Gesundheit

Impfpflicht bzw. Impfberatungspflicht für Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen

Vor dem Hintergrund weiterer Masernausbrüche fordert Gesundheitsminister Herrmann Gröhe die Beratungspflicht der Eltern zu Impffragen vor Aufnahme ihrer Kinder in Gemeinschaftseinrichtungen. Die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin (DAKJ) formuliert in einer Stellungnahme Forderungen an Politiker in Bund und Ländern sowie an die Ärztekammern.

08.06.2017

Beratungspflicht als erster Schritt

In diesem Zusammenhang wiederholt die Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. (DAKJ), Dachverband der kinder- und jugendmedizinischen Gesellschaften und Verbände in Deutschland, ihre Forderung, einen altersentsprechend vollständigen Impfschutz gemäß STIKO-Empfehlungen zur verpflichtenden Voraussetzung für den Besuch von Schulen, Kindergärten und Kinderkrippen zu machen – eine Beratungspflicht ist nur der erste Schritt in diese Richtung.

"Wir haben schon in den Jahren 2009 und 2015 in Stellungnahmen konkrete Maßnahmen aufgelistet, mit denen die Impfsituation in Deutschland speziell im Kindesalter verbessert werden kann", betont Prof. Heininger, Sprecher der Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen der DAKJ. "Wir begrüßen die Beratungspflicht, wünschen uns aber auch die Mitteilung des Ergebnisses an die Leiter der Gemeinschaftseinrichtungen, damit im Ausbruchsfall rasch eindämmende Maßnahmen ergriffen werden können", betont Prof. Heininger. "Wenn sich mit der letztendlich ja unverbindlichen Beratungspflicht die Situation nicht bedeutend verbessert, sind weitreichendere Maßnahmen zu ergreifen."

Wichtig sei laut Heininger auch, dass die Ärztekammern berufsrechtliche Schritte gegen Ärztinnen und Ärzte einleiten, die mit ihrem Verhalten gegen das Gebot der ärztlichen Sorgfalts- und Qualitätssicherungspflicht verstoßen. Gemeint sind Ärzte, die von Impfungen abraten oder bewusst Eltern auffordern, diese später als empfohlen den Kindern geben zu lassen. Damit haben diese Ärzte den Boden der wissenschaftlichen Medizin verlassen.

Kinder durch Impfungen vor vermeidbaren schweren Infektionskrankheiten schützen

Gerade junge Krippenkinder seien besonders gefährdet, ernsthaft zu erkranken. Aus immunologischen Gründen können Lebendimpfstoffe wie der Masern-Impfstoff in den ersten Lebensmonaten noch nicht verabreicht werden. "Wenn nun Masern in die Kindertagesstätte eingeschleppt werden, besteht die Gefahr einer Übertragung auf die noch ungeimpften, beziehungsweise noch unvollständig geimpften Säuglinge und Kleinkinder, auch auf Geschwisterkinder, die sich nur kurzfristig beim Bringen und Abholen in den Kitas aufhalten." Eltern, die ihre Kinder aus ideologischen Gründen nicht impfen lassen und sie dennoch in Gemeinschaftseinrichtungen schicken, handelten also nicht nur ihrem eigenen Kind gegenüber verantwortungslos, sondern auch anderen Kindern gegenüber, erklärt die Kommission der DAKJ.

Dabei seien die heute von der STIKO für Kinder empfohlenen Impfungen effektiv und gut verträglich. "Durch die Impfprogramme der letzten Jahrzehnte konnten bedrohliche Infektionskrankheiten wie zum Beispiel Diphtherie, Poliomyelitis, Masern, Mumps und Keuchhusten zurückgedrängt werden", so der Kinderarzt und Wissenschaftler Heininger. Die allgemein empfohlenen Impfungen könnten meist harmlose Nebenwirkungen auslösen, aber im Gegensatz zu den verhüteten Erkrankungen keine bleibenden Schäden hinterlassen.

"Wir fordern die Eltern eindringlich dazu auf, das Recht der elterlichen Sorge zum Wohl des Kindes auszuüben und ihr Kind durch Impfungen vor vermeidbaren schweren Infektionskrankheiten zu schützen", betont Prof. Heininger.

Forderungen der DAKJ

An die Politikerinnen und Politiker in Bund und Ländern sowie an die Ärztekammern appelliert die DAKJ-Kommission für Infektionskrankheiten und Impffragen, folgende in ihrer aktualisierten Stellungnahme erläuterten Forderungen umzusetzen:

  • Die Bundesregierung soll, in Analogie zu anderen Ländern, das Infektionsschutzgesetz dahingehend erweitern, dass der Besuch einer Gemeinschaftseinrichtung im Kindesalter nur bei altersgemäß vollständigem Impfschutz entsprechend den aktuellen STIKO-Empfehlungen möglich ist. Dies gilt, sofern keine Kontraindikationen für Impfungen vorliegen.• Die Bundesländer sollen in die jeweiligen Landesgesetze zur institutionellen Betreuung in Kindertagesstätten einheitliche Regelungen zur verbindlichen ärztlichen Überprüfung des Impfstatus in den Einrichtungen aufnehmen. Sie sollen außerdem Maßnahmen umsetzen, die auf eine Komplettierung des Impfschutzes vor Aufnahme in eine Einrichtung zielen.
  • Die Aufklärung der Eltern über Infektionskrankheiten und altersgemäßen Impfschutz gemäß §34 Infektionsschutzgesetz sowie über die Verantwortung, die Eltern durch die Impfung der Kinder für das Gemeinwohl übernehmen, muss flächendeckend und kontinuierlich erfolgen.
  • Die Landesärztekammern sollen den Beschluss des 109. Deutschen Ärztetags aus dem Jahr 2006 umsetzen und rechtliche Schritte gegen Ärzte einleiten, die mit ihrem Verhalten gegen das Gebot der ärztlichen Sorgfalts- und Qualitätssicherungspflicht verstoßen.

Stellungname der Deutschen Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V.:  <link http: dakj.de wp-content uploads external-link-new-window der>"Vollständiger Impfschutz nach den STIKO-Empfehlungen als Voraussetzung für den Besuch von Gemeinschaftseinrichtungen für Kinder und Jugendliche" (PDF, 84 KB)

Quelle: Deutsche Akademie für Kinder- und Jugendmedizin e.V. vom 01.06.2017

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