Ganztagsbildung

Wenn Leseförderungskonzepte nicht mehr zünden – Podiumsdiskussion auf der Leipziger Buchmesse

Wie können Eltern, Schulen, Leseförderer und Verlage die Kinder erreichen, denen der Zugang zu Büchern und Geschichten bisher nicht gelingt? Brauchen wir für sie neue Leseförderungskonzepte? Und welcher Medienformate bedarf es, um bildungsbenachteiligte Kinder fürs Lesen zu begeistern? Diese Fragen stehen im Zentrum einer Podiumsdiskussion auf der Leipziger Buchmesse am 22. März 2019.

13.03.2019

Die aktuelle IGLU-Studie zeigt: Rund 19 Prozent der Viertklässler in Deutschland können nicht richtig lesen. Die Folgen für die Betroffenen wiegen schwer. Wer in der weiterführenden Schule Texte nicht entschlüsseln kann, läuft Gefahr den Anschluss zu verlieren: an Lerninhalte, berufliche Perspektiven und nicht zuletzt Lebenschancen. Zu aktuellen Fragen der Leseförderung organisieren die Arbeitsgemeinschaft von Jugendbuchverlagen (avj), der Arbeitskreis für Jugendliteratur (AKJ), der Börsenverein des Deutschen Buchhandels und die Stiftung Lesen eine Podiumsdiskussion auf der Leipziger Buchmesse 2019.

Kinder aus lesefernen Familien besser erreichen

„Kinder, die nicht richtig lesen können, laufen Gefahr, ihren Bildungs- und Berufsweg frühzeitig zu beenden und ihren Alltag weniger selbstbestimmt zu meistern. Dieses Risiko darf ein wohlhabendes Land wie Deutschland nicht eingehen. Um Kinder aus lesefernen Familien noch besser zu erreichen, müssen wir vor allem Eltern zum Vor- und gemeinsamen Lesen motivieren und für die Bedeutung frühzeitiger Leseförderung sensibilisieren. Dabei dürfen wir uns nicht scheuen, an ungewöhnliche Orte zu gehen oder provokante Formate zu entwickeln.,“ erklärt Dr. Jörg F. Maas, Hauptgeschäftsführer der Stiftung Lesen.

Piktogramme können keine Lösung sein

Renate Reichstein, Vorsitzende der avj, ergänzt: „Kinder- und Jugendbuchverlage versuchen, mit vielfältigen Buchkonzepten die schwachen Leser zu gewinnen. Wir dürfen die knapp 20 Prozent, die nicht über eine ausreichende Lesekompetenz verfügen, nicht verloren geben! Nicht nur, dass sie in höherem Alter noch schwerer für das Lesen zu begeistern sein werden, sie sind auch ausgeschlossen von vielen Bereichen des gesellschaftlichen Lebens. Piktogramme können keine Lösung sein.“

Lesefähigkeit ist die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe

„Damit alle Kinder Zugang zu Literatur haben, sind Orientierungshilfen und eine qualitative Auswahl, wie sie der Deutsche Jugendliteraturpreis bietet, notwendig. Es braucht engagierte Vermittler und die Möglichkeit der Mitbestimmung und – am besten gleichaltrige – Lesevorbilder, wie es die Jugendjury und die Literanauten sind. Lesefähigkeit ist die Voraussetzung für gesellschaftliche Teilhabe. Als Gesellschaft können wir es uns nicht leisten, knapp ein Viertel der Kinder davon auszuschließen“ sagt Ralf Schweikart, Vorsitzender des AKJ.

Leseförderung muss in den Fokus der Bildungspolitik

Heinrich Riethmüller, Vorsteher des Börsenvereins, fordert: „Leseförderung von klein auf muss in den Fokus der Bildungspolitik rücken. Dazu gehört auch eine bundesweite Strategie zur Entwicklung und Förderung der Lesekompetenz, wie der Börsenverein zusammen mit der Autorin Kirsten Boie mit der Hamburger Erklärung gefordert hat. Die bestehenden Formate von Buchhandel und Verlagen, Schulen, Kindergärten, Bibliotheken und Leseförderorganisationen müssen zusammengeführt und neue Ansätze integriert werden.“

Weitere Informationen zur Podiumsdiskussion

Wann und wo? 22. März, Leipziger Buchmesse, Forum Kinder-Jugend-Bildung, Halle 2, B 600

Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Podiumsdiskussion:

  • Heidemarie Brosche, Mittelschullehrerin aus Augsburg
  • Prof. Dr. Andreas Gold, Professor für Pädagogische Psychologie, Goethe-Universität Frankfurt
  • Simon Peter, Chefredakteur, Blue Ocean Entertainment
  • Dr. Franziska Schwabe, TU Dortmund, Mitautorin der IGLU-Studie 2021

Moderatorin: Britta Selle, MDR Kultur

Quelle: Stiftung Lesen vom 05.03.2019

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