Europa

Youthful Europe: Methodisches Rüstzeug für die Auseinandersetzung mit Europa

Immer häufiger sind in Europa anti-europäische Parolen zu vernehmen. Nationale Strömungen gewinnen an Zuspruch, gemeinsame europäische Werte sollen in den Hintergrund gedrängt werden. Die internationale Trainingsreihe "Youthful Europe" stellt sich dem entgegen. Sie will Fachkräfte der Jugendarbeit sensibilisieren, die europäische Dimension in ihrer Arbeit wahrzunehmen. Das Besondere: Durchgeführt werden die Trainings in den benachbarten Partnerschaftsregionen der EU.

13.01.2017

Über das Konzept von "Youthful Europe" sprach Marco Heuer mit Mireille Gras (JUGEND für Europa), Maija Lehto (SALTO SEE) und Vojislave Tomic (Trainerin).

JfE: Ganz direkt gefragt: Warum ist diese Trainingsreihe wichtig?

Wenn man sich anschaut, wie sich Europa gegenwärtig entwickelt, ist der Nutzwert eigentlich schon offenkundig. Wir verzeichnen einen starken Anstieg von Nationalismus, eine Zunahme von anti-europäischen Parolen, politische Radikalisierung, um nur ein paar Beispiele zu nennen. Dem müssen und wollen wir etwas entgegensetzen – und zwar für die internationale Jugendarbeit.

Wir wollen die Kollegen in den Einrichtungen schulen, sich mit den Jugendlichen kritischer mit dem Thema Europa auseinanderzusetzen. Dazu bedarf es methodischen Rüstzeugs. Inhaltlich geht es uns vor allem um die Themen Identität, Werte und aktive europäische Bürgerschaft. Wir wollen junge Menschen inspirieren, Europa (wieder) als Chance wahrzunehmen.

Hierzu führen wir regelmäßig zwei Trainings im Jahr durch. Zuletzt waren wir im Kosovo, davor in Tunesien, der Ukraine und Bosnien und Herzegowina.

Wie muss man sich die Trainings vorstellen?

Jedes Training besteht aus drei Phasen. Einer Online-Phase vor dem Training, dann das Training selbst mit Vorort-Präsenz im jeweiligen Land und schließlich einer Online-Nachbereitung. Jede Phase setzt sich dabei aus verschiedenen Lernmodulen zusammen.

Insgesamt bieten wir einen gut strukturierten Baukasten an: eine Website mit Hintergrundinformationen, theoretischem Input und den Ergebnissen ausgewählter Übungen; eine e-learning-Plattform für die Trainingsteilnehmer sowie Anwendungen, die extra für Tablets und Smartphones zugeschnitten sind.

Welche Methoden werden genutzt?

Wichtig ist: Die Methoden müssen offen und flexibel bleiben. Die Teilnehmer sollen das Thema so bearbeiten können, wie sie es für richtig halten. Es geht also auch um Selbsterfahrung und einen experimentellen Charakter. Wichtige Bausteine sind unter anderem kreative Ausdrucks- und Reflexionsübungen, Diskussionen, Kleingruppenarbeit, Teambuilding-Aktivitäten.

Werden die Trainingsinhalte an die jeweiligen Länder angepasst?

Eigentlich nicht. Es gibt so etwas wie ein universelles Grundgerüst. Nichtsdestotrotz kann die individuelle Annäherung an ein Thema von Land zu Land bzw. von Region zu Region unterschiedlich sein. Werden lokale Projekte vorgestellt, geht es natürlich immer auch um deren Besonderheiten. Mal ist es die Friedensarbeit, mal sie soziale Inklusion, mal die innovative Methodik in der Jugendarbeit. Das variiert.

Sind auch neue Formate geplant?

Ja, nächstes Jahr wird es eine Konferenz zum Thema "Bürgerschaftliche Erziehung im europäischen Kontext" geben (European civic education lab). Da werden Pädagogen, Jugendarbeiter, Lehrer, Politiker und andere wichtige Akteure zusammenkommen. "Youthful Europe" wird in diesem Zusammenhang als ein wichtiges Lern-Tool vorgestellt.

Welche Themen sind für die Teilnehmer von Bedeutung?

Auch das verändert sich. Bei den Teilnehmern aus Südosteuropa beispielsweise war das Thema Mobilität und Visa lange ein Thema. Später verschob sich der Fokus hin zu Fragen der wirtschaftlichen Dimension und Schwierigkeiten der europäischen Integration.

Zur Zeit geht es viel darum, wie die Flüchtlingsbewegung in den einzelnen Ländern wahrgenommen wird und welche Auswirklungen sie letztlich auf Europa hat – und zwar in politischer, kultureller, religiöser und sogar geographischer Hinsicht.

Wie wird die Europäische Bürgerschaft denn in den verschiedenen Partnerregionen verstanden?

Interessant ist, dass doch fast immer die gleichen Werte geteilt werden: Demokratie, Schutz der Menschenrechte, Gleichheit, Solidarität, die Vision eines starken Europa – da ist man sich oft schnell einig. Was allerdings sehr unterschiedlich in den Ländern ist, sind beispielsweise die vermuteten Gründe für den Euro-Skeptizismus. Da wird dann schon heftig debattiert.

In unseren Trainings geht es immer darum, Vielfalt und Unterscheide anzuschauen und zu analysieren, gleichzeitig aber auch das Gemeinsame als Gemeinsames zu identifizieren.

Was bleiben die Herausforderungen für die Trainingsreihe?

Ganz klar. Wir müssen uns immer wieder bemühen, dass die erarbeiteten Ergebnisse auch tatsächlich in die Jugendarbeit vor Ort einfließen können. Die Beschäftigung mit Europa darf am Ende nicht so abstrakt sein, dass wir nur sagen: Schön, dass wir mal drüber gesprochen haben und die Arbeit geht weiter wie vorher auch.

Weiterführende Informationen:

"Youthful Europe" wird koordiniert von SALTO South East Europe, SALTO Eastern Europe & Caucasus und SALTO Euromed sowie den Nationalen Agenturen für Erasmus+ JUGEND IN AKTION aus Deutschland, Österreich und Polen.

Mehr zur Trainingsreihe erfahren Sie unter www.youthful-europe.eu.

Quelle: Das Interview führte Marco Heuer für JUGEND für Europa

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