Gesundheit

E-Shishas - Kindergesundheit gefährdendes Rauschmittel?

Niedersachsens Sozialministerin Cornelia Rundt hat namens der Landesregierung auf die Mündliche Anfrage "E-Shishas“ - Schnullerersatz oder die Kindergesundheit gefährdendes Rauschmittel?" der Abgeordneten Norbert Böhlke und Kai Seefried (CDU) geantwortet.

31.03.2014

Die Abgeordneten Norbert Böhlke und Kai Seefried (CDU) hatten gefragt:

Auf niedersächsischen Schulhöfen ist seit einiger Zeit zu beobachten, dass immer mehr Schülerinnen und Schüler an sogenannten E-Shishas nuckeln und Dämpfe inhalieren. Solche „E-Shishas" funktionieren ähnlich wie E-Zigaretten, indem sie Liquide verdampfen. Diese Liquide bestehen bis zu 90 Prozent aus Propylenglykol, welches für den Raucheffekt verantwortlich ist. Weitere Inhaltsstoffe sind Ethanol und Glycerin sowie künstliche Aromen - die genaue Zusammensetzung geben die Hersteller auf dem Produkt nur selten an. Geschmacksrichtungen wie Erdbeere oder Schokolade sprechen insbesondere jüngere Schülerinnen und Schüler an.

Welche Inhaltsstoffe darüber hinaus in den Liquiden enthalten sind und ob diese Inhaltsstoffe gesundheitliche Gefahren bergen, ist unklar, da es bislang an einer verpflichtenden Kennzeichnung fehlt. Deshalb warnt die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung vor möglichen Gesundheitsrisiken vor allem durch nicht wissenschaftlich untersuchte Inhaltsstoffe der Liquide. Auch ist auf den ersten Blick nicht erkennbar, ob tatsächlich nikotinfreie Liquide verdampft werden oder die „E-Shisha" Nikotin beinhaltet.

Wir fragen die Landesregierung:

1. Wie beurteilt die Landesregierung den Gebrauch von „E-Shishas" auf Schulhöfen - insbesondere im Hinblick darauf, dass der Gebrauch die Hemmschwelle der Schülerinnen und Schüler zum Zigarettenkonsum senken könnte?

2. Welche Erkenntnisse liegen der Landesregierung zu möglichen Gesundheitsrisiken durch das Verdampfen der Liquide vor, und sieht sie Handlungsbedarf bei der gesundheitlichen Aufklärung der Bevölkerung?

3. Wird sich die Landesregierung für eine vollständige und verpflichtende Kennzeichnung der Inhaltsstoffe der Liquide einsetzen, um einen effektiven Verbraucherschutz zu gewährleisten?

Ministerin Cornelia Rundt beantwortete die Anfrage namens der Landesregierung:

Zu 1:

In Niedersachsen ist das Rauchen im Schulgebäude und auf dem Schulgelände während schulischer Veranstaltungen nach dem RdErl. d. MK vom 07.12.2012 (SVBl. 1/2013 S. 30) - Rauchen und Konsum alkoholischer Getränke in der Schule - verboten. Das absolute Rauchverbot gilt auch bei Schulveranstaltungen außerhalb der Schule. Hierbei wird nicht unterschieden, um welche Art eines Inhalationsproduktes es sich handelt. Eine ausdrückliche Erweiterung des Erlasses um E-Shishas ist deshalb nicht erforderlich.

Seit 2005 sind alle Schulen in Niedersachsen bereits durch einen Vorgängererlass verpflichtet, unter Einbeziehung der Schülerschaft und der Erziehungsberechtigten ein Präventionskonzept zu entwickeln mit dem Ziel, die heutige und zukünftige Generation vor den gesundheitlichen, gesellschaftlichen, umweltrelevanten und wirtschaftlichen Folgen des Tabak- und Alkoholkonsums sowie des Passivrauchens zu schützen. Der Schulelternrat muss dem Konzept zustimmen. Das Präventionskonzept ist jährlich neu zu beschließen. So wird sicher gestellt, dass auch neue Entwicklungen wie z. B. die erhöhte Verbreitung von E-Zigaretten bzw. E-Shishas in der pädagogischen Arbeit Berücksichtigung finden.

Sollten Schülerinnen und Schüler gegen die Bestimmungen des o. g. Erlasses verstoßen, so regelt das von der Schule erarbeitete Präventionskonzept das weitere Vorgehen. Die Schulleitung ist in jedem Fall verpflichtet, auf die Einhaltung des Erlasses zu achten.

Zu 2:

E-Shishas gleichen vom Aufbau und der Funktionsweise den E-Zigaretten. Gesundheitliche Gefahren können von den verwendeten Vernebelungsmitteln (Propylenglycol, Glycerin) ausgehen, so kann beispielsweise Propylenglycol zu Reizungen der oberen Atemwege führen und die Lungenfunktion beeinträchtigen. Auch ist über die Langzeitfolgen einer über einen längeren Zeitraum stattfindenden Inhalation von Propylenglycol, wie dies beim regelmäßigen Konsum von E-Zigaretten der Fall ist, wenig bekannt, hier sind weitere Risiken denkbar. Auch von den verwendeten Chemikalienzusätzen sowie verschiedenen Duft- und Aromastoffen (z.B. Menthol, Linalool) können Gefahren für die menschliche Gesundheit ausgehen (beispielsweise die Auslösung von Allergien). Zudem gibt es Hinweise aus der Fachliteratur, dass einige Fabrikate von E-Zigaretten krebserzeugende Aldehyde freisetzen.

Bekannt ist auch, dass einige als nikotinfrei deklarierte Liquids, wie sie bei E-Zigaretten eingesetzt werden, gleichwohl Nikotin enthalten. Neben toxikologischen Bedenken hinsichtlich der in den Liquids enthaltenen Inhaltsstoffe ergeben sich zusätzliche Risiken aufgrund mangelhafter Produktqualität und Sicherheitsstandards von E-Zigaretten.

Nikotinfreie E-Shishas unterliegen nicht der in § 10 des Jugendschutzgesetzes enthaltenen Abgabebeschränkung an Jugendliche, da diese sich nur auf nikotinhaltige Tabakwaren bezieht.

Die Risiken durch E-Shishas als auch E-Zigaretten werden von der Landesregierung sehr ernst genommen. Um die bestehende Regelungslücke zur rechtlichen Einstufung und Überwachung der elektronischen Zigarette (E-Zigarette) bis zum Inkrafttreten einschlägiger Vorschriften, die im europäischen Tabakrecht (EU - Tabakprodukterichtlinie) geplant sind, zu schließen, ist im Januar 2014 ein gemeinsamer Erlass von MU, MS und ML im Niedersächsischen Ministerialblatt veröffentlicht worden (Nds. MBl. Nr. 3/2014, S. 83).

Mit dem Erlass ist es den Überwachungsbehörden - vor dem Hintergrund der bisher fraglichen rechtlichen Einstufung der E-Zigarette - möglich, E-Zigaretten nach den Anforderungen des Chemikalien- und Produktsicherheitsrechts anlassbezogen zu überwachen. Vorrangig geht es dabei um die Vermeidung der aus Sicht des Verbraucherschutzes dringendsten Gefahren durch nikotinhaltige Produkte, wie zum Beispiel eine fehlende Kindersicherung und mangelhafte Kennzeichnung der Liquids. Damit gehört Niedersachsen zu den wenigen Bundesländern, in denen eine Überwachung der E-Zigarette verwaltungsrechtlich präzisiert wurde.

Liquids mit einem Nikotingehalt >0,1% fallen unter die Regelungen des Chemikalienrechts und den sich daraus ergebenden Anforderungen hinsichtlich Kennzeichnung und Abgabevorschriften. Für nikotinfreie Liquids, die unterschiedliche Grundsubstanzen als auch Aromastoffe enthalten, ist jeweils im Einzelfall einer umfassenden Beurteilung - insbesondere unter Berücksichtigung der produktbezogenen Informationen - zu entscheiden, ob durch die Verwendung des Liquids die Sicherheit und Gesundheit der Konsumentinnen und Konsumenten gefährdet ist.

Aufgrund der unzureichenden Datenlage ist derzeit eine abgesicherte Aussage über eine eventuelle Gesundheitsgefährdung durch den langfristigen Konsum von E-Shishas nicht möglich. Insbesondere liegen keine Erfahrungen zur langfristigen Inhalation von unterschiedlichen Stoffgemischen auf der Basis von Propylenglykol vor.

Vor diesem Hintergrund haben verwaltungsrechtliche Maßnahmen, z.B. das Verbot des Bereitstellens nach dem Produktsicherheitsgesetz kaum Aussicht auf Erfolg.

Maßgebliche Einrichtungen wie das Krebsforschungszentrum, das Bundesinstitut für Risikobewertung als auch die Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung haben sich des Themas angenommen und entsprechende Empfehlungen ausgesprochen sowie Informationen herausgeben. Aus Sicht der Landesregierung bilden diese Empfehlungen eine ausreichende Grundlage für eine Sensibilisierung der Bevölkerung. Darüber hinaus ist mit dem Präventionskonzept an den niedersächsischen Schulen von klein auf auch eine kontinuierliche Sensibilisierung der Schülerinnen und Schüler gegeben.

Zu 3:

Eine Kennzeichnung von Gemischen und Zubereitungen ergibt sich aus dem Chemikalienrecht und den darauf gestützten Verordnungen, die für bestimmte Inhaltsstoffe, z.B. nikotinhaltige Liquids Kennzeichnungspflichten und Abgaberegelungen vorsehen.

Für nikotinfreie Liquids und deren Inhaltsstoffe besteht diese Kennzeichnungspflicht in der Regel nicht. Die Landesregierung hält die vollständige und verpflichtende Kennzeichnung der Inhaltsstoffe der Liquids für eine wichtige Maßnahme, um den Verbraucher über möglicherweise gesundheitlich problematische Stoffe zu informieren und dadurch eine gesundheitsbewusste Konsumentscheidung zu ermöglichen. Derzeit befindet sich die Neufassung der EU-Tabakprodukterichtlinie im Rechtssetzungsverfahren, die im derzeitigen Entwurf auch Regelungen zur E-Zigarette enthält. Bei der anschließend erforderlichen Umsetzung dieser Regelungen in nationales Recht wird sich die Landesregierung im Rahmen der rechtlichen Möglichkeiten auch für verbrauchergerechte Kennzeichnungsregelungen einsetzen.

Quelle: Landesregierung Niedersachsen vom 28.03.2014

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