Gesundheit

LBS-Kinderbarometer: Nicht jedes Kind fühlt sich im eigenen Körper wohl

In Zeiten von Modelcasting-Shows und Hollywoods Size-Zero-Vorbildern werden Kinder und Jugendliche mit einem Schönheitsideal konfrontiert, dass in der Realität so kaum zu finden ist. Welches Körperempfinden die 9- bis 14-Jährigen in Thüringen generell haben, zeigt das repräsentative LBS-Kinderbarometer 2011.

07.08.2012

Mehr als ein Viertel der befragten Kinder fühlt sich bereits zu dick und gut ein Drittel der Kinder hat wegen vermeintlichen Übergewichts schon mindestens einmal eine Diät gemacht. Dass sich das negativ auf ihr Wohlbefinden auswirkt, belegt die Studie: Je öfter die Kinder und Jugendlichen Diät halten, desto weniger wohl fühlen sie sich in der Familie. Zudem geben Kinder, die häufig eine Diät machen, öfter an, krank zu sein und denken vermehrt über Schönheitsoperationen nach.

Kinder denken an Fettabsaugung

Ganze 17 Prozent der thüringischen Kinder haben schon mal über eine Schönheitsoperation nachgedacht. Aber was gefällt ihnen nicht an ihrem Körper? 60 Prozent der Befragten, die sich mit dem Thema Schönheits-OP auseinander setzen, würden sich Fett entfernen lassen. Knapp jedes vierte Kind wünscht sich die Behandlung von Hautunreinheiten, danach stehen Nasenkorrektur, Brust-, Augen- und Ohrenveränderungen auf der Wunschliste. Immerhin 83 Prozent der Kinder und Jugendlichen denken nie an Schönheitsoperationen. 64 Prozent sind mit ihrem Körpergewicht zufrieden. "Spannend ist darüber hinaus, dass bereits 43 Prozent der Kinder Wellness-Angebote wahrnehmen", so Anja Beisenkamp, Leiterin des PROSOZ Instituts für Sozialforschung - PROKIDS und verantwortlich für die empirische Befragung.

Gutes Körpergefühl für Gesundheit wichtig

Mehr als jedes dritte Kind fühlt sich "manchmal", "oft" oder sogar "sehr oft" krank. Je weniger sich die Befragten im Allgemeinen und in der Familie wohl fühlen, umso häufiger geben sie auch an, krank zu sein. "Hierbei spielt auch das Körpergewicht eine Rolle", erklärt Beisenkamp. "Die Studie zeigt, dass die Kinder, die sich zu dünn oder zu dick finden, sich auch vermehrt krank fühlen. Daran erkennt man, wie wichtig ein gutes Körpergefühl für die Gesundheit der Kinder und Jugendlichen ist." Positiv: Ganze 62 Prozent der Kinder fühlen sich "selten" bis "nie" krank.

Fast jedes zweite Kind zeigt Stresssymptome

Auf die Frage, an welchen Krankheiten die Kinder und Jugendlichen leiden, gab fast jedes dritte Kind an, allergisch zu sein. Die zehn Prozent, die Heuschnupfen haben, sind in der Regel auch noch von einer anderen Allergie betroffen. 38 Prozent geben Stresskopfschmerzen und ein knappes Viertel Stressbauchschmerzen als Krankheitssymptom an. Insgesamt zeigt fast jedes zweite Kind Stresssymptome, was deutlich negativ auf das Wohlbefinden wirkt. Die Ursachen dafür können vielfältig sein. Professor Ronald Lutz, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kinderschutzbundes, Landesverband Thüringen e.V., erklärt: "Dass Kinder, die unter Stressschmerzen leiden, auch ein niedrigeres allgemeines Wohlbefinden haben, zeigt, dass sie sehr sensibel auf Probleme im Alltag reagieren. Die Gesundheit der Kinder darf nicht aufs Spiel gesetzt werden. Und so müssen zukünftig Eltern wie PädagogInnen in einen besseren Dialog mit Kindern treten, ihnen auf Augenhöhe begegnen und deren Meinung mehr berücksichtigen." Neben Allergien und Stressschmerzen geben 17 Prozent an, eine andere Krankheit zu haben.

LBS-Kinderbarometer Länderbericht Thüringen 2011

Das LBS-Kinderbarometer ist eine repräsentative, auf kontinuierliche Wiederholung angelegte Querschnittsstudie von Kindern im Alter zwischen 9 und 14 Jahren. Sie wird seit 1997 vom PROSOZ Institut für Sozialforschung - PROKIDS erhoben. Die für Thüringen repräsentative Auswertung, den "Länderbericht Thüringen", geben die Landesbausparkasse (LBS) Hessen-Thüringen und der Deutsche Kinderschutzbund, Landesverband Thüringen e.V. gemeinsam heraus. Der "Länderbericht Thüringen 2011" ist bereits die zweite Auswertung für dieses Bundesland.

Kinder und Jugendliche haben oft ganz eigene und sehr konkrete Vorstellungen und Meinungen bezüglich ihres Wohnumfelds und ihrer Gemeinde. Aber nur wenige bringen sich aktiv ein und fühlen sich ernst genommen. Das zeigt das repräsentative LBS-Kinderbarometer 2011: Knapp zwei Drittel der befragten 9- bis 14-Jährigen in Thüringen wünschen sich, bei Entscheidungen in ihrer Gemeinde auch gefragt zu werden. Nur 31 Prozent sind der Meinung, in ihrer Gemeinde auch ernst genommen zu werden. Der Anteil der Jungen und Mädchen, die sich nicht für voll genommen fühlen, steigt von Jahrgangsstufe vier bis sieben deutlich an. "Kindern ist die Mitbestimmung in ihrer Gemeinde wichtig. Die Befragung zeigt, dass es nötig ist, den Kindern verstärkt auf Augenhöhe zu begegnen und ihren Beiträgen Bedeutung beizumessen. Außerdem fühlen sich Kinder, die glauben, ihre Meinung wird nicht ernst genommen, deutlich schlechter", erklärt Anja Beisenkamp, Leiterin des PROSOZ Instituts für Sozialforschung - PROKIDS und verantwortlich für die empirische Befragung.

Ehrenamtliches Engagement noch gering

Drei Viertel (78 Prozent) der thüringischen Kinder und Jungendlichen engagieren sich nicht ehrenamtlich in ihrer Gemeinde. Immerhin 22 Prozent wirken aber zum Beispiel in ihrer Kirchengemeinde oder in der Schülervertretung aktiv mit. "Die geringe ehrenamtliche Beteiligung verdeutlicht, dass die Partizipationsmöglichkeiten in den Gemeinden kindgerecht ausgebaut und neue Wege gesucht werden müssen, Kinder und Jugendlichen dafür zu begeistern", so Professor Ronald Lutz, Vorstandsvorsitzender des Deutschen Kinderschutzbundes Landesverband Thüringen. "Damit können die Kommunen die Beteiligungen erhöhen und insgesamt das Demokratiebewusstsein der jungen Generation stärken." In Heilbad Heiligenstadt hat der Kinderschutzbund zusammen mit der dortigen Stadtverwaltung bereits das beispielhafte Projekt "Kinder und Jugendliche mitEntscheidung" im Rahmen des Bundesprogramms "Zusammenhalt durch Teilhabe" ins Leben gerufen. Unter diesem Leitgedanken sollen Kinder und Jugendliche stärker am öffentlichen Leben mitwirken können. Im Rahmen dieses Projektes veranstalten zum Beispiel Jugendliche ein öffentliches Sommerkino. Außerdem gibt es jetzt eine Internetplattform, auf der sich junge Menschen und Personen aus Politik und Verwaltung begegnen können.

Fast ein Drittel der Kinder kennt seine Rechte

Mit der Befragung der 9- bis 14-Jährigen nach ihren Wünschen und Meinungen greift das LBS-Kinderbarometer den 12. Artikel "Berücksichtigung des Kinderwillens" der UN-Kinderrechtskonvention von 1989, ratifiziert von der BRD 1992, auf. Daher wurden die thüringischen Kinder auch gefragt, ob sie diesen Artikel über die Rechte des Kindes im Allgemeinen kennen. "Zwar haben mehr als zwei Drittel der befragten Mädchen und Jungen in Thüringen noch nie davon gehört, 31 Prozent dagegen kennen die UN-Kinderrechtskonvention. Mit diesem Ergebnis liegt Thüringen im bundesweiten Ländervergleich im oberen Drittel", so Beisenkamp.

Das LBS-Kinderbarometer

Die kindliche Perspektive ernst nehmen und ihr einen festen Platz in der gesellschaftlichen Diskussion geben - darum geht es im LBS-Kinderbarometer, das seit 1997 vom PROSOZ Institut für Sozialforschung - PROKIDS im Auftrag der Landesbausparkassen-Initiative "Junge Familie" durchgeführt wird. Die Studie ist eine auf kontinuierliche Wiederholung angelegte Querschnittsstudie von Kindern und Jugendlichen im Alter zwischen 9 und 14 Jahren. Im Winter 2010/2011 wurden deutschlandweit mehr als 10.000 Kinder befragt. Damit ist das LBS-Kinderbarometer eines der größten Beteiligungsprojekte der Bundesrepublik. Bereits zum zweiten Mal förderten die LBS Hessen-Thüringen und der Deutsche Kinderschutzbund Landesverband Thüringen e.V. einen für Thüringen repräsentativen eigenen Länderbericht. Die Studie und deren Ergebnisse präsentierten die Förderer gemeinsam am 6. Juni 2012 in Erfurt.

Quelle: Landesbausparkasse Hessen-Thüringen vom 06.08.2012

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