Gesundheit

Nordrheinische Kinder- und Jugendärzte warnen vor Konzentrationsförderung aus dem Medikamentenschrank

Die zweite Schuljahreshälfte beginnt und damit breitet sich in vielen Familien Panik aus. Eltern befürchten, dass ihr Kind wegen schlechter Konzentrationsleistungen auf ein schlechtes Zeugnis zusteuert. Viele suchen mit diesen Sorgen den Kinder- und Jugendarzt auf und bitten um medikamentöse Konzentrationshilfen. Konzentration aus dem Medikamentenschrank ist jedoch gefährlich. Darauf weisen die nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte hin.

02.02.2010

"Es ist richtig, dass bei mangelhafter Konzentration selbst begabte Schüler zu Schulversagern werden können. Die gute Nachricht ist aber auch: Konzentration ist lernbar," sagt Dr. med Josef Kahl, Sprecher der nordrheinischen Kinder- und Jugendärzte. "Appelle wie "Nun konzentrier dich endlich" sind dabei allerdings nicht hilfreich, denn Konzentration ist weniger eine Frage des Willens, sondern das Ergebnis einer gelungenen Kombination aus Motivation, Selbstorganisation und Lerntechniken. Einigen Kindern fällt dies schwerer als anderen, sie sind impulsiv und sprunghaft. Aber auch ihnen kann man helfen, sich besser zu konzentrieren. Viele erwarten, dass diese Aufgabe die Lehrer und Erzieher in der Schule und bei der Nachmittagsbetreuung leisten. Gefordert sind hier jedoch in erster Linie die Eltern. Besonders in den Grundschuljahren sollten sie möglichst täglich die Hausaufgaben ihrer Kinder betreuen. Betreuen bedeutet: anwesend sein, helfen, kontrollieren, einen geeigneten äußeren Rahmen für die Hausaufgaben schaffen und dem Kind zu verstehen geben, dass seine Arbeit beachtet und wertgeschätzt wird. Sicherlich fällt ein solches Engagement manchmal schwer, wenn man selbst erschöpft und müde ist, aber es lohnt sich, weil es dem Kind hilft, eine gute Arbeitshaltung zu entwickeln."

Was fördert die Konzentration bei den Schularbeiten?

Eltern sollten dafür sorgen, dass ihre Kinder eine ruhige, reizarme Lernumgebung haben.

  • Das bedeutet: Ablenkungsquellen entfernen: Kein Handy, kein IPod, kein TV und keine Spielkonsole im Hausaufgabenzimmer. Statt dessen Ruhe, auch vor Geschwisterkindern und Freunden. Dazu sollten Eltern feste regelmäßige Lernzeiten bestimmen.
  • Das bedeutet unter Umständen auch: den Alltag entrümpeln. Denn viele Kinder haben jeden Nachmittag Programm. Und das ist eindeutig zuviel.
  • Genau so wichtig wie feste Arbeitszeiten ist ausreichend freie Zeit. Kinder brauchen freie Zeit, in denen sie einfach nur „abhängen“ und sich selbst beschäftigen oder spontan zum Spielen verabreden können.
  • Ebenfalls wichtig, dass sich das Kind viel an der frischen Luft bewegt, denn Sport ist nicht nur ein guter Ausgleich zum Sitzen am Schreibtisch. Sport macht auch klug, wie neurowissenschaftliche Untersuchungen immer klarer zeigen.
  • Auch wenn alle Hausaufgaben getan sind: kein stundenlanges Fernsehgucken und Computerspielen. Maximal erlaubt sind eine Stunde pro Tag.
  • Ausreichend Schlaf.
  • Das Kind nicht mit überzogenen Leistungserwartungen Stress aussetzen.
  • Dem Kind Vertrauen schenken, wenn es über Mobbing berichtet und sich dann ggf. mit den Lehrern austauschen.

Falls das Kind trotz dieser Maßnahmen unkonzentriert, fahrig und zappelig wirkt, sollten die Eltern es dem Kinder- und Jugendarzt vorstellen und sich beraten lassen.

Quelle: Berufsverband der Kinder- und Jugendärzte (BVKJ), LV Nordrhein

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