Ganztagsbildung
Studie: Erzieherinnen an Ganztagsgrundschulen von Burnout bedroht
Die erste wissenschaftliche Studie im Auftrag der Gewerkschaft für Erziehung und Wissenschaft (GEW) und der Max-Träger-Stiftung zur Arbeitsbelastung von Erzieherinnen an Berliner Ganztagsgrundschulen wurde vorgelegt. Die GEW BERLIN fordert Konsequenzen aus den alarmierenden Ergebnissen zu ziehen.
23.04.2015
Doreen Siebernik, Vorsitzende der GEW BERLIN: "Der Berliner Senat muss aus den Erkenntnissen dieser Studie dringend und zeitnah Konsequenzen ziehen. Die Personalausstattung der Grundschulen ist zu verbessern. Erzieherinnen brauchen verlässliche und ausreichende Zeiten für die mittelbare pädagogische Arbeit. Die Ganztagsgrundschule ist pädagogisch weiterzuentwickeln, denn Bildung ist weit mehr als Unterricht. Dazu brauchen wir ein verbindliches Bildungsprogramm. Es bedarf eines zukunftsfähigen Raumkonzeptes, denn Räume sollten nicht länger sowohl für den Unterricht am Vormittag als auch anschließend am Nachmittag genutzt werden. Aufgabe der Senatsbildungsverwaltung ist es, dafür Sorge zu tragen, dass die Arbeit der Erzieherinnen dieselbe Wertschätzung erfährt wie die der Lehrkräfte. Die mangelnde Anerkennung ist ein zentraler Belastungsfaktor."
Diese Studie liefert nun erstmalig empirische Ergebnisse über die Arbeitsbelastung der Erzieherinnen und zeigt deren gesundheitliche Auswirkungen auf. So haben Erzieherinnen ein hohes Risiko an Burnout zu erkranken: 13 Prozent der Erzieherinnen fühlen sich täglich emotional ausgelaugt und 16 Prozent sind durch ihre tägliche Arbeit "ausgebrannt".
Die Studie zeigt auf, wie eng die strukturellen und organisatorischen Rahmenbedingungen der Berliner Ganztagsgrundschulen mit den körperlichen und psychischen Gesundheitsrisiken der Erzieherinnen zusammenhängen. Zu den Belastungsfaktoren zählen die Personalausstattung insbesondere in Verbindung mit den zu erledigenden Arbeitsaufgaben, dem Lärm, den nichtergonomischen Arbeitsbedingungen und den Raumproblemen.
Die Erzieherinnen empfinden es als besonders belastend, dass sie vielfach für Aufgaben eingesetzt werden, für die keine personellen Ressourcen zur Verfügung gestellt werden (z. B. das Vertreten von Lehrkräften). Gleichzeitig zeigt die Studie auf, dass Erzieherinnen aus ihrer Arbeit mit den Kindern und der Bedeutung ihrer Tätigkeit für das Leben der Kinder viel Kraft schöpfen können. Diese Ressource wird vielfach verschenkt. Zudem empfinden sich viele Erzieherinnen für die geleistete Arbeit nicht angemessen bezahlt.
Norbert Hocke, Leiter des Vorstandsbereiches Jugendhilfe und Sozialarbeit des Hauptvorstandes der GEW: "Die vorgelegte Studie über die Arbeitsbelastung von Erzieherinnen an Ganztagsgrundschulen hat bundesweite Bedeutung. Sie bietet wichtige Impulse, die beim weiteren Ausbau der Ganztagsschulen beachtet werden sollten. Die strukturellen Rahmenbedingungen haben große Auswirkungen auf die Gesundheit der Erzieherinnen. Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels sind die Arbeitgeber gut beraten, den Beruf attraktiv zu machen. Das Land Berlin ist Vorreiter bei der Einführung von Ganztagsschulen, und genau deshalb wurde die Studie hier durchgeführt. Aus den in Berlin gemachten Erfahrungen sollten beim Ausbau der Ganztagsschulen in anderen Bundesländern Konsequenzen gezogen werden."
Zum Hintergrund
Die Studie wurde durchgeführt von Prof. em. Dr. rer. nat. habil. Bernd Rudow vom Institut für Gesundheit & Organisation (IGO) Viernheim/Hochschule Merseburg. An der Untersuchung beteiligten sich über 1.400 Erzieherinnen aus Berliner Ganztagsgrundschulen. Dafür wurden Fragebögen zu ihren Arbeitsbelastungen und Ressourcen erstellt und ausgewertet.
Quelle: Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft vom 22.04.2015
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