Gender

Personenstandsrecht muss weiteren Geschlechtseintrag zulassen

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem Beschluss festgestellt, dass das geltende Personenstandsrecht mit dem Grundgesetz nicht vereinbar ist. Der Gesetzgeber soll bis Ende 2018 eine verfassungsgemäße Neuregelung schaffen. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die Normen nicht mehr anwenden.

08.11.2017

Die Regelungen des Personenstandsrechts sind mit den grundgesetzlichen Anforderungen insoweit nicht vereinbar, als § 22 Abs. 3 Personenstandsgesetz (PStG) neben dem Eintrag „weiblich“ oder „männlich“ keine dritte Möglichkeit bietet, ein Geschlecht positiv eintragen zu lassen. Dies hat der Erste Senat des Bundesverfassungsgerichts in einem Beschluss entschieden, der am 08.11.2017 veröffentlicht wurde. 

Verstoß gegen allgemeines Persönlichkeitsrecht und Diskriminierungsverbot

Das allgemeine Persönlichkeitsrecht (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) schützt auch die geschlechtliche Identität derjenigen, die sich dauerhaft weder dem männlichen noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen lassen. Darüber hinaus verstößt das geltende Personenstandsrecht auch gegen das Diskriminierungsverbot (Art. 3 Abs. 3 GG), soweit die Eintragung eines anderen Geschlechts als „männlich“ oder „weiblich“ ausgeschlossen wird.

Neuregelung bis Ende 2018 

Der Gesetzgeber hat bis zum 31. Dezember 2018 eine Neuregelung zu schaffen. Gerichte und Verwaltungsbehörden dürfen die betreffenden Normen nicht mehr anwenden, soweit sie für Personen, deren Geschlechtsentwicklung gegenüber einer weiblichen oder männlichen Geschlechtsentwicklung Varianten aufweist und die sich deswegen dauerhaft weder dem männlichen, noch dem weiblichen Geschlecht zuordnen, eine Pflicht zur Angabe des Geschlechts begründen.

Verfassungsbeschwerde im konkreten Fall

Im konkreten Fall beantragte die beschwerdeführende Person beim zuständigen Standesamt die Berichtigung ihres Geburtseintrags dahingehend, dass die bisherige Geschlechtsangabe „weiblich“ gestrichen und die Angabe „inter/divers“, hilfsweise nur „divers“ eingetragen werden solle. Das Standesamt lehnte den Antrag mit Hinweis darauf ab, dass nach deutschem Personenstandsrecht im Geburtenregister ein Kind entweder dem weiblichen oder dem männlichen Geschlecht zuzuordnen ist, oder - wenn dies nicht möglich ist - das Geschlecht nicht eingetragen wird (§ 21 Abs. 1 Nr. 3, § 22 Abs. 3 PStG). Der daraufhin beim zuständigen Amtsgericht gestellte Berichtigungsantrag wurde zurückgewiesen; die hiergegen gerichtete Beschwerde blieb erfolglos. Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die beschwerdeführende Person insbesondere eine Verletzung ihres allgemeinen Persönlichkeitsrechts (Art. 2 Abs. 1 in Verbindung mit Art. 1 Abs. 1 GG) und eine Diskriminierung aufgrund des Geschlechts (Art. 3 Abs. 3 Satz 1 GG).

Die wesentlichen <link http: www.bundesverfassungsgericht.de shareddocs pressemitteilungen de external-link-new-window mit konkretem sachverhalt und>Erwägungen des Gerichts für die Entscheidung sind auf der Webseite des Bundesverfassungsgerichts veröffentlicht. 

Quelle: Bundesverfassungsgericht vom 08.11.2017 

 

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