Ganztagsbildung
AWO kritisiert Sondervermögen für Ganztagsbetreuung als unzureichend
Das Bundeskabinett hat am 13. November 2019 die Errichtung eines Sondervermögens über 2 Milliarden Euro zum Ausbau ganztägiger Bildungs- und Betreuungsangebote für Kinder im Grundschulalter beschlossen. Aus Sicht der Arbeiterwohlfahrt (AWO) sei dies aber nur ein kleiner Fortschritt. Der Verband fordert die schnelle Einführung eines Rechtsanspruchs und eine gesetzliche Verankerung im Kinder- und Jugendhilferecht, um die bildungs- und sozialpolitische Herausforderung meistern zu können.
14.11.2019
Zum Ausbau der Ganztagsbetreuung in Grundschulalter erklärt Wolfgang Stadler, Bundesvorsitzender der Arbeiterwohlfahrt: „Die Entscheidung des Bundeskabinetts hat eine rein haushaltsrechtliche Relevanz und ist daher eher technischer Natur. Die bereits für diese Legislaturperiode im Bundeshaushalt eingeplanten 2 Milliarden Euro an Investitionshilfen für die Länder würden ansonsten am Ende der Legislaturperiode verfallen, wenn sie nicht bis dahin verausgabt sind. Um diese Unsicherheit zu beseitigen und die bereits vorhandenen Bundesmittel für spätere Zeiträume zu sichern, war die Errichtung eines Sondervermögens erforderlich. So sind die Mittel bis Ende 2028 dem Zugriff des Bundesfinanzministers entzogen. Damit ist leider in der Sache selbst kein qualitativ neuer Fortschritt erreicht! Dies sieht offensichtlich auch die Bundesregierung so, wenn sie darauf hinweist, dass jetzt weitere gesetzliche Regelungen auf den Weg gebracht werden müssen, die den eigentlichen Rechtsanspruch festschreiben. Und dies ist noch ein sehr schwieriger Weg.“
Qualität der Ganztagsangebote muss stimmen
Denn eines sei klar: Der Rechtsanspruch wecke bei allen Beteiligten hohe Erwartungen, denn die Qualität der Ganztagsangebote in den Schulen und Horten müsse stimmen, betont der Wohlfahrtsverband. Seriöse Berechnungen des Deutschen Jugendinstituts (jugendhilfeportal.de berichtete) gehen von einer Bedarfsquote von bis zu 79 % der anspruchsberechtigten Kinder ab 2025 aus. Um diesen Bedarf zu decken, müssen bis zu 1.130.000 neue Ganztagsplätze geschaffen werden, mit einem voraussichtlichen Investitionsbedarf bis 2025 von bis zu 7,5 Milliarden Euro und laufenden Betriebskosten pro Jahr ab 2025 von bis zu 4,5 Milliarden Euro. Diese Berechnungsgrundlage sei inzwischen auch von der Bund-Länder-Arbeitsgruppe zum Rechtsanspruch auf Ganztagsbetreuung für die weiteren Verhandlungen akzeptiert.
Mammutaufgabe für Bund, Länder und Kommunen
„Wir ahnen: Hier sind noch dicke Bretter zu bohren! Fehlende Grundstücke für Schulerweiterungen, fehlende Baufirmen, schleppende Baugenehmigungsverfahren, fehlendes qualifiziertes Personal sind einige der Hürden, die bis 2025 genommen werden müssen. Nur wenn Bund, Länder und Kommunen diese Mammutaufgabe gemeinsam angehen und solidarisch die hohen Kosten teilen, ist der Weg für die Umsetzung eines gut gemachten Rechtsanspruchs auf Ganztagsangebote vorbereitet. Die AWO ist überzeugt davon, dass diese große bildungs- und sozialpolitische Herausforderung in die Zukunft unserer Kinder, in eine gerechtere Gesellschaft, den Mut aller zu guten Lösungen erfordert. Wir sagen hierzu unsere Unterstützung zu. Die AWO wird sich weiterhin für eine richtungsweisende gesetzliche Regelung im Kinder- und Jugendhilfegesetz sowie in den flankierenden Regelungen für Ganztagsangebote im schulischen Kontext einsetzen.“
Weitere Informationen zum Entwurf des Ganztagsfinanzierungsgesetzes der Bundesregierung finden sich in der Berichterstattung auf dem Fachkräfteportal der Kinder- und Jugendhilfe.
Quelle: AWO Bundesverband e.V. vom 14.11.2019
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