Gesundheit
Diabetes in Schulen und Kindergärten: Aufruf zur Eltern-Beteiligung an bundesweiter Online-Befragung
In Deutschland leben rund 30.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren mit Diabetes Typ 1. Gerade jüngere Kinder benötigen bei der Blutzuckerkontrolle und Insulingabe im Kita- und Schulalltag Unterstützung durch geschultes Personal. Für die Integration der chronisch kranken Kinder gibt es aber keine bundeseinheitliche Regelung. Aus Sicht der Deutschen Diabetes Gesellschaft (DDG) und diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe ist das ein untragbarer Zustand. Um sich einen Überblick über die Situation zu verschaffen, rufen die beiden Organisationen betroffene Familien zur Teilnahme an einer Online-Befragung auf.
30.07.2018
Begleitung im KiTa- und Schulalltag durch Erzieher und Lehrkräfte ist freiwillige Leistung
„Es ist ein Armutszeugnis für unsere Gesellschaft, dass die gleichberechtigte Teilhabe für Kinder mit Diabetes Typ 1 in deutschen Kindergärten und Schulen trotz aller politisch wohlgemeinten Debatten zur Inklusion oft von Zufallsfaktoren abhängt“, beklagt Professor Dr. med. Dirk Müller-Wieland, DDG-Präsident. Die Begleitung im KiTa- und Schulalltag durch Erzieher und Lehrkräfte ist eine rein freiwillige Leistung – etwa beim Messen des Blutzuckerspiegels, der Berechnung der Kohlenhydrate beim Essen, des Insulinspritzens oder der Betreuung beim Schulsport beziehungsweise bei Ausflügen. Kann die Einrichtung die Unterstützung nicht leisten, kann eine externe Assistenzkraft notwendig sein. „Das Ausmaß der Unterstützungen, um Über-oder Unterzuckerung zu vermeiden, kann je nach Erfahrung des Kindes im Umgang mit seinem Diabetes mellitus sehr unterschiedlich ausfallen“, betont Dr. med. Jens Kröger, Vorstandsvorsitzender von diabetesDE – Deutsche Diabetes Hilfe. Die Grundlagen zur Blutzuckermessung und Insulinanpassung können bereits in einer zweistündigen Schulung vermittelt werden.
In Deutschland ist jedoch im Sozialgesetzbuch nicht eindeutig geregelt, welche staatlichen Institutionen und Behörden für die Beantragung und Bewilligung der jeweiligen Hilfen zuständig sind. DiabetesDE und DDG fordern daher eine einheitliche Regelung, wie betroffenen Familien geholfen werden kann und wer die Kosten übernimmt. „Dieses zermürbende Kompetenzchaos für die Eltern muss endlich ein Ende haben“, so Kröger. Wie dramatisch die Situation ist, zeigen aktuelle Zahlen: Pro Jahr erkranken rund 3.000 Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren neu an Diabetes Typ 1. Experten prognostizieren, dass sich im Zeitraum von 2006 bis Ende 2026 die Zahl der Kinder mit Diabetes Typ 1 zwischen null bis 14 Jahren verdoppelt haben wird.
Online-Befragung für Eltern
Mit Hilfe einer aktuell gestarteten Online-Befragung will die AG Inklusion der Arbeitsgemeinschaft für Pädiatrische Diabetologie (AGPD) bis Ende des Jahres in Erfahrung bringen, wie betroffene Eltern die Unterstützung ihres Kindes in ihrem jeweiligen Bundesland wahrnehmen und welche konkreten Schwierigkeiten es vor Ort gibt. Mit den Ergebnissen der Online-Umfrage erhoffen sich die Initiatoren beispielsweise Antworten auf folgende Fragen:
- Müssen Eltern aufgrund der chronischen Erkrankung ihres Kindes ihre Arbeitszeit reduzieren oder gar ihre Erwerbstätigkeit aufgeben?
- Können erkrankte Kinder gleichberechtigt am täglichen KiTa- und Schulbetrieb teilnehmen?
- Wird pädagogisches Personal für die individuellen Bedürfnisse des Kindes geschult?
„Es ist ein Skandal, dass Eltern die Finanzierung der Schulung von Betreuern in Kitas und Schulen aus eigenen Mitteln aufbringen oder durch Spendengelder von Fördervereinen in KiTas und Schulen organisieren müssen“, kritisiert Privatdozent Dr. med. Thomas Kapellen von der Klinik und Poliklinik für Kinder- und Jugendmedizin am Universitätsklinikum Leipzig, zugleich Vorsitzender der AGPD. Als Mit-Initiator der Online-Befragung hofft der Diabetologe auf eine flächendeckende Beteiligung der Eltern. „Nur so können wir anschließend auf der politischen Ebene mit Nachdruck für eine Verbesserung der Betreuungssituation von Kindern mit Diabetes Typ 1 in Kitas und Schulen werben“, appelliert Kapellen.
Quelle: Deutsche Diabetes Gesellschaft e.V. vom 24.07.2018
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