Ganztag

Wirtschaftswissenschaftler/-innen berechnen Kosten für Ganztagsbetreuung

Um Teilhabe und Förderung zu erhöhen und Eltern bei der Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu unterstützen, wird ab 2026 stufenweise ein Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für Kinder im Grundschulalter gesetzlich verankert. Wie hoch die Kosten ausfallen werden, ermittelt das Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung an der Bergischen Universität.

13.10.2021

Das Ganztagsförderungsgesetz sieht vor, dass die Kinder der Jahrgangsstufen 1 bis 4 mindestens acht Stunden am Tag an fünf Tagen die Woche beschult und betreut werden. Der gesetzliche Anspruch auf Ganztagsbetreuung wird für Bundesländer, Schulträger und Träger der Kinder- und Jugendhilfe mit zusätzlichen Kosten verbunden sein.

Länder müssen Finanzhilfen des Bundes aufstocken

Die Länder und Kommunen werden zwar finanziell durch den Bund unterstützt: Bis zu 3,5 Mrd. Euro fließen an Finanzhilfen für Investitionen und ab 2030 stehen jährlich 1,3 Mrd. Euro für Betriebskosten bereit. „Diese 1,3 Mrd. Euro müssen dann aber auch auf 16 Bundesländer und die dazugehörigen Kommunen verteilt werden“, sagte Prof. Dr. Kerstin Schneider, Vorstandsvorsitzende des Wuppertaler Institut für bildungsökonomische Forschung (WIB). Dass diese Finanzhilfe nicht reichen wird, sei bereits heute klar. Wenn man die Berechnungen der Bundesregierung zugrunde legt, müssten die Länder und Kommunen bis zu 2.750 Euro pro Platz zusätzlich finanzieren. Doch auch das sei nur die halbe Wahrheit. Bei den Zahlen handele es sich um Bundesdurchschnitte und weitere Kosten, wie z. B. die der Essensversorgung der Schüler/-innen, blieben in den Abschätzungen vollkommen außen vor.

Es müsse auch berücksichtig werden, dass manche Länder und Kommunen in Sachen Ganztag schon sehr gut aufgestellt seien, andere hätten hingegen noch viel zu tun, um den Rechtsanspruch zu erfüllen.

„Es gibt Kommunen, deren Ganztagsbetreuung schon heute über den Standard im Rechtsanspruch hinausgeht. Diese werden wohl kaum ihre bestehenden Betreuungsangebote auf den Rechtsanspruch ‚herunterfahren‘, um Kosten zu sparen.“, fügte Projektmitarbeiter Kevin Zuchanek hinzu.

Projektbeispiel zur Berechnung der anfallenden Kosten

In den Ländern und Kommunen herrscht eine große Unsicherheit bezüglich der Kosten, die nun auf sie zukommen. In einem gemeinsamen Projekt mit der Stadt Frankfurt a. M. sollen diese daher zuverlässiger abgeschätzt werden. „Am Beispiel der Stadt Frankfurt entwickeln wir eine Methode, um die Kosten des Ganztags realistisch abzuschätzen“, erläuterte Anna Makles. Ob die Mittel aus Berlin auskömmlich sind oder nicht, sei dabei nebensächlich. Es gehe vielmehr um eine realistische Kostenfolgeabschätzungen für die Verantwortlichen vor Ort, da die kommunalen Haushalte die Angebote finanzieren müssen. „Daher lassen wir das Projektteam des WIB in unsere Ausgaben der letzten Jahre schauen“, sagte Monika Ripperger, Leiterin der Stabsstelle Pädagogische Grundsatzplanung beim Stadtschulamt der Stadt Frankfurt a. M. und Projektverantwortliche auf der Seite der Stadt. Das WIB schaue, was die Ganztagsbetreuung aktuell wirklich kostet und welche Kosten in Zukunft wohl zu erwarten seien.

Reale Kostenberechnung als Ziel

Ziel des Projektes sei es, Kostenansätze pro Kind oder pro Betreuungsstunde zu ermitteln. Will eine Kommune zum Beispiel 90 Prozent aller Grundschüler/-innen im Ganztag betreuen, könnten mit dieser Methode die zu erwartenden Kosten ermittelt werden. Die Methode lasse sich auch auf andere Kommunen anpassen, um auch dort die Kosten der Umsetzung des Rechtsanspruchs auf Ganztagsbetreuung realistisch abzuschätzen.

Dabei würden Bundesdurchschnitte alleine nicht ausreichen. Neben Verwaltungskosten, Betriebskosten und Kosten der Essensversorgung müsse auch Personal unterschiedlicher Qualifikation und die Ausstattung berücksichtig werden. Schließlich gehe es am Ende doch darum, für die Kinder eine hohe Qualität des Ganztags durch qualifiziertes Personal, kreative Raumkonzepte und eine sinnvolle Ausgestaltung der Betreuungszeit sicherzustellen.

Quelle: Bergische Universität Wuppertal vom 27.09.2021

Redaktion: Alena Franken

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