behinderungen. Inklusion, also die vollwirksame Teilnahme und Teilgabe in allen Lebensbereichen, muss sichergestellt werden. Heute, zwölf Jahre nach Ratifizierung der UN-BRK muss Inklusion im Gesetz endlich noch strikter und verbindlicher formuliert und geregelt werden. Dazu gehört auch das Recht auf bestmögliche frühkindliche Bildung und Erziehung aller Kleinkinder und Kinder in einem inklusiven Setting. Bereits Kleinkinder und Kinder erfahren dadurch deutlich mehr Chancengleichheit. „Es geht darum, Kinder mit Behinderungen stark zu machen, zu empowern, anstatt sie auch gegen den Elternwillen in Sondersystemen bzw. Parallelsystemen zu separieren,“ erinnert Wontorra.
„Eine Nichtumsetzung von Inklusion muss einklagbar sein. Menschen mit Behinderungen jeden Alters brauchen die Festlegung ihrer Rechte in Gesetzen, ihnen muss signalisiert werden: Niedersachsen steht hinter der UN-BRK und ist gegen jegliche Ausgrenzung und Diskriminierung“, erläutert Wontorra. Dazu gehöre auch immer die Ausgestaltung von Inklusion, also das Festlegen von Rahmenbedingungen. „Wenn wir von Inklusion sprechen, muss der Wille zu sehen sein. Dazu müssen aus der Politik die Signale kommen, Inklusion wirklich umsetzen zu wollen. Das geht nicht zum Nulltarif: Nur mit Qualitätsstandards kann Inklusion nachhaltig gelingen.“ Ein Beispiel: Inklusion in der frühkindlichen Bildung funktioniert, wenn auch die Ausbildungsinhalte aller Fachkräfte auf Inklusion ausgerichtet sind (Bewusstseinsbildung, Expertenwissen), wenn personelle (Heilpädagog(inn)en und Therapeut(inn)en als Grundausstattung) und räumliche (barrierefreie) Rahmenbedingungen vor Ort noch besser werden. Die Größe der Gruppen müssen deutlich kleiner und der Betreuungsschlüssel erweitert werden, um jedem Kind in einem inklusiven Setting gerecht werden zu können. „Wir brauchen ein finanzielles Anreizsystem für Inklusion in jeglichen Bereichen – ganz nach meinem Leitgedanken: Kein Cent für Barrieren oder Exklusion. Teilhabe verbindet,“ so Wontorra.
Quelle: Niedersächsisches Ministerium für Soziales, Gesundheit und Gleichstellung vom 18.03.2021