Gender

Gewalt gegen Frauen mit Behinderung – Präventions- und Schutzkonzepte gefordert

Anlässlich des Weltfrauentages fordern der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg und FETZ Stuttgart e.V. ausnahmslos allen Frauen und Mädchen – insbesondere auch Frauen mit Behinderung – uneingeschränkten Schutz und Hilfe gegen sexualisierte Gewalt und Gewalt in Partnerschaften zu gewährleisten. Dazu verpflichte die Istanbul-Konvention.

08.03.2019

Zum Internationalen Frauentag fordert der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg und FETZ Stuttgart e.V. vom Land Baden-Württemberg barrierefreie Frauenhäuser und Beratungsstellen sowie die Finanzierung von Sprachmittlung in Gebärdensprache. In Einrichtungen der Behindertenhilfe gilt es Präventionsangebote gegen Gewalt durchzuführen und Schutzkonzepte einzuführen. Frauen mit Behinderungen sind besonders stark von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen. Sie erfahren rund zwei bis dreimal häufiger sexuelle und körperliche Gewalt im Erwachsenenalter, als Frauen ohne Behinderungen (Quelle: Schröttle Studie 2012).

Erfahrene Gewalt verstärkt häufig die bestehende Beeinträchtigung der Betroffenen

„Gehörlose Frauen sind am häufigsten von Gewalt betroffen, dicht gefolgt von Frauen mit Sehbehinderungen. Und wenn sie Gewalt erfahren, dann meist mehrfach und über längere Zeiträume hinweg“, erklärt Ursel Wolfgramm, Vorstandsvorsitzende des PARITÄTISCHEN Baden-Württemberg. „Aufgrund der Angewiesenheit auf Hilfe und bestehenden Abhängigkeiten haben es Frauen mit Behinderung ungleich schwerer, sich zu wehren und Hilfe zu suchen“, so die Vorstandsvorsitzende. „Machen sie Gewalt öffentlich, wird ihnen häufig nicht geglaubt, insbesondere wenn sie geistige oder psychische Einschränkungen haben. Und wenn ihnen geglaubt wird, sind es oft die Frauen selbst, die das Zuhause oder die Einrichtung verlassen müssen“, fährt Wolfgramm fort. Erfahrene Gewalt verstärke außerdem häufig die bestehende Beeinträchtigung der Frauen.

Präventionsangebote und Schutzkonzepten in Einrichtungen der Behindertenhilfe implementieren

Auch in Einrichtung der Behindertenhilfe erleben Frauen sexualisierte, seelische und körperliche Gewalt. Selten haben sie die Möglichkeit eine Fachberatungsstelle aufzusuchen. Nach dem Gesetz liegt die Unterstützung und Beratung bei den Frauenbeauftragten der Werkstätten und Wohneinrichtungen. „Mit unserem aktuellen Landesprojekt 'Aufbau und modellhafte Erprobung eines Netzwerk-Büros für die Unterstützung der Frauenbeauftragten in Werkstätten für behinderte Menschen' möchten wir die Frauenbeauftragten durch Supervision und fachliche Begleitung bei der Beratungskompetenz, dem Umgang mit schwierigen Themen, Selbstfürsorge und Abgrenzung unterstützen“, erklärt das Frauenberatungs- und Therapiezentrums Fetz Stuttgart e.V.. Längerfristig gehe es um die Implementierung von Präventionsangeboten und Schutzkonzepten gegen Gewalt gegen Frauen in Behinderteneinrichtungen und eine stärkere Vernetzung mit den Fachberatungsstellen vor Ort.

Hintergrundinformationen

Die Versorgungssituation für Frauen mit Behinderung in Baden-Württemberg ist unzureichend

In Baden-Württemberg gibt es 41 Frauen- und Kinderschutzhäuser, in denen rund 320 Frauen mit ihren Kindern Schutz finden können. Nur eine Handvoll Frauenhäuser ist so ausgestattet, dass einzelne Rollstuhlfahrerinnen oder blinde Frauen aufgenommen werden können. Darüber hinaus gibt es 43 spezialisierte Beratungsangebote gegen häusliche Gewalt und 41 Notrufe und Frauenberatungsangebote gegen sexualisierte Gewalt. Hier kann knapp die Hälfte der Einrichtungen einen barrierefreien Zugang bieten, bei der Finanzierung von Sprachmittlung in Gebärdensprache wird es aber schon schwierig (vgl.: Koch u.a. 2016). Zudem stehen keine Personalkapazitäten für zeitintensive Hilfen zur Verfügung, wie beispielsweise Begleitungen der Frauen zu Polizei oder Gericht.

Frauenberatungs- und Therapiezentrums Fetz Stuttgart e.V.

Mit dem Landesprojekt „Aufbau und modellhafte Erprobung eines Netzwerk-Büros für die Unterstützung der Frauenbeauftragten in Werkstätten für behinderte Menschen“ soll Fetz Stuttgart e.V. die in den Werkstätten für Menschen mit Behinderung gewählten Frauenbeauftragten unterstützen. Diese Frauenbeauftragten haben die Aufgabe, Gleichstellung zu sichern und Frauen nach Diskriminierungen oder Gewalt zu helfen. Das Netzwerk-Büro steht ihnen mit Rat und Tat zur Seite, so dass sie diese schwierige Aufgabe gut bewältigen können. Die Förderung des Landesprojektes erfolgt durch das Ministerium für Soziales und Integration. Weitere Infos unter www.frauenberatung-fetz.de

DER PARITÄTISCHE Baden-Württemberg

Der PARITÄTISCHE Baden-Württemberg ist einer der sechs anerkannten Spitzenverbände der freien Wohlfahrtspflege. Er ist weder konfessionell, weltanschaulich noch parteipolitisch gebunden. Der Verband steht für Solidarität, soziale Gerechtigkeit und Teilhabe und wendet sich gegen jegliche Form sozialer Ausgrenzung. Ihm sind in Baden-Württemberg über 870 selbständige Mitgliedsorganisationen mit insgesamt rund 4000 sozialen Diensten und Einrichtungen angeschlossen sowie rund 40.000 freiwillig Engagierte. Ihm gehören 19 Frauenhäuser sowie rund 50 Beratungsstellen für von Gewalt betroffene Frauen in Baden-Württemberg an.

Quelle: PARITÄTISCHE Baden-Württemberg vom 08.03.2019

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